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Die Rebellin

Die Rebellin

Titel: Die Rebellin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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Königlichen Komitee zum Gouverneur von Malta ernannt wurde. Paxton überprüfte noch einmal den Sitz seines Plastrons und sammelte sich. Vergessen waren die letzten Wochen mit all den großen und kleinen Problemen, vergessen die quälenden Sorgen um den Erfolg der Ausstellung, vergessen die Aufregung um Emily. Er war auf dem Gipfel seines Lebens und seines Ruhms.
    Suchend ließ er den Blick über die Ehrengäste schweifen. Wo war Sarah? Sie stand ein wenig im Hintergrund, zusammen mit Marian Cole, an deren Seite sie aufmerksam das Geschehen verfolgte. Mein Gott, welche natürliche Würde sie ausstrahlte, welche souveräne Eleganz, als verkehre sie schon seit Jahren bei Hofe. Er wusste, ohne diese Frau hätte er nie solche Höhen erreicht. Voller Dankbarkeit lächelte er ihr zu. Doch statt sein Lächeln zu erwidern, schlug sie die Augen nieder, unendliche Trauer im Gesicht. Ein Anflug von Reue erfasste ihn, und er schwor sich, sie nie wieder zu betrügen.
    Die Königin richtete noch einige Worte an Colonel Reid, als plötzlich jemand seine Schulter berührte. Irritiert wandte Paxton sich um.
    »Cole?«
    »Wir müssen den Pavillon evakuieren!«
    »Sind Sie verrückt geworden?«
    »Attentäter sind in den Kesselraum eingedrungen!«
    »Ich begreife kein Wort.«
    »Ein Anschlag! Sie wollen uns in die Luft sprengen. Die Leute müssen raus hier, sonst gibt es eine Katastrophe.«
    »Wie soll das gehen? Über hunderttausend Menschen – das dauert Stunden!«
    »Trotzdem, wir müssen es versuchen. Die Königin zuerst.« Paxton dachte eine Sekunde nach. »Nein«, sagte er dann, »das können wir nicht. Wenn wir das tun, bricht eine Massenpanik aus. Die Leute rennen sich gegenseitig tot. Sie haben doch gesehen, was eben los war, als Wellington kam.«
    »Entschuldigen Sie, wenn ich widerspreche, Sir. Es hat schon Tote gegeben.«
    »Verdammte Scheiße! Wer sind die Männer? Was wollen sie?«
    »Ich weiß es nicht. Ich … ich weiß nur … Einer von ihnen – ist Ihnen bekannt.«
    »Was sagen Sie da?« Paxton überkam eine fürchterliche Ahnung. »Wer zum Teufel ist der Kerl?«
    »Seinen Namen weiß ich nicht, aber …«
    »Aber was?«
    »Er hat eine Narbe auf der Stirn.«
    Die Nachricht traf Paxton wie ein Faustschlag. »Natürlich …«, murmelte er und schloss kurz die Augen. »Natürlich …« Dann fasste er sich. »Haben Sie die Wachposten alarmiert?«
    »Selbstverständlich, Sir. Aber es gibt noch ein Problem.« Cole zögerte, bevor er weiter sprach. »Ihre Tochter ….«
    »Gütiger Gott! Was ist mit Emily?«
    »Sie ist auch da unten. Sie hat sich geweigert, mit mir zu kommen.«
    »Ich muss sofort zu ihr!«
    Er wandte sich ab, da klopfte der Zeremonienmeister mit seinem Stab.
    »Mr. Joseph Paxton!«
    Wie das Wort Gottes drang der Aufruf an sein Ohr. Erstarrt stand Joseph Paxton da, unfähig, sich zu rühren, während tausend Gedanken durch seinen Kopf wirbelten. Victor wollte ihn umbringen … der Dampfkessel … Emily …
    Wieder schlug der Zeremonienmeister dreimal auf.
    »Mr. Joseph Paxton!«
    Endlich erwachte er aus seiner Erstarrung. Nein, er konnte nichtsmehr tun, es war zu spät, um zu handeln. Sein Schicksal würde sich ohne sein Zutun entscheiden, zum ersten Mal in seinem Leben. Er beugte sein Haupt und trat vor den Thron.
    Die Königin schenkte ihm ein warmes, glückseliges Lächeln.
    »Mein lieber Mr. Paxton. Bitte knien Sie nieder.«
    »Ihr gehorsamer Diener.«
    Victoria nahm das Schwert, das man ihr reichte, und als die Klinge Joseph Paxtons Schulter berührte, brach ein Applaus los wie ein Orkan, eine Orgel brauste auf, und hunderttausend Stimmen fielen in die Hymne ein.

23
     
    God save our gracious Queen, long live our noble Queen, God save the Queen …
    Wie die Brandung eines fernen Meeres drang der Chor der hunderttausend Stimmen in den Kellerraum.
    »Victor! Liebster! Sag doch was! Bitte …«
    Emily beugte sich über seinen Körper, der reglos am Boden lag. Obwohl sein Gesicht schwarz von Ruß war, sah die Haut darunter ganz blass aus. Wie bei einem Toten.
    »Bitte! Victor! Bitte …«
    Er rührte sich nicht, seine Züge blieben starr. Oben in der Halle schwoll die Hymne ein letztes Mal an.
    »Nein, Victor! Lass mich nicht allein …« Sie streichelte seine Wangen, küsste seine Stirn, während der Choral verstummte. »Das darfst du nicht … Bitte …«
    Da schlug Victor die Augen auf.
    »Emily …?«
    Er stützte sich auf die Ellbogen und schaute sich um, mit verwirrten Blicken, als käme er aus

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