Die Rebellion
keine Verwandten oder Freunde, aus Furcht, es könnte abfärben.«
Schwejksam musterte seinen Sicherheitsoffizier. »Das war
beinahe profund, Stelmach. Offensichtlich hat die Nähe des
eigenen Todes einen inspirierenden Einfluß auf Euch. Ihr redet
nie viel, Kühnhold. Erzählt uns von Eurer Familie. Was sind
das für Menschen, die ihrem Sohn einen solchen Vornamen
geben?«
»Ehrgeizige Menschen«, antwortete Stelmach grimmig.
»Meine Familie hat Geschäfte gemacht, aber niemand war erfolgreich genug, um Minister zu werden oder in einen großen
Clan einzuheiraten. Also hat man uns Kinder alle zum Militär
geschickt. Meine Brüder Stolzfried und Ehrheld sind Offiziere
mittleren Ranges. Meine Schwester Athena wurde sogar noch
früher weggegeben und in eine Investigatorenausbildung gesteckt. Ich weiß nicht, was aus ihr geworden ist. Man fragt
nicht danach. Mein Vater starb vor vielen Jahren. So muß er
wenigstens nicht mit ansehen, wie ich ihn enttäusche. Sicherheitsoffiziere bekleiden nicht gerade die ruhmreichsten Posten
bei der Flotte.«
»Wenigstens besitzt Ihr noch eine Familie«, erwiderte
Schwejksam. »Ich wurde Kapitän eines Raumschiffs, weil
mein Clan das von mir erwartet hat. Und ich wollte, daß alle
stolz auf mich sind. Statt dessen habe ich den Familiennamen
nun bereits zum zweiten Mal in den Schmutz gezogen. Offiziell wurde ich enterbt, weil ich nicht zusammen mit meinem
ersten Schiff, der Sturmwind , abgestürzt bin. Ich wollte es ja,
doch Investigator Frost hier bestand aus unerfindlichen Gründen darauf, mich zu retten. Stimmt das nicht, Investigator?«
»Wir alle machen Fehler«, erwiderte Frost, ohne ihn anzublicken. Schwejksam mußte grinsen.
»Wollt Ihr uns nicht von Eurer Familie erzählen, Investigator? Stelmach und ich haben unser Herz bereits ausgeschüttet.
Verratet uns doch, woher Ihr kommt.«
Lange Zeit schwieg Frost, und in Schwejksam regte sich bereits das Gefühl, den Bogen vielleicht überspannt zu haben,
doch dann begann sie sehr leise zu sprechen. So leise, daß
Schwejksam und Stelmach sich anstrengen mußten, um die
Worte zu verstehen. Frost hielt den Blick gesenkt, während sie
sprach.
»Offiziell besitzen Investigatoren keine Familie. Nur ihresgleichen. Doch ich war neugierig, und da bin ich in die versteckten Dateien eingebrochen und habe nach meiner Vergangenheit geforscht. Ich fand die Adresse meiner Eltern und wollte sie besuchen. Nur mein Vater war bereit, mich zu sehen, und
selbst er hatte so viel Angst vor mir, daß er nicht zuhörte. Ich
ging niemals wieder hin. Ich besitze keine Familie, Kapitän.
Ich bin selbst für das verantwortlich, was ich heute bin. Das
Imperium hat mir ein klein wenig dabei geholfen, das ist alles.«
»Ich bin froh über dieses aufmunternde Gespräch«, brummte
Stelmach. »Ich fühlte mich ein wenig deprimiert, doch jetzt ist
mir nach Selbstmord zumute. Warum verschlucken wir nicht
alle einfach unsere Zungen und bringen es hinter uns?«
»Weil es noch immer Hoffnung gibt«, erwiderte Schwejksam. »Und weil ich Haltung bewahre, selbst wenn ich untergehen muß. Richtig, Investigator?«
»Richtig«, bestätigte Frost. »Oh, seht nur; die Jesuiten erholen sich anscheinend.«
Die Kriegerpriester waren inzwischen alle wieder auf den
Beinen, obwohl sie sich noch gegenseitig stützen mußten. Die
Offiziere kicherten ungeniert und stießen sich in die Rippen.
Einige der Höflinge applaudierten erneut, doch plötzlich unterbrachen sie sich und warfen ängstliche Blicke auf die Imperatorin, um zu sehen, was sie davon hielt. Zum Glück für die
Besorgten schien die Eiserne Hexe in ein Gespräch mit General
Beckett versunken zu sein. Also wandte man sich wieder um
und beobachtete den zweiten Mann, der vor dem Eisernen
Thron stand: James Kassar, Kardinal der Kirche von Christus
dem Krieger und nach Meinung vieler einer der gefährlichsten
Männer im gesamten Imperium. Er war groß und muskulös und
trug einen schwarzen, gepanzerten Kampfanzug, als wäre er
hineingeboren worden. Über dem Herzen befand sich das Relief eines Kruzifixes in der Brustplatte. Früher einmal war der
Kardinal ein attraktiver Mann gewesen, doch diese Zeit war
vorbei. Kassar hatte einen Mann aus fragwürdigem Anlaß als
Häretiker hinrichten lassen, und dessen Witwe hatte dem Kardinal Säure ins Gesicht geschüttet. Der Kardinal hatte die Witwe im nächsten Augenblick mit dem Schwert durchbohrt, doch
der Schaden war bereits angerichtet. Sein
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