Die Rebellin von Leiland 1: Maske (German Edition)
hatte Andins Neugier geweckt.
Sie hielten in raschem Galopp weiter auf das kleine Türmchen zu. Die Alleen und Beete, die von Springbrunnen und Wasserbecken durchsetzt waren, ließen sie bald hinter sich. Erst ein ganzes Stück weiter, im Schutze der Bäume, stiegen sie vom Pferd und Eline gestand den Grund für ihren Besuch.
»Ihr … Ihr seid der einzige Mensch, der mir von Prinz Cedric erzählen kann.«
Ihre Stimme verriet, was Andin nicht sehen konnte. Sie musste unter ihrem Schleier errötet sein. Er war gerührt.
Eline war von Natur aus nicht zurückhaltend, aber sie bedauerte ihre Worte schon. Andin verbarg ein Lächeln. Er bot der jungen Frau seinen Arm und legte die Hand auf das Dreieck aus zarter Seide, das die Hand der Prinzessin bedeckte. Mit freudigem Blick begann er, Cedrics Portrait zu zeichnen.
Prinz Cedric war ein junger Mann mit kurzem, dunkelblondem Haar und hatte Andins Figur und wie er grüne Augen. Als Erstgeborener war er gezwungen, sich den Pflichten eines Königs stärker zu widmen als seine Brüder, vergaß aber darüber nicht Abenteuer und Wagemut. Mit seinen dreiundzwanzig Jahren hatte auch er bereits einen zweiten Titel.
Andin hatte sich in eine breit angelegte, leidenschaftliche Beschreibung gestürzt, die von den Taten des Adligen bis zu denen des Kämpfers reichte. Doch nach einer Weile unterbrach ihn die junge Prinzessin: »Er gleicht Euch sehr«, sagte sie. »Und selbst, wenn Ihr einer seiner besten Freunde wäret, hättet Ihr wohl gezögert, was seine Augenfarbe betrifft. Ihr seid sein jüngster Bruder, nicht wahr?«
»Hat Euer Vater Euch das gesagt?«, fragte Andin, erstaunt, ein zweites Mal überrumpelt worden zu sein.
»Nein, ich habe es aus Eurem Verhalten erraten. Unter meinem Schleier kann ich die Leute, die mich umgeben, beobachten, wie es mir beliebt. Mir entgeht nicht einmal der kleinste Gesichtsausdruck. Und außerdem wirkt Ihr jung; Ihr müsst zwanzig Jahre alt sein. Ich weiß, dass drei Jahre Abstand zwischen Prinz Cedric und dem jüngsten seiner Brüder liegen. Und schließlich seid Ihr als Bote hier erschienen und seid doch ein Graf. Das wird viele Leute erstaunen, aber nicht mich. Ich habe gehört, dass der Dritte Prinz von Pandema die Welten ohne Krone und Prunk durchstreift. Ihr seid nicht bereit, Euren Rang zur Schau zu tragen.«
»Aber Euer Vater wusste über meinen angeblichen Tod Bescheid. «
»Ich auch«, antwortete sie nachdenklich. »Aber ich glaube erst dann an den Tod einer Person, wenn ich die Leiche sehen und berühren kann.«
»Kluge Vorsichtsmaßnahme«, stimmte er zu, verwundert über die Bemerkung.
»Ich beneide Euch«, fuhr sie in gedankenverlorenem Ton fort. »Tragt Ihr die Haare so lang, um frei zu sein?«
»Ja, ein königliches Geburtsmal ist mit kurzen Haaren nicht leicht zu verbergen.«
Er hob die goldenen Haarsträhnen, die den oberen Teil seines Nackens verbargen. Trotz des schwächer werdenden Lichts war am Haaransatz eine zarte, querliegende Raute zu erkennen, die dunkler war als der Rest seiner Haut.
»Ich habe nicht daran gezweifelt, dass Ihr Prinz Andin seid!«, rief sie und lachte über seine Geste. »Aber vielleicht zweifelt Ihr an meiner Identität?«
Mit weißen, zierlichen Händen senkte sie den hohen Kragen ihres Kleids. Ein Mal, das dem Andins ähnelte, zeichnete sich am Ansatz ihrer kastanienbraunen Haare ab, die zu einer komplizierten Frisur aus perlendurchwirkten Zöpfen hochgesteckt waren.
In den Wangen des jungen Mannes bildeten sich Grübchen; er konnte nicht anders. Die junge Frau erwies sich als freundlich. Obwohl sie von Kopf bis Fuß Prinzessin war, verstand sie es, lustig und geistreich zu sein. Intelligent, anmutig und natürlich, wie sie war, erinnerte sie ihn an Victoria.
»Ich hätte mir nie herausgenommen, Euch nicht zu glauben«, verkündete er in bewunderndem Tonfall.
»Daran hättet Ihr nicht recht getan. Man darf den Leuten niemals aufs Wort glauben. Nur die Wahrheit, die man sieht, ist gültig.«
Der Satz machte Andin für einen Augenblick nachdenklich.
»Warum legt Euer Vater so viel Wert darauf, seine beiden erstgeborenen Söhne mit meiner Schwester und mir zu verheiraten? «, fragte sie plötzlich. »Worin liegt der Vorteil für Euer Königreich? Ertragt Ihr dort Euer Glück nicht mehr?«
»Ihr verkennt Pandema und seinen Herrscher. Die Uneigennützigkeit gehört zu den guten Eigenschaften meines Vaters. Und unser Glück , wie Ihr so schön sagt, ist groß genug, um auch noch ein
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