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Die Rebellin

Die Rebellin

Titel: Die Rebellin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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einer anderen Welt. Emily hätteihn am liebsten in die Arme geschlossen und geküsst. Doch Robert lag nur einen Schritt neben Victor, in seinem eigenen Blut.
    »Was … was ist passiert?«
    »Er wollte uns in die Luft jagen, er hatte mich in seiner Gewalt. Du hast mich befreit.«
    Victor hob den Kopf und schaute auf das Manometer. »O mein Gott!« In derselben Sekunde sprang er auf die Beine. »Los! Wir müssen weg! Der Kessel explodiert jeden Moment!«
    Emily drehte sich um. Der Zeiger stand am Anschlag.
    »Aber …«, stammelte sie, »wir können nicht weg. Wir müssen was tun!«
    »Es ist zu spät.« Er griff nach ihrer Hand. »Komm! Wenn wir nicht abhauen, fliegen wir mit in die Luft!«
    »Tu was!« Emily war verzweifelt. »Bitte, Victor. Irgendwas. Du kennst dich doch aus.«
    Unsicher erwiderte er ihren Blick, dann schaute er auf das Manometer. »Gut«, sagte er. »Ich will es versuchen. Aber du musst weg, sofort! Wir treffen uns in meiner Wohnung.«
    »Nein«, sagte Emily.
    »Warum zum Teufel? Vertraust du mir nicht?«
    »Doch, Victor … Aber … wir haben das zusammen angefangen, jetzt müssen wir es zusammen zu Ende bringen.«
    »Du bist verrückt.« Er küsste sie auf die Wange, dann schob er sie fort. »Geh in Deckung.«
    Während er sich nach der Sprengstoffkapsel am Boden bückte, duckte Emily sich hinter eine Brandschutzmauer. Mit angehaltenem Atem sah sie zu, wie Victor den Zünder von der Kapsel entfernte. Es dauerte fast eine Ewigkeit, bis er die Schnur durchtrennt und den Behälter hinaus auf den Korridor gebracht hatte. Dann griff er nach dem Schürhaken. Einen Arm schützend vor dem Gesicht, trat er an den Hauptkessel, und noch während er den Backstein von dem Ventil stieß, warf er sich auf den Boden. Ein Zischen wie von einem Drachen, dann stand der ganze Raum unter Dampf.
    »Siehst du das Manometer?«
    Emily lugte über die Mauer. »Ja, aber der Zeiger rührt sich nicht.«
    »Verflucht!«
    Victor kletterte auf die Leiter, die an dem Kessel lehnte.
    »Was hast du vor?«
    »Das Ventil öffnen.«
    »Um Gottes willen! Das ist zu gefährlich!«
    »Wir haben keine andere Wahl.«
    Er schob den Schürhaken unter den Querhebel des Ventils und hob das Gestänge vorsichtig an. Wieder entwich mit lautem Zischen eine riesige Wolke Dampf.
    »Und jetzt?«
    Emily blickte zum Manometer. »Immer noch nichts!«
    »Verdammte Scheiße!« Victor versuchte die Stange zu arretieren, doch sie hielt nicht. »Du musst mir helfen«, rief er, ohne die Stange loszulassen.
    »Was soll ich tun?«
    »Siehst du den großen Hahn?«
    »Unten am Kessel?«
    »Ja, das ist der Injektor. Den musst du aufdrehen, aber langsam, ganz, ganz langsam, sonst …«
    Wie einem Tier, das jede Sekunde über sie herfallen konnte, näherte Emily sich dem bullernden Kessel. Der Hahn war kochend heiß, als sie das Metall berührte, der Schmerz schoss ihr unter die Haut, doch sie ließ das Rad nicht los. Ganz langsam begann sie zu drehen.
    Leise gluckerte das Wasser in der Leitung. Sie schloss die Augen, und zum zweiten Mal an diesem Tag betete sie.
    Ich glaube an Gott, den allmächtigen Vater, Schöpfer des Himmels und der Erde …
    Es war, als stünde die Zeit still. Lautloses Dunkel umfing Emily, nur das Plätschern des Wassers vermischte sich in ihren Innern mit den Worten des Gebets. Sie war auf alles gefasst.
    Plötzlich ein Fauchen, dann Victors Stimme.
    »Es fällt, Emily! Es fällt!«
    Sie öffnete die Augen. Tatsächlich: Der Zeiger des Manometers war ein Stück vom Anschlag abgerückt. Und er rückte weiter zurück – schon wieder!
    »Wir haben es geschafft! Wir haben es tatsächlich geschafft!« Victor sprang von der Leiter und drückte sie an sich. Schwindelig vor Erleichterung sank Emily an seine Brust.
    »Da! Das ist der Mann!«
    Die beiden fuhren herum.
    In der Tür stand der Ingenieur, gefolgt von einem Dutzend Polizisten. Einer hatte eine Pistole in der Hand und hielt sie auf Victor gerichtet.
    »Im Namen des Gesetzes, Sie sind verhaftet!«
    »Sind Sie wahnsinnig?«, rief Emily. »Er hat gerade eine Katastrophe verhindert!«
    »Und was ist mit dem da?« Der Polizist stieß mit dem Stiefel gegen Roberts Leiche. »Abführen!«
    Bevor Emily wusste, was geschah, traten zwei Konstabler vor und schleppten Victor davon. »Halt! Das dürfen Sie nicht! Ich bin Emily Paxton, die Tochter von …«
    »Ist uns bekannt, Miss«, sagte der Polizist und schob sie mit dem Lauf seiner Pistole beiseite. »Bringt den Scheißkerl in den

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