Die Rebellen von Irland
beleuchteten, und seit neuestem ein Theater. Aber mit seinen rüden, ungehobelten Manieren hatte es der Lord Deputy geschafft, beinahe jeden Iren vor den Kopf zu stoßen, und durch seine Versuche, sich altenglischen Grundbesitz in Leinster und Galway unter den Nagel zu reißen, waren ihm nur wenige Freunde unter den altenglischen Katholiken geblieben. Walter Smith war also eher überrascht, als sein Schwager, der sich ihm auf seinem Weg anschloss, fröhlich sagte, die politische Situation gebe allen Anlass zur Freude. »Warum?«, fragte Walter.
»Ich spreche natürlich von Schottland«, sagte Orlando, als sei das selbstverständlich – was Walter nicht nachvollziehen konnte.
Denn für die meisten Engländer war das vergangene Jahr der königlichen Herrschaft eine Katastrophe gewesen.
Es war ganz typisch für Karl L, dass er nicht einmal das Land verstand, aus dem seine Familie stammte. Die Bewohner von Schottland hatten seiner Großmutter Maria Stuart unmissverständlich klargemacht, dass sie eine presbyterianische Kirche wollten. Also war es töricht, anzunehmen, dass die Schotten nun die Art von Hochkirche akzeptieren würden, die England und Irland aufgezwungen worden war. Aber genau das hatte Karl I. versucht. Schon Doktor Pincher war über die papistischen Rituale in Christ Church entsetzt gewesen, aber die Schotten rasten vor Wut, als der König solche Zeremonien in ihrem eigenen Land anordnete. In der Kathedrale von Edinburgh hatte es einen Aufruhr gegeben, und in ganz Schottland formierte sich der Widerstand. Karl I. aber blieb diesen aufrichtigen Protesten gegenüber taub. Er war schließlich der König, also hatte er Recht. Im Frühling des Jahres 1638 hatten sich alle Schotten, vom reichsten Adligen bis zum bescheidensten Arbeiter, zu einem großen protestantischen Nationalbündnis, dem National Covenant, zusammengeschlossen. Schottland war außer Kontrolle geraten, und Karl I. versuchte gerade, eine Armee aufzustellen, mit der er nach Norden gegen die so genannten Covenanters ziehen wollte.
»Verstehst du nicht, dass das gute Nachrichten für uns sind?«, fragte Orlando. Zuerst einmal bedeutete das, dass die englische Regierung sich noch stärker gegen die Puritaner wenden würde. Und das schloss auch die Presbyterianer mit ein, zu denen die Schotten oben in Ulster gehörten, erklärte er. »Der König wird wahrscheinlich bald bereuen, dass es jemals protestantische Plantations in Irland gegeben hat.« Darüber hinaus würde der König für die Unterstützung der englischen Katholiken in Irland dankbarer sein denn je. »Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für die Altengländer, den König so oft es nur geht daran zu erinnern, dass wir seine treu ergebenen Freunde sind.«
»Glaubst du, er wird uns größere Zugeständnisse machen?«
»Du hast mich nicht verstanden, Walter«, fuhr Orlando fort. »Ich glaube viel mehr als das. Wenn es weiterhin solche Probleme mit den Protestanten gibt, dann halte ich es sogar für möglich, dass der König uns Altengländern die Kontrolle über Irland zurückgibt. Den alten Gentry-Familien, denen er vertrauen kann.« Er lächelte. »Wenn wir es geschickt anstellen, übernehmen wir Katholiken bald wieder die Macht in Irland.«
Walter fragte sich, während sie weitergingen, ob sein Schwager da nicht ein bisschen zu optimistisch sei. Jetzt waren sie beim Kirchenbezirk von Christ Church angelangt.
»Komm doch mit zu mir nach Hause«, schlug Walter vor.
»Würde ich gerne. Aber leider bin ich verabredet«, lehnte Orlando ab.
»Dann richte ich deiner Schwester Grüße von dir aus«, sagte Walter.
»Ah. Bitte tu das«, sagte Orlando schnell. Und dann war er auch schon weg. Walter setzte langsam seinen Heimweg fort. Kein Zweifel, während des vergangenen Jahres hatte er stark zugenommen.
Er fand es schade, dass Orlando ihn nicht nach Hause begleitet hatte, denn er schätzte seinen Schwager sehr. Aber es überraschte ihn nicht. Ihm war schon seit langem aufgefallen, dass Orlando es tunlichst vermied, Anne zu begegnen. Wenn er ihn zu sich einlud, dann lehnte er immer unter einem fadenscheinigen Vorwand ab, genau wie heute, und versprach, ihn bald zu besuchen. Wenn er dann erschien, begrüßte er seine Schwester zwar mit einem Kuss, benahm sich ihr gegenüber aber sehr reserviert. Und Walter fiel gelegentlich auf, dass Orlando ihn mitleidig oder besorgt ansah. Wenn sie schweigend nebeneinander standen, spürte er, dass seinem Schwager irgendetwas unangenehm war. Und
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