Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rebellin

Die Rebellin

Titel: Die Rebellin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
Vom Netzwerk:
Punch immer wieder verloren hatte, war davon nur noch der Twopence übrig.
    »Dein Einsatz, Kleiner! Letzte Chance!«
    Aus der Holzkiste am Ende des Verschlags, die ein Kanalräumer mit seiner riesigen Hand verschlossen hielt, kam ein aufgeregtes Fiepen. Der Pitbull des Schlachtergesellen fletschte knurrend die Zähne, Roberts Dogge zeigte keinerlei Regung.
    »Auf den Pitbull«, sagte Toby und warf seinen Twopence in das Körbchen, das bis zum Rand mit Münzen gefüllt war.
    Im selben Moment öffnete der Kanalräumer die Luke der Kiste, und über ein Dutzend Ratten schoss in den Holzverschlag. Gleichzeitig ließen Robert und der Schlachtergeselle ihre Hunde von den Leinen, die sich sofort auf ihre Opfer stürzten. Währenddie Männer laut johlend die Hunde anfeuerten, rasten die Ratten in tödlicher Panik hin und her, doch wann immer eine in ihrer Verzweiflung an der Umzäunung hochsprang, wurde sie von irgendeiner Hand in die Arena zurückgeworfen. Toby schielte zu Robert hinüber, der sich nervös den dunklen, bis unters Kinn reichenden Backenbart strich und seinen Hund keine Sekunde aus den Augen ließ. Hoffentlich hatte er nicht gemerkt, dass Toby gegen ihn gewettet hatte.
    »Eee-iiiiins …!«
    »Zweee-iiiii…!«
    »Dreee-iiiii…!«
    Jedes Mal grölten die Männer im Chor, wenn einer der Hunde mit kurzem, scharfem Knacken einer Ratte die Kehle durchbiss. Ihre Gesichter leuchteten, ihre Augen glühten, berauscht vom Schnaps und von der Aussicht auf den Gewinn. Toby war so erregt, dass er beinahe zu atmen vergaß. Nirgendwo sonst in London konnte man schneller Geld verdienen als hier. Der Pitbull hatte schon fünf Ratten erledigt, Roberts Dogge erst vier.
    »Zeeeeeeehhhhhn …!«
    »Eeeeeeeelf …!«
    »Zwööööölf …!«
    Dann war nur noch eine einzige Ratte übrig, ein unglaublich großes, starkes, fettes Tier, das den zwei Hunden immer wieder entkommen war. Der Pitbull stürzte als Erster auf sie zu, trieb sie in eine Ecke. Toby leckte sich die Lippen, er roch schon den Bratfisch, den er am Abend verspeisen würde. Doch mit einem Riesensatz wich die Ratte dem Angriff aus, rettete sich ans andere Ende der Arena – direkt vor Punchs Schnauze. Jetzt gab es kein Entkommen mehr. Roberts Dogge bückte sich, der massige Körper ein einziges wogendes Muskelgebirge unter dem glänzend schwarzen Fell. Toby stöhnte leise auf, sein Geld war verloren. Die Tiere schauten einander an, ein letzter, unausweichlicher Augenblick. Da schnellte die Ratte vor, sprang der Dogge in das böse, hässliche Gesicht. Punch jaulte auf wie ein Pinscher,dem jemand auf die Pfote getreten war, kniff den Schwanz ein und verkroch sich in Roberts Ecke, während die Ratte laut fiepend durch die Arena raste. Der Pitbull setzte zum Sprung an.
    »Dreeeeeeeiiiiiiiiiiizeeeeeeeehn …!«
    Der Ruf der Männer war noch nicht verstummt, da passierte es. Im selben Moment, in dem der Pitbull sich auf die Ratte stürzte, sprang Robert in den Ring. Wie ein Raubtier schnellte er vor, Kopf und Schultern zuerst, und rammte den Hund in den Staub. Der Pitbull prallte gegen die Umzäunung, versuchte, wieder auf die Beine zu kommen, doch bevor er nachsetzen konnte, hatte Robert die Ratte schon gepackt. Laut quiekend zappelte sie in seiner Hand, und ehe Toby begriff, was geschah, biss Robert ihr in die Gurgel. Eine Sekunde lang war es in dem Schuppen so still, dass nur das Winseln der Hunde zu hören war. Dann brachen die Männer in lauten Jubel aus.
    »Du kamst dir wohl verdammt schlau vor, du kleiner Idiot«, sagte Robert, als er wenig später seinen Gewinn einstrich. »Wie willst du jetzt deine Schulden bezahlen?«
    Er sah Toby mit seinen eng stehenden, scharfen Augen an, während er sich das Blut vom Mund abwischte. Toby hatte keine Antwort parat.
    »Wie wär’s mit Presse putzen für den Anfang?«, sagte Robert. »Los, hau schon ab! Ich will deine Visage heute nicht mehr sehen!«
    Als Toby den Schuppen verließ, war es draußen noch so hell, dass seine Augen ein paar Sekunden brauchten, um sich an das Licht zu gewöhnen. In der Drury Lane wimmelte es von Menschen, die in Richtung Temple zogen, um auf dem Jahrmarkt den Sommerabend zu verbringen. Doch statt sich wie die anderen zu amüsieren, musste Toby zurück in die Werkstatt. Die Presse putzen, eigentlich Roberts Aufgabe, war die unangenehmste Arbeit überhaupt, weil man von den scharfen Mitteln aus der Apotheke immer fürchterliche Kopfschmerzen bekam. Toby fluchte leise vor sich hin. Er war wirklich

Weitere Kostenlose Bücher