Die Rebellin
versuchte sie es mit einer kleinen Drohung.
»Willst du, dass sich der Graf bei dir für mich einsetzt?«
»Das würdest du nicht wagen!«
»Oh doch, mein Lieber, ehe mein Kind namenlos zur Welt kommt.«
»Mavrojenous ist ein wohlklingender und mit Ruhm bedeckter Name.«
»Mir macht es nichts aus, dass der Name Ypsilanti mit einem österreichischen Gefängnis in Verbindung gebracht wird«, sagte sie spitz.
»Mando, ich habe zurzeit andere Dinge zu tun, als mich mit Gedanken über eine Hochzeit abzugeben«, meinte er.
»Welche Dinge zum Beispiel?«
»Ich muss noch heute Abend zu einer wichtigen Konferenz, die mich einige Tage lang in Anspruch nehmen wird«, erklärte er. »Du weißt ja, dass Vorbereitungen für eine Londoner Tripelallianz zwischen Russland, Frankreich und England getroffen werden, um Griechenland die Autonomie zu geben.«
»Unter der Souveränität des Sultans«, fügte sie bitter hinzu.
»Wir können nicht mehr wählen. Wenn wir nicht völlig vernichtet werden wollen, müssen wir uns mit dem bescheiden, was uns zugesagt wird.«
»Da bin ich aber ganz anderer Meinung!«, rief sie und vergaß für einen Moment ihr Dilemma. Sie trat auf ihn zu und zog ihn am Ärmel.
»Nimm mich mit, Dimitri! Du weißt, dass ich gut reden kann, auch wenn du nicht dabei warst, als ich auf Mykonos alle überzeugt habe.«
»Auf Mykonos!« Er brach in schallendes Gelächter aus. »Hier haben wir es mit der ganzen Welt zu tun und du sprichst von Mykonos!«
Er wischte sich die Tränen aus den Augen, fing aber sofort wieder an zu lachen.
In Mando tobte ein Sturm. Wie konnte er es wagen, sich so über sie lustig zu machen! Ihre ganze Jugend hatte sie für Griechenland hingegeben, die Türken von ihrer Heimatinsel eigenhändig vertrieben und er saß da und lachte sie aus! Aber sie musste ihre Wut bezwingen, den Hass, der wieder in ihr aufstieg, hinunterschlucken.
»Gerade jetzt, wo die einzige Rettung aus dem Ausland kommen kann«, sagte sie ganz ruhig, »gerade jetzt braucht mich mein Land. Schickt mich nach London, lasst mich Griechenland vertreten und ich verspreche dir, dass Legionen ausländischer Armeen die Türken endgültig aus Griechenland vertreiben werden.«
Er sah sie ungläubig an.
»Du bist größenwahnsinnig geworden«, stellte er fest. »Außerdem sprichst du kein Englisch.«
»Die Diplomatensprache ist Französisch«, sagte sie, »was ich immer noch besser beherrsche als Griechisch.«
»Es ist mir völlig egal, was du sprichst«, erwiderte er, »und wo wir schon dabei sind, möchte ich dir einen guten Rat geben. Halte dich aus der Politik raus! Es gibt bereits Stimmen, die mich verurteilen, weil ich dich nicht im Zaum halten kann.«
»Seit wann hörst du auf Jannis Kolettis oder die Gebrüder Mavromichalis?«, fragte sie verächtlich.
»Meinst du den Herrn, in dessen Haus du dich zu vergnügen pflegtest, während ich auf dem Schlachtfeld mein Leben einsetzte? Oder die Brüder, denen du auf meine Kosten wertvolle Waffen ins Haus hast schicken lassen? Diese Waffen, meine Liebe, könnten sich auch gegen dich richten, wenn du nicht endlich lernst dich wie eine richtige Dame zu benehmen, hübsch auszusehen und den Mund zu halten.«
»Eine richtige Dame mit einem unehelichen Kind.«
»Es gibt Mittel, Schwangerschaften zu beenden«, sagte er kalt und stand auf. »Wenn das Kind wirklich von mir ist, was ich immer noch stark bezweifele, bist du erst am Anfang. Vassiliki soll sich informieren und Jaja ihre Hexerei für was Sinnvolles einsetzen. Ich fahre jetzt ab. Allein.«
Damit verließ er das Zimmer.
Bevor er aufbrach, steckte er noch einmal den Kopf durch die Tür. »Vielleicht bist du ja eine begnadete Rednerin. Aber bei mir stößt du auf Granit. Geheiratet wird nicht.« Er schlug die Tür zu.
Es war das letzte Gespräch, das Mando mit ihrem Verlobten führen sollte.
Sie ging an jenem Abend schon um sieben Uhr zu Bett, konnte aber lange Zeit nicht einschlafen. Alles war umsonst gewesen. Die ganze Reise nach Nauplia und die unerfreulichen Nächte hätte sie sich ersparen können. Dimitris Beschluss stand fest, da mochte sie rütteln, so viel sie wollte. Was sollte sie jetzt tun? Für einen Abbruch der Schwangerschaft war es zu spät. Andererseits, sie überlegte angestrengt weiter, wenn sie mit einem dicken Bauch durch Nauplia lief, würden die Leute auch auf Dimitri mit dem Finger zeigen. Außerdem: Warum sollte sie Graf Kapodistrias nicht um Hilfe bitten? Er war schließlich ihr
Weitere Kostenlose Bücher