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Die Rebellin

Die Rebellin

Titel: Die Rebellin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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Regierung die Gesetze ändern«, erwiderteVictor und trocknete sich die Hände an seinem Hemd ab. »Außerdem, wenn du nicht an Worte glaubst, warum bist du dann überhaupt Buchdrucker geworden?«
    Statt einer Antwort nahm Robert einen Schriftkasten aus dem Regal und schüttete den Inhalt zu Boden, sodass die Lettern wie Erbsen durcheinander purzelten. »Worte«, wiederholte er nur und spuckte voller Verachtung auf den Haufen vor seinen Stiefeln.
    »Was ist denn hier los?«
    Die Männer drehten sich um. In der Tür stand ein junges, blondes Mädchen mit blauen Augen und rosigen Wangen. Unterm Arm trug sie ein Wäschepaket.
    »Fanny«, sagte Robert und ließ Victor stehen. »Welch Glanz in unserer Hütte.«
    »Kann mir jemand sagen, wo Mrs. Finch ist? Ich bringe ihr neues Kleid.«
    Als sie ihr Paket ablegte, fasste Robert sie um die Hüfte. »Scheiß was auf Mrs. Finch. Wenn du willst, kann ich die Rechnung zahlen.«
    »Und womit, du Angeber?«
    »Fühl mal meinen Geldbeutel.« Robert nahm ihre Hand und führte sie an seinen Hosenlatz. »Spürst du, wie prall der gefüllt ist?«
    »Wenn du mich fragst, fühlt sich das eher wie Falschgeld an.« Statt die Hand wegzunehmen, drückte sie einmal fest zu.
    »Uuuuuh! Du verfluchtes Miststück!«
    Während Robert sich vor Schmerz krümmte, schaute Fanny in die Runde. »Hat denn keiner Hartgeld von euch?« Ihre Augen blieben an Victor hängen. »Na, Neuer, hast du vielleicht Lust, die Rechnung zu übernehmen?«
    Ihr Zwinkern berührte ihn wie ein Kuss auf seinen »Prinzen«, der auf der Stelle zwischen seinen Schenkeln erwachte.
    »Es wäre mir ein Vergnügen«, sagte er, schneller als er denken konnte. »Was würde es denn kosten?«
    »Einen Sixpence. In Temple ist heute Jahrmarkt.«
    Sie hatte die beiden oberen Knöpfe ihrer Bluse geöffnet, sodass ihre Brüste wie zwei reife Früchte daraus hervorquollen, und mit einem Lächeln, das fast so schön war wie die Sünde, die es versprach, nickte sie ihm zu. Victor spürte, wie sein »Prinz« in ihre Richtung schnellte.
    »Dann … dann habe ich wohl keine Wahl«, stotterte er.
    Während er seine Finanzen überschlug, legte Robert seine Hand auf Tobys Schulter.
    »Komm«, sagte er und ging mit dem Lehrling zur Tür. »Wir haben was Besseres vor, als unser Geld für eine Hure auszugeben. Die Ratten warten schon im Schuppen auf uns. Hörst du, wie sie fiepen?«

6
     
    Unschlüssig blickte Toby auf den Twopence in seiner Hand. Es war noch eine von den alten, echten, in schwerem Silber geprägten Münzen, die so wundervoll glänzten, dass man all die Dinge vor sich sah, die man dafür kaufen konnte: zwei Gläser irischen Whisky, eine Stange Kautabak oder vier Portionen Bratfisch. Himmelherrgottsakrament! Was sollte er tun? Wenn er den jetzt auch noch verlor, konnte er sich nicht nur keine einzige von diesen Herrlichkeiten kaufen, sondern hatte außerdem noch einen ganzen Schilling Schulden. Aber die Münze nicht zu riskieren, kam auch nicht in Frage. Der Twopence war seine einzige Chance, sein bereits verspieltes Geld wieder zurückzubekommen.
    »Los, Kleiner! Bist du dabei? Ja oder nein!«
    Über zwanzig Männer waren in dem alten fensterlosen Schuppen versammelt, die meisten Arbeiter und Viktualienhändler.Im Schein von ein paar Fackeln standen sie um einen hölzernen Verschlag herum und warteten auf Tobys Wetteinsatz. Auch Robert, der seine schwarze Bulldogge an kurzer Leine bei sich hielt, sah ungeduldig zu ihm herüber. Fünf Pfund hatte Robert für die Dogge bezahlt, um sie einem Scherenschleifer aus der Union Street abzukaufen, und Toby war voller Bewunderung, wie der mächtige massige Hund, der täglich zwei Kilo Pansen und blutiges Gedärm verschlang, dem schmächtigen Gesellen, der kaum größer war als Toby, aufs Wort gehorchte. Aber würde Punch schnell genug sein?
    Eigentlich war Roberts Dogge der beste Rattentöter im ganzen Viertel, und es kam nur alle paar Wochen vor, dass Punch gegen einen anderen Hund verlor. Am Anfang hatte auch alles wie am Schnürchen geklappt: Dreimal hatten Robert und seine Dogge gesiegt, und Toby hatte jedes Mal einen Penny mit ihnen gewonnen. Dann aber war der Fleischergeselle aus der King Street mit seinem gefleckten Pitbull aufgetaucht. Sechsmal war Punch gegen ihn angetreten, und jedes Mal war der verdammte gefleckte Köter schneller gewesen. Nachdem Toby alles Geld verloren hatte, das er besaß, hatte Robert ihm einen Schilling geliehen, damit er weiter auf ihn setzen konnte. Doch weil

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