Die Rebellion
alle zu zerstückeln und roh zu fressen, und das ohne
Wein zum Nachspülen. Ich kenne diese Sorte. In Rudeln sind
sie tapfer, aber allein haben sie nicht den Mut zu einem fairen
Kampf. Wenn sie so begierig sind, ihren Gott zu sehen, sollen
sie doch mit mir kämpfen, und ich sende sie auf dem schnellsten Weg zu ihm.«
»Wenn Ihr weiter solche Bemerkungen fallenlaßt«, meldete
sich Stelmach zu Wort, »dann warnt mich doch bitte in Zukunft rechtzeitig, damit ich mich in Sicherheit bringen kann.
Die Kirche besitzt in letzter Zeit ein äußerst scharfes Gehör,
und sie vergibt nicht die geringste Beleidigung. O Gott, einer
von ihnen kommt zu uns! Versucht reumütig auszusehen!«
»Ich wüßte nicht, wie ich das machen sollte«, erwiderte
Frost.
Schwejksam brachte es irgendwie fertig, ein unbeteiligtes
Gesicht zu machen, als der Kriegerpriester sich näherte. Ringsum wichen die Höflinge zurück und gaben ihm reichlich freien
Raum. Der Priester steckte in einem langen, blutroten Talar mit
einem Scheitelkäppchen in der gleichen Farbe, und sein Blick
war scharf genug, um Glas zu schneiden. Er war vielleicht Mitte Zwanzig, doch er gab sich Mühe, älter zu wirken. An seinem
Gürtel hingen zwei Skalps, und um den Hals trug er eine Kette
mit abgeschnittenen menschlichen Ohren. Vor Schwejksam
und Frost blieb er stehen. Stelmach ignorierte der Priester vollkommen, und der Sicherheitsoffizier der Unerschrocken war
erleichtert darüber. Der Kriegerpriester blickte von Schwejksam zu Frost und wieder zurück zu Schwejksam. Auf seinem
Gesicht stand deutlich zu lesen, daß er schon beeindruckendere
Exemplare der Gattung Mensch mit dem Gesicht nach unten
im Dreck liegen gesehen hatte.
»Man sagt, Ihr hättet uns alle vor dem gottlosen feindlichen
Raumschiff gerettet«, begann der Jesuit. »Wenn das zutrifft, so
war es der Wille Gottes. Ihr seid sicherlich beide gute Soldaten,
aber Ihr müßt Euren Platz in der neuen Ordnung erst noch finden. Ihr solltet die Vergebung der Kirche für Eure Sünden und
Verfehlungen genauso erflehen wie die der Imperatorin. Es ist
nicht länger statthaft, sich aus allem herauszuhalten. Ihr müßt
Euch entscheiden, wo Ihr steht, und Ihr habt es öffentlich zu
tun. Und vergeßt nicht: Wer nicht für die Kirche ist, der ist
gegen sie. Die Kirche weiß, wie sie mit ihren Feinden umzugehen hat. Habe ich mich klar und deutlich ausgedrückt?«
Seine schnarrende Stimme verstummte schlagartig, als Frost
ihm in den Unterleib trat. Die Wucht ihres Tritts warf den Jesuiten durch die Luft und mitten unter seine eigenen Leute, die
umfielen wie Kegel. Ein lautes Stöhnen erklang von, den Priestern, als die beim Aufprall Verletzten sich mühsam auf die
Beine rappelten. Der Jesuit, der sich vor Frost aufgebaut hatte,
lag zusammengekrümmt am Boden und schnappte noch immer
nach Luft. Frost stand ungerührt da und beobachtete ihn. Sie
atmete noch nicht einmal schneller. Stelmach schlug die Hände
vors Gesicht. Schwejksam klatschte Beifall, und einige der
mutigeren Höflinge fielen ein. Frost ignorierte sie mit großartiger Geste, jeder Zentimeter ein echter Investigator.
»Ich glaube nicht, daß ich mich noch in Eurer Nähe aufhalten
möchte«, murmelte Stelmach. »Ihr müßt lebensmüde sein.«
»Jetzt kommt schon«, sagte Schwejksam. »Laßt den Kopf
nicht hängen. Wir wurden wahrscheinlich sowieso zur Exekution hergebracht, oder habt Ihr das bereits vergessen? Was für
eine Rolle spielt es da, wer uns am Ende tötet?«
Stelmach warf einen kurzen Blick zur Eisernen Hexe auf ihrem Thron, dann sah er den Kapitän der Unerschrocken mit
einem beinahe flehenden Ausdruck in den Augen an. »Seid Ihr
sicher? Besteht denn gar keine Hoffnung mehr?«
»Oh, Hoffnung gibt es immer«, erwiderte Schwejksam. »Als
Frost und ich das letzte Mal hier standen, hatte man uns von
Kopf bis Fuß in schwere Ketten gelegt, und die Unterschrift
der Imperatorin war das einzige, was auf unseren Erschießungsbefehlen noch fehlte. Wir haben trotzdem überlebt.
Diesmal hat man uns wenigstens nicht in Ketten gelegt. Ich
betrachte das als gutes Omen.«
»Ich nicht«, widersprach Frost. »Diesmal geht man subtiler
vor. Nichts ist schlimmer, als in jemandem falsche Hoffnungen
zu erwecken.«
Stelmach seufzte. »Ich hatte gehofft, daß jemand aus meiner
Familie auftauchen und mir wenigstens moralische Unterstützung geben würde, aber nein. Niemand ist gekommen, um
Zeuge meines Todes zu werden. Ein Versager hat
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