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Die Rebellin

Die Rebellin

Titel: Die Rebellin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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aufrichtig zu Ihnen …«
    »Ach, wer von uns war das schon?«, fiel Sarah ihm ins Wort.
    »Dafür haben wir jetzt keine Zeit. Ich möchte so schnell wie möglich zu meiner Tochter.«
    Sie raffte ihren Rock und stieg aus, Cole folgte ihr nach. Am Fabriktor empfing sie ein kleiner, schmächtiger Mann in Uniform, der wie ein Polizist aussah und sich als Webereiinspektor Davis vorstellte. Während Cole ihr Anliegen vortrug, blickte Sarah den Inspektor voller Hoffnung an. Doch der schüttelte den Kopf.
    »Den Weg hätten Sie sich sparen können«, sagte er. »Miss Paxton ist nicht zur Nachtschicht erschienen.«
    »Das heißt, sie ist gar nicht da?«, fragte Cole. Zu Sarahs Verwunderung wirkte er fast erleichtert.
    »Habe ich mich so undeutlich ausgedrückt, Sir?«, fragte Davis.
    »Falls Sie sie zufällig sehen, richten Sie ihr aus, sie braucht nicht mehr zu kommen.«
    »Aber wir haben doch keine Ahnung, wo sie steckt!«, rief Sarahverzweifelt. »Bitte, Mr. Davis helfen Sie uns! Es muss doch hier irgendjemand geben, der etwas über Emily weiß.«
    Davis musterte sie von Kopf bis Fuß. »Weshalb wollen Sie sie eigentlich so dringend finden? War sie bei Ihnen in Stellung? Hat sie Sie etwa bestohlen?«
    »Ich forsche im Auftrag ihrer Eltern nach Miss Paxton«, erwiderte Cole an Sarahs Stelle, »und wäre Ihnen für eine Auskunft wirklich sehr verbunden.«
    »Hm.« Davis strich sich über das Kinn. »Wenn eins von den Mädchen was weiß, dann Annie Keill. Die zwei scheinen befreundet zu sein.«
    Sarah schöpfte wieder Hoffnung. »Könnten wir sie bitte sprechen?«
    Davis verzog das Gesicht zu einem spöttischen Lächeln. »Ich glaube kaum, dass sie dazu Lust hat. Unerlaubtes Entfernen vom Arbeitsplatz kostet drei Schilling.«
    Cole drückte ihm eine Krone in die Hand. »Würde das reichen, Sir?«
    Zwei Minuten später kehrte Davis mit einem jungen Mädchen zurück, unter dessen Schürze sich ein kugelförmiger Bauch abzeichnete. Sarah musste unwillkürlich an eine von Emilys Zeichnungen denken, auf der eine Arbeiterin sich einem uniformierten Aufseher hingab.
    Annie blickte Sarah misstrauisch an. »Wer sind Sie?«
    »Das tut nichts zur Sache«, erklärte Cole.
    »Warum schnauzen Sie mich an?«, fragte Annie. »Habe ich Ihnen was getan?«
    Sarah machte einen Schritt auf sie zu. »Bitte, sagen Sie uns, wo wir Emily finden.«
    »Ah, es geht also auch freundlich!«, sagte Annie zu Cole. Dann wandte sie sich an Sarah. »Tut mir Leid, Madam, aber ich weiß nicht, wo sie wohnt.«
    »Wirklich nicht? Inspektor Davis meint, Sie beide wären Freundinnen.«
    »Freundinnen?« Annie zuckte die Achseln. »So was gibt es hier nicht.«
    Sarah hätte das Mädchen am liebsten bei den Schultern gepackt und geschüttelt. »Auch wenn Sie keine Freundinnen sind«, sagte sie, »wenn Sie zusammen arbeiten, müssen Sie doch irgendwas über meine Tochter wissen.«
    »Emily ist Ihre Tochter?«, fragte Annie und schaute sie mit großen Augen an. »Ach, darum also die weißen Hände und das schöne Kleid …«
    »Bitte, Miss Annie«, sagte Cole. »Wenn Sie irgendwas wissen, es soll Ihr Schade nicht sein.«
    »Das kann jeder behaupten.« Annie streckte die Hand aus. »Beweise!«
    Cole gab ihr eine Münze. Annie warf einen Blick darauf und ließ sie in ihrer Schürze verschwinden.
    »Ich glaube, sie hat einen Freund«, sagte sie dann. »Ja, ganz bestimmt, ich hab ihn sogar schon mal gesehen, er hat sie einmal nach der Arbeit abgeholt.«
    »Um Gottes willen«, rief Sarah. »Einen Freund? Wie sah er aus?«
    »Wie soll ich sagen?«, erwiderte Annie. »Ein hübscher Kerl, könnte mir auch gefallen, vor allem seine Augen. So dunkle Augen habe ich mein Lebtag noch nie gesehen.«
    »Und sonst?«
    »Nichts Besonderes. Mittelgroß, ziemlich kräftig, aber schlank, kurze braune Haare.« Sie zögerte einen Moment, um nachzudenken. »Ich glaube, er trug eine Kordjacke, und, ach ja, auf der Stirn hatte er eine Narbe.«

7
     
    Obwohl die Gefahr, dass jemand sie hörte, nur gering war, versuchte Emily, jedes Geräusch zu vermeiden, als sie die Haustür öffnete und in den dunklen Flur schlüpfte. Wenn ihre Eltern aus waren, gaben sie den Angestellten fast immer frei. Nur Miss Cutney, eine bald achtzig Jahre alte Kinderfrau aus der Nachbarschaft, blieb an solchen Abenden im Haus, um Emilys jüngere Geschwister zu hüten. Doch sobald sie die Kinder ins Bett gebracht hatte, bereitete sie sich eine Tasse Tee und schlief meist fünf Minuten später in der Bibliothek über

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