Die Rebellin
und hielt ihr einen Handspiegel vors Gesicht.
»Und die willst du mir wirklich schenken?« Ihre Augen schimmerten feucht. »Was bist du nur für ein wunderbarer Mann, Henry.«
»Sag so was nicht«, lachte er. »Wunderbare Männer sind die schlimmsten. Das steht schon in der Bibel – oder im Koran?« Als er sah, mit welchem Stolz Marian die Münze an ihrer Kette betrachtete, fügte er ernst hinzu: »Nach der Ausstellung sollst du auch das Service haben. Damit werden wir unseren Gästen den Tee servieren, wenn du wieder gesund bist.«
»Glaubst du das wirklich?«, fragte sie.
»Ganz bestimmt, der Arzt war letztes Mal sehr zufrieden mit dir. Als wir allein waren, hat er gesagt, wir müssten aufpassen, sonst würdest du gleich wieder schwanger.«
Marian schüttelte mit einem Seufzer den Kopf. »Die Medaille will ich gerne behalten, und vielleicht kann ich sie wirklich eines Tages tragen. Aber das Service muss in der Vitrine der Society bleiben. Die Leute sollen sehen, was du geschaffen hast.« Sie hob die Münze näher ans Gesicht, um die Inschrift zu lesen. »Für Felix Summerly … Schade nur, dass nicht dein richtiger Name darauf steht.«
Cole zuckte die Schultern. »Du weißt doch, ich musste das Service unter Pseudonym einreichen. Das hätte sonst einen schlechten Eindruck gemacht, als Sekretär der Society.«
»Hast du für uns auch Geschenke mitgebracht?«
Cole drehte sich um. In der Zimmertür standen seine Kinder, aufgereiht wie die Orgelpfeifen, drei Jungen und fünf Mädchen. Sie hatten allesamt blondes Haar, wie früher ihre Mutter.
»Aber natürlich«, erwiderte er. »Wie werde ich ohne Geschenke für euch nach Hause kommen, wenn es etwas zu feiern gibt?«
»Ihr müsst wissen,«, sagte Marian, »euer Vater wird bald ein berühmter Mann. Der Prinzgemahl ist jetzt sein Freund.«
Aber das interessierte die Kinder nicht. Sie interessierten sich nur für die Geschenke, die Cole aus seiner Reisetasche zutage förderte.
»Langsam, langsam, der Reihe nach, es kommt jeder dran.«
Als Erstes gab er seinen beiden ältesten Töchtern zwei neue Folgen aus seinem
Hausschatz
, einer Märchensammlung, die erseit einigen Jahren selber herausgab und illustrierte; Hardy, der älteste Sohn, bekam eine Ausgabe der
Antiken Heldensagen
, zu denen Cole ebenfalls die Zeichnungen beigetragen hatte; und für die fünf Kleinen holte er aus seiner Tasche selbst gefertigte Schmuckkarten hervor. Lachend und rufend zeigten sie sich gegenseitig ihre Schätze.
»Schau mal, die weiße Fee. Die kann bestimmt zaubern.«
»Der Ritter in der Rüstung, das ist Ivanhoe!«
»Kann euer Papa nicht wunderbar zeichnen?«, fragte Marian.
»Natürlich kann er das«, erwiderte Hardy in seiner altklugen Art. »Darum durfte er ja auch die Penny-Briefmarke für die Post der Königin entwerfen.«
»So, und jetzt lasst uns allein«, sagte Cole, als Marian wieder zu husten anfing. »Eure Mama braucht ein bisschen Ruhe.«
Auf Zehenspitzen verließen die Kinder das Krankenzimmer. Vorsichtig, um nur ja kein Geräusch zu verursachen, schloss Hardy hinter seinen Geschwistern die Tür.
»Wie glücklich du sie gemacht hast«, flüsterte Marian, als sie wieder mit ihrem Mann allein war. »Genauso wie mich.«
»Du hast uns die Kinder geschenkt«, sagte er, »das ist das größte Geschenk überhaupt.«
Sie griff nach seiner Hand. »Ich habe all die Jahre an dich geglaubt. Weil du immer das getan hast, was dein Freund Mill nur gepredigt hat: das größte Glück der größten Zahl …«
»Das sagst du nur, weil wir so viele Kinder haben.«
»Ach, Henry, immer musst du Witze machen. Aber ich meine es ernst, Gott hat dich dafür belohnt. Manchmal glaube ich fast, du bist ein Genie.«
»Unsinn! Ich bin nur ein praktischer Mensch, mit ein bisschen Talent zur Organisation.«
Marian schüttelte den Kopf. »Gott liebt dich, das musst du mir glauben. Es ist immer bergauf mit uns gegangen, all die Jahre, und du wirst sehen, er wird dich noch viel mehr belohnen.«
»Wenn du nicht gleich aufhörst, so zu reden, fange ich an zusingen – und du weißt, wie ich singe. So darf man nur in der Kirche reden, oder höchstens noch am Bahnhof.«
»Du meinst, beim Abschied nehmen?« Sie nickte und sah ihn an.
»Was immer aus mir wird – du musst an die Zukunft denken, an die Kinder. Versprichst du mir das?«
»Ich weiß überhaupt nicht, wovon du redest.«
»Oh doch, Henry, das weißt du.« Sie drückte seine Hand. Der Druck war so schwach, dass er ihn kaum
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