Die Rebellin
abermals das Leben retten. Jetzt aber war sein eigenes beschauliches Leben in Gefahr geraten und wenn er vernünftig wäre, würde er sich sofort wieder in sein Boot setzen und nach Paros zurücksegeln. Er wollte aber nicht vernünftig sein!
Sie hatte ihr europäisches Gewand ausgezogen, trug nur ein dünnes Unterkleid und lag mit angewinkelten Beinen halb auf der Seite. Sie atmete regelmäßig. Ganz vorsichtig, um sie nicht zu wecken, setzte er sich auf den Bettrand. Mando bewegte sich, streckte ein Bein aus und stieß ihn in die Seite. Ein Lächeln flog über sein Gesicht.
Typisch Mando, dachte er, die erste Berührung nach Jahren ist ein Tritt! Er griff nach der schmalen weißen Fessel. Mando stöhnte leise, hielt die Augen aber fest geschlossen. So wie er es damals in Irinis Haus getan hatte, fuhr er mit der Hand blitzschnell die Innenseite ihres Beins hinauf, hielt aber vor dem Eingang zum Paradies inne und zog die Hand weg.
»Ich gehöre dir, Marcus«, flüsterte Mando, und dann erst machte sie die Augen auf.
Sie schloss sie sofort wieder.
»Geh nicht weg, Traum«, murmelte sie.
Er stand auf, zog sich schnell aus und stieg ins Bett. Behutsam und unendlich langsam legte er sie auf den Rücken, streckte sie aus und schälte sie wie eine Puppe aus dem Unterkleid. Dabei versuchte er ihre Haut nicht zu berühren. Als sie, immer noch regelmäßig atmend, nackt vor ihm lag, sog er den Atem durch die Zähne ein. Nein, es war ihm ganz und gar nicht gelungen, das große Gefühl für alle Zeiten zu verbergen!
Marcus sah nicht die Spuren der Schwangerschaft, über die sich Dimitri so abfällig geäußert hatte, er sah Aphrodite. Noch nie hatte er sie so begehrt. Er beugte sich über sie und umkreiste ihre Brustwarzen mit der Zungenspitze. Er drückte seine Hände fest aufs Bett, damit sie bloß nicht auf die Idee kämen, die prallen Früchte sofort zu ergreifen. Er war nicht Tantalus, er würde erlöst werden. Als seine Zunge den Bauch hinuntergewandert und bei dem dichten Busch angekommen war, bewegten sich Mandos Beine leicht auseinander. Sanft nahm er ihre Hand weg, die sich zu jener Quelle hingeschoben hatte, aus der er sich laben wollte. Sie stöhnte und murmelte seinen Namen. Er hob den Kopf und sah, dass ihre Augen immer noch geschlossen waren. Vorsichtig rutschte er aufwärts und glitt mühelos hinein ins Paradies. Er musste seine ganze Willenskraft aufbieten, um nicht mit groben harten Bewegungen die Einsamkeit der vergangenen Jahre aus sich herauszustoßen. Er passte sich dem langsamen Rhythmus der Wellen an, die gegen den Strand schlugen und hätte ewig so weiterreiten können, wenn Mando nicht die Augen geöffnet hätte.
»Du bist es wirklich«, sagte sie, schlang die Arme um ihn, krallte ihre Fingernägel in seinen Rücken und gab ihm die Sporen.
»Ich weiß, dass du nicht geschlafen hast«, sagte er, als er ihr hinterher einen Becher Wasser reichte.
»Mit solchen Träumen würde ich gern den Rest meines Lebens verschlafen«, gab Mando zurück und strich sanft über die Falten neben seinen Mundwinkeln.
»Wir sind die zwei Hälften, die einst auseinander geschnitten wurden und ein ganzes Leben brauchen, um wieder zueinander zu finden«, sagte sie und schmiegte sich so dicht an ihn, das nicht einmal eine der winzigen roten Ameisen, die inzwischen Marcus' Proviantbeutel entdeckt hatten, dazwischen gepasst hätte.
»Schwimmen?«, fragte er und blickte sie verwegen an.
Nackt liefen sie Hand in Hand aus der Hütte den Hang hinunter zum Strand und stürzten sich in die Wellen. Sie ließen sich am Strand von der Sonne trocknen und nachdem sie sich unter freiem Himmel wieder geliebt hatten, wuschen sie lachend den Sand vom Körper und zogen sich in ihre Hütte zurück. Beide vermieden es, über Vergangenheit oder Zukunft zu reden, es gab keine griechische Revolution, keine Geldsorgen, keinen Ypsilanti, keine Ehefrau, die Welt bestand nur aus den beiden Liebenden in Kalo Livadi. Später saßen sie in die bunte Decke gehüllt auf der Steinbank.
»Beschützt von Philemon und Baucis«, meinte Mando und deutete auf die beiden Olivenbäume.
Marcus nickte. »Genau daran habe ich gedacht, als ich sie gepflanzt habe. Es war wie ein Tribut an unsere Liebe.«
Marcus Mavrojenous, der Bürgermeister von Paros, und seine Ehefrau Anna geben dem ehrenwerten Monsieur Elitis ein Bankett …
»Warum?«, flüsterte Mando und weil er wusste, was sie meinte, schwieg er.
Der Vollmond spiegelte sich im Wasser und Mando
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