Die Rebellion der Maddie Freeman - Kacvinsky, K: Rebellion der Maddie Freeman - Awaken
sollte.«
Ich wurde rot und blickte zur Seite. Wer hätte das gedacht? Justin Solvi fühlte sich zu mir hingezogen, auch wenn seine Gefühle sicher nicht die gleichen Ausmaße hatten wie meine anBesessenheit grenzende Schwärmerei. Ich setzte mich wieder in Bewegung und er folgte mir zur Haltestelle.
»Mir ist trotzdem noch nicht klar, warum du nicht früher gesagt hast, dass du über Portland Bescheid weißt.«
»Ich habe es ja angesprochen«, erinnerte er mich. »Ich habe die Bombenattentate erwähnt, ich habe dir alles über meine Eltern erzählt. Ich habe jede Frage zu meiner Vergangenheit beantwortet, die du gestellt hast. Dabei rede ich sonst mit niemandem über meine Familie. Mein Privatleben soll privat bleiben. Aber ich dachte, wenn ich ehrlich zu dir bin, öffnest du dich vielleicht. Weil ich dich nicht zu irgendwelchen Bekenntnissen zwingen wollte. Also habe ich gewartet.«
Ein ZipShuttle kam zischend vorbeigefahren.
»Ich kann immer noch nicht glauben, dass es dich nervös gemacht hat, mich zu treffen«, sagte ich grinsend. »Wo du doch sonst immer ein Musterbeispiel an Coolness und Selbstbeherrschung bist.«
»Alles nur Fassade. Daran habe ich Jahre lang gefeilt«, sagte Justin. »Übrigens hast du selbst auch ein ziemliches Pokerface.«
»Alles nur Fassade. Daran habe ich Jahre lang gefeilt.«
Er lächelte. »Weißt du, wir beide sind uns gar nicht so unähnlich. Wenn man näher darüber nachdenkt, gibt es in unserer Vergangenheit einige Parallelen: der Kampf gegen die Digital School, die Geheimniskrämerei und die vielen Identitäten, das kaputte Elternhaus.«
Ich schaute die Straße entlang und sah meine Bahn näher kommen.
»Du verbringst deine Tage damit, Menschen zu retten«, entgegnete ich. »Und ich habe einen Hackerangriff auf den Computer meines eigenen Vaters gestartet, weil ich jung war und es noch nicht besser wusste. Sehr ähnlich finde ich unsere Lebensläufe nicht.«
»Du solltest deine Leistungen nicht herunterspielen. Stimmt,ich rette Menschen, einen nach dem anderen. Und natürlich ist es toll, hier und da zu helfen, aber im Vergleich zu dem, was du bewegen könntest, wirkt meine Arbeit geradezu lachhaft. Ich kann mit Schneebällen werfen, doch du kannst eine Lawine auslösen.«
Ich schloss die Augen und sagte langsam und betont: »Hör zu, ich bin nicht mehr die gleiche Person wie mit fünfzehn: rebellisch, naiv und verwirrt.«
»Haben sie versucht, dir das in der Therapie einzuhämmern, oder ist das die Meinung deines Vaters?«
Ich schüttelte den Kopf. »Die Madeline von damals gibt es nicht mehr. Ich bin erwachsen geworden und habe aus meinen Fehlern gelernt.«
»Ach, wirklich?«, fragte er und trat einen Schritt auf mich zu. »Warum hast du dann zugestimmt, mich in einer Lerngruppe offline zu treffen? Davon hätte ich vielleicht einen Schüler unter Tausend überzeugen können. So sehr fürchten sich die Leute heutzutage davor, ihr Haus zu verlassen. Und warum hast du den Peilsender deines Vaters auf einen Zug nach Kanada befördert? Warum ist dir bei dem Wohltätigkeitsempfang geradezu schlecht geworden? Du bist immer noch das gleiche Mädchen, Maddie. Auch wenn alle versuchen, es dir auszutreiben.«
Ich schaute ihn an und sämtliche Härchen auf meinen Armen stellten sich auf. Manchmal fühlte sich ein Gespräch mit Justin an, als würde er mir einen Spiegel vorhalten, in dem mein wahres Ich zu sehen war.
»Kann schon sein, dass du recht hast. Aber trotzdem werde ich meine Eltern nicht noch einmal verraten«, sagte ich. »Weil das die Sache nicht wert ist. Nichts ist so wichtig, dass man Leute einfach benutzen darf, um sein Ziel zu erreichen. Diese Lektion habe ich gelernt, als ich fünfzehn war.«
»Wir verlangen nicht von dir, dass du zwischen uns und deinen Eltern wählst«, sagte Justin leise.
»Doch, das tut ihr.« Ich seufzte, als die Bahn vor mir langsamer wurde und hielt. Das ganze Diskutieren hatte mich erschöpft. »Sorry, Justin, wahrscheinlich war das heute ein normaler Durchschnittstag für dich, aber ich bin kurz vorm Zusammenklappen. Kannst du mir ein bisschen Zeit lassen, über alles nachzudenken?«
Er guckte enttäuscht, nickte aber. Als ich in die Bahn stieg, brauchte ich nicht aus dem Fenster zurückzuschauen, um zu wissen, dass er noch immer dort stand und mir nachsah. Doch ich zwang mich, stur geradeaus zu blicken, bis der Zug losfuhr. Ich ließ mich forttragen an einen ungefährlichen Ort, wo alles voraussagbar war, wo ich die Kontrolle
Weitere Kostenlose Bücher