Die Rebellion
bewußt, genau wie ihrer Haltung gegenüber der Herrscherin. Und er konnte nicht umhin
zuzugeben, daß dieser Standpunkt nicht unvernünftig war.
Wenn Löwenstein und das Militär nicht imstande waren, den
eigenen Planeten gegen ein einzelnes fremdes Schiff und eine
Handvoll Rebellen zu schützen, dann befanden sie sich auch
nicht in der Position, den Angehörigen des Parlaments und der
Versammlung der Lords, deren Gelder schließlich einen Großteil der Staatsausgaben finanzierten, Vorschriften zu machen.
Unter dem Strich lief es nämlich wieder einmal darauf hinaus,
daß man die Steuern erhöhen würde, um die Sicherheit des
Imperiums zu finanzieren. Die Familien wollten mehr Mitspracherecht, was die Verwendung der Gelder betraf. Vorzugsweise, bevor die Steuerbehörde wieder arbeitete und über neue
Steuersätze entschieden werden konnte.
Das Militär war sich durchaus dieser Gefahr bewußt und hatte Schritte unternommen, um sich gegen die Angriffe der Familien wehren zu können. So befanden sich zahlreiche Offiziere
der allerhöchsten Ränge unter den Höflingen und standen jetzt
in Habacht vor der Herrscherin. Schnee hatte sich auf ihre
Köpfe und Schultern gelegt, doch wenn ihnen die Kälte zu
schaffen machte, so zeigten sie es nicht. Die Offiziere waren an
den Hof gekommen, um deutlich zu machen, daß Löwenstein
noch immer ihr Vertrauen und ihre Unterstützung besaß. Und
umgekehrt natürlich. Die Aufgabe des Militärs war es, Löwenstein gegen jede Bedrohung zu schützen – auch solche, die
vom Hof selbst herrühren mochte. Es war eine Frage der Ehre,
die zumindest im Militär noch über der Politik stand. Man hatte
der Imperatorin einen Treueeid geschworen, und sonst niemandem.
Auch die Kirche von Christus dem Krieger war mit ihren
Abgesandten vertreten. Zahlreiche Akolythen mit bleichen Gesichtern, rasierten Schädeln und dem starren Blick echter Fanatiker standen neben den Militärs und ignorierten die Offiziere
beharrlich. Die Akolythen waren Kriegerpriester, von Kindesbeinen an in einem blutigen Glauben erzogen, und sie beugten
den Kopf vor der Herrscherin nur, wenn die Umstände sie dazu
zwangen. Die Kirche vertrat die Auffassung, daß man Glauben
erzwingen mußte – selbst wenn das bedeutete, die Menschen
zu töten, die man eigentlich hatte bekehren wollen. Sie predigte, daß Macht nach Gottes Willen gerecht war, und sie war nur
allzu bereit und geradezu begierig, ihre Theorien in die Praxis
umzusetzen. Es gab noch andere Religionen im Imperium,
doch die meisten wurden im verborgenen ausgeübt. Ihre Anhänger gaben sich Mühe, nicht weiter aufzufallen.
In der ersten Reihe der Versammlung stand General Shaw
Beckett und musterte die Akolythen nachdenklich. Er machte
sich nicht die Mühe, sein Interesse zu verbergen. Einige der
Priesterkrieger erwiderten seinen Blick mit der gleichen Intensität und aus dem gleichen Grund. Kenne deinen Feind. Beckett grinste und blies den Akolythen eine Wolke schweren
Zigarrenqualms entgegen. Glaube war schön und gut, doch der
General war ein Anhänger von Drill und Übung. Nur weil ein
Fanatiker bereit ist, für seine Sache zu sterben, bedeutet das
noch lange nicht, daß er seinen Auftrag erledigen kann, bevor
der Gegner ihn erwischt. Der General war ein alter Soldat, und
die Kirche von Christus dem Krieger war ihm ein Dorn im Auge. In seinen besseren Tagen war er ein berühmter Kämpfer
gewesen, und obwohl Beckett inzwischen deutlich erkennbar in
die Jahre gekommen war, trat ihm noch immer niemand in den
Weg, ohne vorher sein Testament gemacht zu haben.
Beckett war von durchschnittlicher Größe, doch ziemlich beleibt, und das ließ ihn kleiner erscheinen. Das meiste Übergewicht hatte sich in seiner Bauchregion angesammelt, und selbst
ein nach Maß gefertigter Kampfpanzer hatte Schwierigkeiten,
seine Leibesfülle zu bändigen. Der General gab einen verdammten Dreck darauf. Er hatte genügend Jahre im Feld verbracht, um etwas Bequemlichkeit verdient zu haben. Beckett
war ein wertvoller Ratgeber und besaß einen scharfen militärischen Verstand. Er war bekannt als Meisterstratege und gewiefter Redner, und er setzte so gut wie immer seinen Willen
durch, selbst dann, wenn Löwenstein wieder einmal schlechte
Laune hatte und jeder andere in Deckung ging. Die Herrscherin
war ständig versucht, General Beckett wegschleppen und exekutieren zu lassen, weil er wieder einmal zur falschen Zeit die
falschen Worte gesagt oder eine
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