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Die Rebellin

Die Rebellin

Titel: Die Rebellin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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abgetreten worden war, hatte damals 15.000 Bewohner, die fast alle katholisch waren, und auch heute noch betrachtete die Hälfte der Insel den Papst als ihr religiöses Oberhaupt. Pappas Mavros war alles andere als weltfremd und er erlaubte sich sogar den verbotenen Gedanken, dass der katholische Einfluss die Visionen der Nonne Pelagia prägte. Wo sonst in Griechenland spielte die Mutter Gottes eine so belangreiche Rolle? Eine Frau!
    Den Orthodoxen war alles Weibliche suspekt und sogar ein wenig widerwärtig. Auf dem Heiligen Berg Athos, der Frauen unzugänglich war, gab es nicht einmal weibliche Tiere. Und welche Rolle würde dieser Berg bei der Erhebung spielen! Wenn die Türken wüssten, was dort alles geplant wurde! Sie dachten, der Heilige Berg wäre für die Griechen ein Ort wie Mekka und Medina, wo Gläubige beteten und sich der schnöden Wirklichkeit entzogen, für die Muslime. Weit gefehlt! Das äußere Zentrum des Widerstands mochte im russischen Odessa gefestigt sein, das innere befand sich auf dem Heiligen Berg, dem geistigen Zentrum der Griechen, der Stätte der Gebildeten und Gelehrten. Dort beim Kloster Vatopedi, wo bedeutende Persönlichkeiten wie Evgenios Voulgaris, Athanasios Parios und Kosmas der Ätiolier gelehrt hatten. Pappas Mavros wusste, dass viele Mönche des Berges Athos darauf warteten, die Kutte abzulegen und das Schwert zu ergreifen. Er selber war zu alt, um aktiv mitzukämpfen, aber er würde weiter im Hintergrund die Fäden ziehen.
    Seine wichtigste Marionette war jetzt Mando. Es würde ihm gelingen, ihren Freiheitsdrang in die richtigen Bahnen zu lenken. Aber er wusste auch, dass er Geduld mit ihr haben musste und sie nicht bedrängen durfte.
    Sie fühlte sich eingesperrt und langweilte sich in Tinos, und das war eine ideale Voraussetzung, um die Flamme der Freiheit in ihr zu entzünden. Er musste nur dafür sorgen, dass sie nicht durch andere Angelegenheiten, persönliche zum Beispiel, abgelenkt werden würde. Hatte er dem Werben des jungen Jakinthos zunächst noch wohlwollend gegenübergestanden, beschloss er jetzt, sich einer ehelichen Verbindung der beiden zu widersetzen. Er hatte eine bessere Verwendung für die Talente dieses Mädchens. Das Letzte, was die türkischen Herrscher erwarteten, war eine Frau, die sich ihnen entgegenstellte. Mit der gleichen Passion, mit der die Nonne Pelagia auf den Auftrag der Mutter Gottes wartete, strebte Pappas Mavros die Rekrutierung Mandos für das griechische Vaterland an.
    Zakarati war höchst ungehalten, als Pappas Mavros sie bat, Mandos Fechtlehrer von Paros nach Tinos kommen zu lassen.
    »Es wird höchste Zeit, dass meine Tochter sich mehr weiblichen Tätigkeiten zuwendet«, sagte sie. »Ich habe nie verstanden, weshalb mein Mann sie im Degenfechten hat unterrichten lassen. Er hat ihr sogar Schießen beigebracht, stell dir das vor! Als ich dahinter kam, habe ich ihr selbstverständlich die Pistole weggenommen.«
    »Ich bin ein Mann der Kirche«, erwiderte Pappas Mavros friedfertig, »und würde nie zulassen, dass meine Nichte eine Waffe zum Töten in die Hand nähme.«
    »Und warum willst du dann, dass der kleine Türke aus Paros wieder mit ihr die Klinge kreuzt?«
    »Aus demselben Grund, aus dem du willst, dass sich Mando in Disziplin übt. Deine Tochter hat zu viel überschüssige Kraft, die sie nur durch koordinierte Bewegung loswerden kann. Die Ausbrüche, die sie dir gegenüber hat und die ich übrigens sehr beklage, sind ein Zeichen von unterdrückter Energie. Fechten ist ein Sport, bei dem höchste Aufmerksamkeit, Beweglichkeit und Disziplin erforderlich sind. Aber wenn du so sehr dagegen bist, könnte sie ja auch einer anderen körperlichen Ertüchtigung nachgehen.«
    Er strich sich über den Bart und nickte: »Rennen, das würde ihr auch gut tun. Ich werde ihr den Auftrag geben, jeden Tag eine längere Strecke über die Insel zu rennen. Damit wird sie ihre Kräfte auch verausgaben und im Umgang angenehmer werden.«
    »Um Gottes willen!«
    Zakarati dachte nach. Die Vorstellung, Mando mit gerötetem Gesicht und fliegenden Röcken über die Insel rennen zu sehen, war ihr unerträglich. Die Nachbarn würden sich die Mäuler zerreißen! Vom Fechten hingegen brauchte niemand was zu wissen, diesen Unterricht könnte man an einem diskreten Ort stattfinden lassen.
    So kam es, dass Monsieur Ali, wie er sich nennen ließ, an einem schönen Herbsttag in Tinos an Land ging und sich bei Pappas Mavros vorstellte.
    Die Tatsache, dass der

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