Die Rebellin von Leiland 2: Das Gift des Herzogs (German Edition)
bringst du schon die Menge zum Toben?«, bemerkte er wohlgemut.
» Ich hatte genug davon, für einen Schwachkopf zu gelten«, antwortete Andin und lächelte mühsam. » Aber bei den Gottheiten des Lebens! Jetzt habe ich das Gefühl, dass mein ganzer Körper aufgerissen ist.«
» In dem Zustand habe ich dich nicht zurückgelassen. Ich habe dich gewarnt! Joran hat dir das Hereinkommen wohl nicht leichtgemacht, nicht wahr? Erstaunlich, dass er es überhaupt zugelassen hat. Ophelia hat mir gesagt, sie hätte bei deinem Überwechseln geglaubt, du wärst tot!«
» Den Eindruck hatte ich auch, und obwohl ich keine äußeren Spuren mehr aufweise, spüre ich es noch im Innern.«
Er rollte die Schultern und verzog das Gesicht. Victoria hatte er mit Freuden getragen, aber zusammen mit seinem Herabgleiten sorgte das nun dafür, dass der dumpfe Schmerz seines Körpers immer spürbarer wurde.
» Ich kenne Joran seit frühester Jugend und kann mir ohne Mühe vorstellen, was er dich hat durchmachen lassen«, räumte Ceban bitter ein. » Zwar weiß ich nicht, welchem Wunder du es zu verdanken hast, dass er dich am Leben gelassen hat, aber ich bin froh, dir für das danken zu können, was du für Ophelia getan hast.«
Er lächelte. Seine Augen verrieten seine Bewunderung und seine Aufrichtigkeit.
» Dank mir nicht«, antwortete Andin und legte die Ellenbogen auf die Oberschenkel, während er die Hände zwischen den Knien baumeln ließ. » Ich war so dumm, mich von Korta verfolgen zu lassen. Ich bin derjenige, der Ophelias und Majas Leben in Gefahr gebracht hat.«
» Der Schuft Korta braucht dich nicht, um sich in der Gegend aufzuhalten. Er sucht schon seit einer ganzen Weile unser Versteck, aber es ist nicht jedem gegeben, so gegen ihn zu kämpfen wie du. Du bist im Verbotenen Wald willkommen, und was spielt es schon für eine Rolle, was die Kinder denken? Alle Erwachsenen wissen um deinen Wert.«
Er streckte ihm die Hand hin.
» Es wird mir eine Ehre sein, dir zu helfen. Und wenn du so freundlich wärst, dich bis in mein neues, trautes Heim zu schleppen, hätte ich Käse und ein paar Fladen über.«
Andin ergriff das Handgelenk, das ihm so freundschaftlich dargeboten wurde, und erhob sich. Ceban legte ihm die Hand auf die Schulter.
» Wir sind beinahe gleich groß; ich gebe dir etwas zum Anziehen. Manchmal kommt es durchaus vor, dass ich Hemden unter der Weste trage«, versicherte er lächelnd. » Und du wirst sehen, dass das Wasser des Wasserfalls sich wunderbar eignet, um alle Verletzungen zu kühlen.«
» Danke«, seufzte Andin, der endlich jemanden gefunden hatte, der freundlich war und ihn verstand.
» Ah! Eines noch! Meine Mutter war eine untadelige kleine Spitzenklöpplerin und mein Vater ein achtbarer Waffenschmied, aber sie haben einen Sohn hervorgebracht, der nicht gerade unterwürfig ist und wenig von Etikette hält– und da bin ich nicht der Einzige in diesem Wald. Rechne nicht gar zu sehr damit, dass wir dich Euer Gnaden oder Gnädiger Herr nennen werden.«
» Wenn ich gewollt hätte, dass man mich so anredet, hätte ich mich bei unserer ersten Begegnung entsprechend vorgestellt. Ich werde es dir nicht übelnehmen, wenn du meine Ohren damit verschonst.«
Ceban begann zu lachen und wirkte mehr als befriedigt über die Antwort. Er ging auf eines der kleinen Häuser zu, die einzeln am Waldrand oder an der Klippe lagen.
Tanin hatte seine Ortsbeschreibung noch nicht vollendet. Bis auf Theon, Allans einzelgängerischen Freund, lebten die Familien nicht im Baum selbst. Jede blieb lieber für sich in einem mehr oder minder abgesonderten Winkel des Verbotenen Waldes.
Auf der Ostseite, gleich weit von der Waffenkammer und vom See entfernt, lag vor dem dichten Laub grüner Eichen eine Holzhütte, die Ceban vor kurzem mit Beschlag belegt hatte. Gegenüber davon, am Rand der Steilküste, die zum Meer abfiel, befand sich Allans Heim; ein wenig weiter entfernt schloss sich Stens Haus an. Einige Hühner pickten zwischen den beiden Gebäuden. Um den Blick aufs Binnenmeer auszunutzen, waren ein gewaltiger Tisch und Bänke für Mahlzeiten im Freien aufgestellt. Die Wiese setzte sich nach Osten hin noch einige Hundert Schritt weit fort; an ihrem Ende lagen die Ställe. Die Pferde hatten volle Bewegungsfreiheit, und Nis streifte unter ihnen umher.
» Hier werden die Tiere nicht angebunden, und die Kinder sind frei«, erklärte Ceban. » Die Brücke-ohne-Wiederkehr ist unser Schutzwall und der einzige sichtbare Weg.«
»
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