Die Rebellion
Freunden und ohne
Beistand oder Hilfe.
Owen spürte ein plötzliches Frösteln. Würde er lange genug
atmen, um das Ende der Rebellion zu erleben, die er angezettelt
hatte? Würde es irgend etwas ändern, wenn er vor seiner Bestimmung davonlief? Er zuckte unbehaglich die Schultern. Seine Überzeugung und Ehrenhaftigkeit hatten ihn bis hierher
geführt, und sie würden ihn auch noch weiter bringen. Owen
Todtsteltzer war jetzt ein Teil der Rebellion, was es auch kosten mochte. Und Chance hatte selbst zugegeben, daß sein junger Esper sich bei seinen Wahrsagungen genauso oft irrte, wie
er die Wahrheit sagte. Und selbst wenn er den eindeutigen Beweis in der Hand gehalten hätte, daß Owen sterben würde –
Owen hätte trotzdem nicht seine Pläne geändert. Er hatte den
verfaulten Unterbau des Imperiums gesehen. Er hatte gesehen,
wie der Luxus weniger durch das Leid Unzähliger erkauft wurde, und jetzt, nachdem er es gesehen hatte, konnte er den Blick
nicht mehr abwenden. Zu seiner eigenen Überraschung war er
ein Mann von Ehre geworden. Und wer wußte schon – vielleicht war Owen ja tatsächlich ein Held. Ganz egal, was kommen würde – er mußte Löwensteins Fall sehen, bevor er starb.
Koste es, was es wolle.
Hazel D’Ark blickte Owen hinterher, als er sich seinen Weg
durch die Menge bahnte. Sie biß die Zähne zusammen, damit
niemand das Beben ihrer Lippen bemerkte. Hazel verschränkte
die Arme vor der Brust, die Hände zu Fäusten geballt. Ihr Verlangen war größer als je zuvor, und es nagte heftig an ihrer
Selbstkontrolle. Sie war froh, daß Owen gegangen war. Sie
wußte nicht, ob sie es noch lange vor ihm hätte verbergen können. Hazel blickte sich so gelassen um, wie sie konnte, doch
niemand schien sie im Augenblick zu beachten. Sie zwang ihre
Hände zur Ruhe und goß sich ein neues Glas Wein aus. Plötzlich war es ganz einfach, die kleine metallene Flasche hervorzuziehen, die der Hadenmann ihr gegeben hatte, den Verschluß
abzuschrauben und einen winzigen Tropfen des Inhalts in das
Glas zu geben.
Hazel verschoß die Flasche sorgfältig und steckte sie wieder
ein. Niemand hatte etwas bemerkt. Und wenn doch, so hätte
niemand verstanden, was er gesehen hatte. Da war sie absolut
sicher. Für den Augenblick jedenfalls. Hazel blickte auf den
Wein in ihrem Glas. Er sah vollkommen harmlos aus, und der
Tropfen begann sich bereits mit der restlichen Flüssigkeit zu
vermischen. Sie schwenkte das Glas, um den Vorgang zu beschleunigen, doch dann konnte sie nicht mehr länger warten.
Hazel nahm einen tiefen Schluck und grinste breit, als die
Wärme sich in ihrem Körper ausbreitete. Blut war ein fabelhafter Stoff, und selbst eine so geringe Menge reichte aus, um ihr
Verlangen danach zu stillen. Hazel zwang sich dazu, den Rest
des Weines langsam zu trinken, und ein behagliches Wohlbefinden erfüllte sie. Ihr Grinsen wurde breiter. Sie fühlte sich
stark, selbstsicher und bereit, es mit dem gesamten verdammten imperium aufzunehmen. Und wichtiger noch, Hazel fühlte
sich wieder wie ein Mensch. Jedenfalls so sehr, wie man sich
nur als Mensch fühlen konnte, wenn man süchtig nach Wampyrblut war.
Die Wampyre. Angepaßte Menschen, die das Imperium als
seine neuen Sturmtruppen hatte einsetzen wollen. Als Ersatz
für die rebellischen Hadenmänner. Um einen Wampyr zu produzieren, tötete man einen gewöhnlichen Mann, indem man
einfach sein Blut absaugte, und füllte anschließend seine Adern
mit einer künstlichen Flüssigkeit, bevor man ihn wiedererweckte. Das Resultat war ein viel stärkerer, schnellerer Mann,
der außerdem ein gutes Stück schwerer zu töten war … und
schwierig zu kontrollieren. Die Wampyre hatten ihren Herren
mehr Schwierigkeiten bereitet, als sie genutzt hatten, und so
war das Projekt zögerlich wieder eingestellt worden. Aber zu
diesem Zeitpunkt hatten ein paar Leute bereits einen anderen
Verwendungszweck für die synthetische Flüssigkeit in den
Adern der Wampyre gefunden. Es war eine stärkere Droge als
alles, was die Menschheit bis dahin gekannt hatte. Es machte
einen zum Übermenschen, genau wie die Wampyre, zumindest
für kurze Zeit. Und nachdem das Gefühl abgeklungen war, tat
man alles, um wieder in diesen Zustand zu geraten. Wampyrblut machte süchtig.
Hazel hatte ihre ersten Erfahrungen damit auf Nebelwelt gemacht. Sie war in einer Beziehung gelandet, an die sie lieber
nicht zurückdachte. Der Wampyr namens Luzius Abbott hatte
sie mit den
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