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Die Rebellin

Die Rebellin

Titel: Die Rebellin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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Männer der Londoner Gesellschaft ihr zu Füßen lagen. Paxton, das wusste Emily nur zu gut, war auf seine Frau noch stolzer als auf seine Seerosen.
    Trotzig sagte Emily: »Der einzige Mann, den ich je heiraten würde, ist leider schon vergeben.«
    Sie gab ihrem Vater einen Kuss, aber der interessierte sich plötzlich nur noch für seine Frau. »Eine Ausstellung mit Produkten aus der ganzen Welt?«, fragte er. »Was meinst du damit?«

3
     
    »Eine internationale Industrie- und Gewerbeausstellung«, erklärte Henry Cole und wippte auf den Fußballen, um seiner Erscheinung, vor allem aber seiner Rede Nachdruck zu verleihen, »eine
exposition universelle
, mit den Erzeugnissen der Menschen und Völker aus aller Welt.«
    Er machte eine Pause und schaute in die Runde. Soeben hatte er das Thema der geheimen Konferenz benannt, die an diesem Montag, dem 29. Juni 1849, im königlichen Palais von Osborne stattfand. Hochrangige Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft waren auf sein Betreiben zusammengekommen, um mit Seiner Königlichen Hoheit Prinz Albert, dem deutschblütigen Ehemann von Queen Victoria, ein Ereignis zu diskutieren, wie die Welt es noch nicht zuvor gesehen hatte.
    Er wartete auf eine Reaktion, doch niemand wagte es, den Mund aufzumachen, bevor der Prinzgemahl seine Meinung äußerte. Endlose Sekunden vergingen, bis Albert sich räusperte.
    »Interessant, durchaus, allerdings«, sagte er dann in seiner zögerlichen, unentschiedenen Art. »Doch offen gestanden, ich weiß nicht recht. Welche Gründe könnten uns veranlassen, eine solche Veranstaltung zu unterstützen?«
    Cole spürte, wie alle Augen sich wieder auf ihn richteten. In monatelanger Vorarbeit, unter Einsatz seiner ganzen Energie und Ausnutzung all seiner Beziehungen, war es ihm gelungen, dass diese Konferenz stattfand. Dass er, ein kleiner, namenloser Beamter des Staatsapparats, das überhaupt geschafft hatte, war bereits ein Wunder. Jetzt hatte er genau eine halbe Stunde Zeit, um den Prinzgemahl und die übrigen Gentlemen vom Sinn des geplanten Unternehmens zu überzeugen. Für einen Moment übermannte ihn das lähmende Gefühl, sich vollkommen übernommen zu haben. Die Wände des Konferenzsaals erschienen ihm so hoch wie die von St. Paul’s, er war sicher, dass seineeigene Wohnung gleich mehrmals in diesen einen Raum hineinpassen würde, und der goldene Füllfederhalter, den der Prinzgemahl in seinen Händen drehte, kostete vermutlich mehr, als Cole in zehn Jahren verdiente. Trotzdem riss er sich zusammen und erwiderte knapp:
    »Um die Antwort auf Ihre Frage in drei Begriffe zu fassen: Friede, Fortschritt, Wohlstand.«
    Albert runzelte die Stirn. »Wenn Sie uns vielleicht ein etwas genaueres Bild geben könnten? Ich meine, damit man sich irgendeine Vorstellung machen kann? Irgendeine Vorstellung«, wiederholte er, als könne er sich so der Richtigkeit seines Gedankens vergewissern, »muss man sich ja schließlich machen, wenn man eine Entscheidung trifft.«
    »Mit Ihrer Erlaubnis, Königliche Hoheit.« Der Prinzgemahl nickte, und Cole atmete einmal durch, bevor er weitersprach. »Niemand, der unserer gegenwärtigen Epoche einige Aufmerksamkeit schenkt, wird daran zweifeln, dass wir in der Zeit eines wunderbaren Übergangs leben. Die Völker und Nationen streben auf die Verwirklichung des einen großen Ziels zu, auf das die ganze Weltgeschichte gerichtet ist: die Einheit der Menschheit. Die Entfernungen, die die Länder und Kontinente des Erdkreises trennen, schwinden immer rascher dahin, Gedanken werden via Telegraf mit der Schnelligkeit des Lichtstrahls verbreitet. Zugleich wird der Grundsatz der Arbeitsteilung, vielleicht
die
bewegende Kraft der Zivilisation überhaupt, auf alle Zweige der Wissenschaft, der Industrie und des Handwerks ausgedehnt. Auf diese Weise nähert sich der Mensch immer vollständiger der großen und heiligen Bestimmung, die er in dieser Welt zu erfüllen hat: die Natur zu seinem Gebrauch zu erobern, um die Erde in ein Paradies zu verwandeln.«
    Cole redete, wie er noch nie geredet hatte. Er hatte mit seinen einundvierzig Jahren schon manches im Leben versucht, und schon manches war ihm gelungen. Er hatte als junger Mann an der Errichtung des Staatsarchivs mitgewirkt, in dem er nun alsSekretär tätig war. Ihm vor allem war es zu verdanken, dass die große Postreform mit der Einführung der Penny Post und der von ihm entworfenen Briefmarke ihren entscheidenden Durchbruch errungen hatte. Und als Sekretär der

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