Die Rebellin von Leiland 1: Maske (German Edition)
das? Aber das ist ja voller … Blut. Getrocknet, aber das ist doch Blut?«, wiederholte er, indem er sich Andin zuwandte.
»Das ist ihr Hemd, also, das der Maske, na, ihres eben … Ich … Ich …«
»Du kennst ihren Namen nicht? Ich auch nicht«, antwortete Sten schelmisch. »Das ist nicht das Schlechteste. Denn es wird dich daran hindern, vor wer weiß wem wer weiß was zu sagen! Mach dir keine Sorgen, San. Es geht ihr gut. Es ist nichts.«
Er rieb dem Tier den Hals. Seine Hand verlor sich im dunklen Fell. Der Wolf schien verstanden zu haben und ließ sich die Liebkosung gefallen.
»Es geht ihr gut … Es geht ihr gut«, murmelte Andin.
San mochte sich ja mit so wenigen Informationen begnügen, aber Andin wollte mehr hören!
Sten lächelte, als verstünde er seine Enttäuschung. »Sie ist noch ein bisschen schwach und kann nicht kämpfen, aber …«
Der Blick seiner schwarzen Augen blieb, ganz wie seine Gedanken, an Andin hängen. »Du kannst sie heute Morgen in Aces treffen, dem Dorf am Hohlen Hügel. In der Richtung, fünfzehn Meilen von hier ungefähr«, schloss er und deutete mit dem Arm.
»Sie wird spätestens in drei Stunden da sein«, setzte Ceban hinzu, der sich ebenfalls freute, Andin so etwas anvertrauen zu dürfen.
Das war ihre Art, ihm dafür zu danken, dass er ihre Freundin gerettet hatte.
»Aber wenn Soldaten da sind oder Scylenkrieger?«, fragte Andin beunruhigt.
»Sie werden heute nicht dorthin kommen. Und wenn sie Lust bekämen, ihre Meinung zu ändern, würden wir ein Mittel finden, damit umzugehen. Es ist offensichtlich, dass meine Schwester das nicht ganz allein schaffen kann, aber sie wird ihrem Land den Frieden zurückbringen. Daran wird nie auch nur einer von uns zweifeln.«
Cebans Überzeugung und sein Tonfall waren von Stolz geprägt – Eitelkeit der Jugend! Andin musterte ihn. Er fand, dass er ihr überhaupt nicht ähnelte, wenn man vom Alter absah. Er war zwar ein hübscher Junge, bartlos, braunhaarig und finster, wie es vielleicht manchen Dorfmädchen gefiel, aber seine Züge waren nicht so fein gezeichnet wie die der Schönen, die Andin nicht aus dem Kopf ging. In Stiefeln und Hose, ohne Hemd, nur in eine Fellweste und einen Lederriemen um den Hals gekleidet, sah Ceban ganz nach einem Sturkopf und Rebellen aus.
Die beiden Männer waren wieder auf ihre Pferde gestiegen und machten sich zum Aufbruch bereit. Andin sagte nichts. Das Dorf lag nicht auf seinem Weg; im Gegenteil, er musste einen Umweg durch die Ebene machen, um es zu erreichen. Noch vor einigen Stunden hatte er sich eingeredet, dass er so schnell wie möglich auf die Burg gelangen müsste. War das vernünftig? Er wog alles gegeneinander ab: Ihm blieben noch fünf Tage, um die Botschaft zu überbringen. Wenn er nicht den Weg durch die Höllischen Nebel genommen hätte, hätte er Leiland noch gar nicht erreicht.
»Bis in drei Stunden, junger Fremder«, bemerkte Sten im Wegreiten.
Ceban folgte ihm, und San rannte hinter ihnen her, so schnell er konnte. Der Staub, den die Pferde aufwirbelten, entfernte sich immer weiter. Andin fand sich allein wieder, trotz allem ein wenig betrübt, die Gesellschaft des Wolfs verloren zu haben. Aber er hatte ja Nis wiedergefunden!
Drei Stunden . Das war mehr als genug, um zum Dorf zu gelangen und das Mädchen-mit-den-blauen-Augen nicht zu verpassen. Andin hob seine Schultertasche auf, legte seiner Stute das Zaumzeug wieder an und stieg auf ihren Rücken. Er streichelte sie und schmeichelte ihr, während er sie antrieb, in die angegebene Richtung zu traben.
Auf der Großen Ebene überstrahlte die Sonne den blauen Himmel mit geradezu unverschämter Reinheit. Andin litt noch an den Folgen seiner kürzlichen Gletscherüberquerung: Er musste die Augen mit der Hand beschirmen, um sehen zu können, in welche Richtung er ritt. Seltsamerweise hallten Satzfetzen von Ceban noch immer in seinem Kopf wider: Sie wird ihrem Land den Frieden zurückbringen.
Es ging ihm einfach nicht mehr aus dem Sinn.
Plötzlich zügelte er sein Pferd. Ihm war wieder eingefallen, wer das kleine Mädchen in seinem Traum gewesen war. Es brach ihm das Herz. Er hatte die Geschichte so gern vergessen wollen! Warum ist sie mir nur wieder eingefallen? Melancholie überkam ihn, als er an ein Bild aus seinem Leben zurückdachte: Ein Kind am Rand einer Klippe, dem Wind zugewandt, den Blick in den Weiten des Meeres verloren. Alles stürzte wieder auf ihn ein.
Damals war er gerade elf Jahre alt geworden. Es war die
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