Die Rebellion der Maddie Freeman - Kacvinsky, K: Rebellion der Maddie Freeman - Awaken
Millionen von Menschen kontaktieren. Ich habe lange gedacht, dass ich eine Unmenge Freunde habe. Aber solche virtuellen Freunde sind wie verstreute Sterne am Himmel. Es gibt sie dort draußen, und ich kann sie mir vorstellen, aber berühren werde ich sie nie. In diesem riesigen Universum existieren wir nebeneinander her, getrennt durch meilenweiten leeren Raum. Lange habe ich gedacht, das würde mir genügen, und man hat mich darauf gedrillt zu glauben, Menschen würden besser allein zurechtkommen. Das ist einer der wichtigsten Lehrsätze von DS: Behalte einen gesunden Abstand zu den anderen, nur allein ist man glücklich. Aber in den letzten paar Wochen, seit ich Justin begegnet bin, habe ich mich wieder erinnert, wie ich früher darüber gedacht habe. Sterne gehören an den Himmel, denn sie sind nur Lichtgeschosse auf dem Weg durchs Weltall und sollten aus sicherer Ferne bewundert werden. Wir Menschen hingegen teilen denselben Planeten, leben und atmen zusammen und sind nicht dafür geschaffen, von so viel Leere und Dunkelheit umgeben zu sein.
Kapitel 6
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»Beeil dich, Madeline!«, hörte ich Mom von unten rufen. Ich betrachtete Baley, die hingelümmelt auf meinem Bett lag und den Kopf zwischen den Vorderpfoten abgelegt hatte.
»Ich würde alles dafür geben, jetzt mit dir zu tauschen«, sagte ich zu ihr. Heute Abend war der Wohltätigkeitsempfang für das amerikanische Schulwesen, dem ich mit Schaudern entgegensah. Baley blinzelte mich an und wedelte mit dem Schwanz. Ich warf einen letzten Blick in den Spiegel. Das Schlimmste an der Veranstaltung war der zwanghafte Dresscode. Partykleider zeigen für meinen Geschmack zu viel nackte Haut und Stilettos sind wohl die schmerzhafteste Erfindung der Menschheit. Eigentlich sollten Schuhe dafür da sein, die Füße vor Blessuren zu schützen, anstatt selbst welche zu verursachen. Meine Zehen fühlten sich jetzt schon ganz matschig an. Ich betrachtete mich im Spiegel und gab mich optimistisch. Das grüne Kleid stand mir gut, wie ich zugeben musste, und brachte meine Augenfarbe zur Geltung. Mom hatte den Schnitt ausgesucht: ein schulterfreies Modell, das an den Hüften wie angegossen saß und nach unten hin ein wenig weiter wurde. Ich steckte meine Haare nach den Anweisungen eines Onlinestylisten zu einem Knoten hoch, und schminkte mich zum ersten Mal seit Monaten. Meine Augen sahen mit dem schwarzen Eyeliner und Mascara gleich viel eindrucksvoller aus. Jetzt galt es nur noch, die Treppe nach unten zu kommen, ohne mir in den Stilettos die Knöchelzu brechen. Meine Mutter sog überrascht die Luft ein, als sie mich entdeckte.
»Madeline!«, rief sie. »Du siehst wunderschön aus.«
»Ich fühle mich wie eine grüne Erbsenschote«, sagte ich, weil es mir leichter fiel, über mich selbst zu witzeln, als ein Kompliment anzunehmen.
Sie strahlte und wollte, dass ich mich für sie im Kreis drehte. »Das Kleid steht dir perfekt.«
Ich strich mir mit den Händen über die Hüften und lächelte. »Danke, dass du es mir ausgesucht hast.«
»Heißt das, du magst es?«, fragte sie hoffnungsvoll.
»Jeans wären mir lieber.«
Sie schüttelte den Kopf. »Maddie, du bist eine junge Frau«, sagte sie. »Das kannst du die Leute ruhig sehen lassen, wenigstens ab und zu.«
Ich nickte und sagte ihr, wie umwerfend sie in ihrem eigenen schwarzen Abendkleid aussah, das elegant bis fast zum Boden fiel.
In diesem Moment kam mein Vater in seinem besten Smoking herein, und ich konnte nicht anders, als ihn einen Moment lang bewundernd anzustarren. Wenn er gerade nicht damit beschäftigt war, sich mit dem Schulsystem herumzuschlagen oder mein Leben zu kontrollieren, sondern sich kurz erlaubte, einfach ein ganz normaler Mensch zu sein, hatte er eine beeindruckende Ausstrahlung. Normalerweise dominierte er jeden Raum mit seiner Größe und eisernen Ruhe, aber wenn er nicht den Allmächtigen spielte, leuchteten seine Augen, und seine klassischen Gesichtzüge entspannten sich. In solchen Momenten sah er richtig menschlich aus, geradezu verletzlich. Für diese Verwandlung musste er rundum glücklich sein, so wie heute Abend in den sicheren Wänden seines Zuhauses, wo er voller Stolz seine beiden Frauen bewundern konnte.
Zusammen gingen wir nach draußen und bis zur Straße, woeine private ZipLimousine auf uns wartete. Der Bodyguard hielt uns die Tür auf. Mein Vater fuhr nie ohne Sicherheitspersonal zu öffentlichen Veranstaltungen, da seine Anwesenheit grundsätzlich einen riesigen
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