Die Rebellin von Leiland 1: Maske (German Edition)
gefielen Eline, und Elea war bezaubert von den Worten ihrer Schwester.
Das Geräusch von laufenden Schritten und Geschrei in den Gängen, die an den Thronsaal grenzten, drang zu ihr durch.
»Tanin, öffne die Balkontüren!«, rief sie dem Kind zu.
Tanin tat sofort wie geheißen. Aber die Kraft des Windes, der seit dem frühen Nachmittag gegen die Glasscheiben drückte, riss den kleinen Jungen heftig zu Boden. Die Flügel der Fenstertür prallten krachend gegen die Wände. Die schneidende Windböe fuhr in den großen Saal, riss Befestigtes ab, warf Gegenstände um, zerzauste Haare und zerstörte alles, was ihr im Weg stand. Der Luftstrom wurde noch weiter entfesselt, als Korta und seine Männer lärmend in den Raum stürmten. Elea, die in der Klemme zu sitzen schien, hob ihre Amalysen als Schild hoch und half Tanin, sich dem Wind entgegenzustemmen.
Korta starrte sie an. Er kam zu spät. Angesichts des undurchdringlichen Amalysenvorhangs sann er über seinen Hass nach. Seine Ränke mit den Ungewöhnlichen Landen hatten mehr Zeit verschlungen, als er vorausgeahnt hatte, und er hatte sie nicht einmal um einer hübschen, blonden Frau willen beschleunigen können. Die Anwesenheit der Maske im Palast war unerträglich für ihn. Da war er nun einen Tag nicht da – und sie nutzte es aus! Trotz der Schläue, der Reize des Körpers vor seinen Augen und des dreisten Spiels, das der Wind mit den Schleiern der jungen Frau trieb, verspürte er nicht dieselbe gewalttätige Leidenschaft, die er gewöhnlich in ihrer Gegenwart empfand. Die blauen Augen waren verborgen. Sein Verstand vergaß sie langsam.
Er raste vor Wut. Was hatte dieses Mädchen wohl gesagt und getan? Er erkannte den kleinen Jungen an ihrer Seite: Es war derjenige, den zu fangen ihm in Eade die meisten Schwierigkeiten bereitet hatte. Warum nahm sie ihn mit? Wie glaubte sie überhaupt, entkommen zu können? Mehr als vierhundert Fuß trennten sie von den Gräben am Fuße der Burg. Der Wind legte sich kurz, und so bekam er die Antwort auf seine Frage.
Die Maske stieß den kleinen Jungen zum Rand des Balkons und schrie ihm zu, dass er springen solle. In dem blinden Vertrauen, das er in sie und sich selbst setzte, warf er sich ins Leere. Mit einem Satz tat die Maske es ihm nach, Elines Halskette mit der linken Hand umklammert, während sie die Amalysen am rechten Handgelenk hinter sich herzog.
Prinzessin Eline schrie vor Schreck und rannte Korta auf den Balkon nach.
Aus der Abenddämmerung erschien ein gewaltiger Vogel, fing das Kind geschickt auf und hielt dann geradewegs auf die fallende junge Frau zu. Ein neuerlicher Windstoß, der so heftig wie der erste war, schleuderte sie wie eine Feder zurück auf die Burg zu und verhinderte, dass sie den Vogel packen konnte. Sie setzte unweigerlich ihren Sturz Richtung Burggraben fort.
»Joran!«, schrie sie in einem Ton, der ihre Schwäche verriet.
Tanin klammerte sich mit aller Kraft an dem Vogel fest, der die Luft durchschnitt, um ein paar Fuß oberhalb der Gräben unter die junge Frau zu gelangen. Er schleuderte sie mit dem Schnabel über sich, und sie schlug neben Tanin flach auf seinem Rücken auf. Der Aufprall und die Erschütterung sorgten dafür, dass sie die Kette losließ. Von seinem eigenen Gewicht mitgerissen glitt das Rubingeschmeide zwischen die braunen Federn und fiel ins Nichts.
Sobald sie in Sicherheit war und Joran seinen Flug gegen den Wind wieder aufgenommen hatte, stürzte Elea sich ins Leere und hielt sich nur mit einer Hand an einem Gurt fest, um mit der anderen das Schmuckstück wieder einzufangen. Ihre Schnelligkeit und ihr Geschick erlaubten ihr, es zu packen, aber in dem Moment, als sie wieder auf den Rücken des Vogels steigen wollte, umschlang der Fangarm einer Sarikel ihren Knöchel. Sie schrie bei der Berührung auf: Das schleimige, klebrige Fleisch verbrannte sie!
»Das Füllhorn!«, befahl Joran, der Schwierigkeiten hatte, nicht selbst mitgerissen zu werden.
Tanin schrie ebenfalls. Eleas Verstand musste binnen eines Wimpernschlags eine Entscheidung fällen: Sie wollte nicht nachgeben, aber sie konnte ihr Füllhorn nicht benutzen, wenn sie das Schmuckstück nicht losließ. Tränen des Schmerzes füllten ihre Augen. Da an ihr gezerrt wurde, als würde sie gevierteilt, konnte sie sich nicht wehren.
»Verzeih mir, Eline«, murmelte sie angesichts ihres Versagens.
Sie öffnete gerade die Finger, die um die Rubine geschlungen waren, als die Amalysen, die ihr folgten, über ihren Körper
Weitere Kostenlose Bücher