Die Rebellin
wann und wo die Hochzeit ausgerichtet und dass dazu der Erzbischof eingeladen werden sollte.
Als Jakinthos und Pappas Mavros eine halbe Stunde später wieder zu der Gesellschaft stießen, sahen sie erwartungsvolle Blicke auf sich gerichtet.
»Es wird keine Hochzeit stattfinden«, erklärte der Pope kurz und bündig, griff nach einem Hühnerbein und biss hinein.
Zakarati stieß einen kleinen Schrei aus und fasste sich ans Herz. Jakinthos reichte ihr schnell ein Glas Wasser.
»Aufgeschoben ist nicht aufgehoben«, beruhigte er sie. »Ich freue mich, dass ich Ihre Zustimmung habe, Frau Mavrojenous, und ich gebe Ihnen mein Wort, dass ich Mando eines Tages heiraten werde, wenn sie mich haben will.«
Innerlich kochte er und es kostete ihn große Anstrengung, sich seine Wut auf den Popen nicht anmerken zu lassen. Er sah nicht ein, weshalb die Hetärie der Freunde ein Mitspracherecht über seine Eheschließung haben sollte und weshalb Mando noch nicht die seine werden durfte. Mit dem Hinweis auf gefährliche Aufgaben, die seiner harrten, hatte ihn Pappas Mavros abgewiesen. »Prüfe dein Herz«, hatte er ihm empfohlen, »wenn es nach der Befreiung Griechenlands immer noch für meine Nichte schlägt, kannst du sie heiraten.« Verzweifelt hatte Jakinthos darauf hingewiesen, dass es noch Jahre dauern könnte, ehe dieses Ziel erreicht wäre, aber der Pope hatte nicht mit sich reden lassen.
Es gab nur einen Ausweg: Er musste Mando entführen. Wenn er sich mit ihr drei Tage und drei Nächte irgendwo verbarg, konnte nichts und niemand einer Heirat im Wege stehen. Für die Entführung benötigte er allerdings Mandos Zustimmung. Der Mithilfe ihrer Mutter war er sich gewiss.
Er wandte sich an Mando. »Kommen Sie in einer halben Stunde auf den Hof«, flüsterte er ihr auf Französisch zu. »Ich muss Sie etwas fragen.«
Dann erhob er sich und verabschiedete sich von der Festgesellschaft.
Vassiliki, die neben dem Tisch stand, hatte alles beobachtet und fast alles gehört.
Sie schlurfte zu Mando.
»Komm in die Küche, mein Täubchen«, raunte sie ihr ins Ohr. »Ich muss dir etwas Wichtiges sagen.«
Mando nickte, stand auf und folgte der Dienerin.
»Was ist?«, fragte sie, als sie sich im Flur befanden.
»Du weißt, dass du ihn heiraten kannst, wenn du willst«, flüsterte Vassiliki. »Er will dich entführen. Er hat sich doch mit dir verabredet?«
Mando nickte. »In einer halben Stunde auf dem Hof.«
»Dann musst du dich schnell entscheiden.«
»Ich tu's«, sagte Mando spontan. »Pack du meine Sachen!«
Sie würde Jakinthos heiraten und damit ihren Teufel exorzieren.
Sie kehrte wieder ins Wohnzimmer zurück und versuchte gelassen und heiter zu erscheinen. Pappas Mavros beobachtete sie aus schmalen Augen. Vassiliki war nicht die Einzige, die erraten hatte, dass sich Jakinthos nicht ohne weiteres abservieren lassen würde. Als Mando eine halbe Stunde später aus dem Zimmer huschte, folgte er ihr unauffällig. Er sah, wie Jakinthos einen Esel mit Gepäckstücken belud und dann nach Mandos Hand griff.
Kurz entschlossen trat der Priester aus dem Schatten des Eingangs.
»Ich beklage euren mangelnden Respekt!«, donnerte er. »Und du, Mando, wirst mich zum Kloster Kehruvuni begleiten, wo du so lange in einer Zelle sitzen wirst, bis du Vernunft angenommen hast.«
Er trat auf seine Nichte zu und packte sie hart am Arm.
Jakinthos stieß einen Fluch aus, begriff aber, dass er nichts mehr ausrichten konnte.
»Sie wissen, was ich für Sie empfinde«, rief er Mando auf Französisch zu: »Auch wenn wir jetzt noch nicht heiraten können, sollen Sie wissen, dass ich Ihnen mein Leben weihe.«
Keiner von beiden konnte zu diesem Zeitpunkt ahnen, wie prophetisch diese Worte sein sollten.
Jahrelang war Irinis Ehe kinderlos geblieben, und sie und Antonis hatten die Hoffnung auf Nachwuchs schon fast aufgegeben, als sich endlich die Zwillinge anmeldeten. Es schien, als ob die Fruchtbarkeitsgöttin das Ehepaar für die Jahre der Kinderlosigkeit entschädigen wollte, denn fünf Monate nach der Geburt der Zwillinge war Irini abermals schwanger, und ein Jahr nach der Geburt ihres Sohnes Karolos kam auch noch die Tochter Zacharoula zur Welt.
Das Haus hallte vom Kindergeschrei wider und Mando war heilfroh, dass sie täglich mehrere Stunden bei Pappas Mavros oder auf dem Hof von Monsieur Alis Domizil verbringen konnte. Sie war inzwischen fast vierundzwanzig Jahre alt und dachte nur noch selten an jenen Tag, an dem Jakinthos sie hatte entführen
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