Die Rebellion
sich dem Zelt näherte. Eine grimmig
dreinblickende Frau, aber natürlich waren Investigatoren auch
nicht gerade berühmt für einen ausgeprägten Sinn für Humor.
Klipp erreichte Beatrice und blieb stehen. Sie atmete nicht
einmal schneller nach dem Aufstieg. Klipp nickte kurz. Beatrice erwiderte den Gruß, doch ihr war nicht danach, sich zu erheben.
»Ein schöner Abend für einen Spaziergang, Investigator.
Was führt Euch hierher? Ist die Zeremonie zu langweilig?«
»Etwas in der Art«, antwortete Klipp und warf einen Blick
auf den Zelteingang. »Viel zu tun?«
»Immer. Beim Kampf draußen auf dem Feld mag es vielleicht Pausen geben, aber hier geht der Kampf um die Verwundeten ohne Unterbrechung weiter. Natürlich interessiert Ihr
Euch nicht dafür, wie man Menschenleben rettet, Investigator.
Es ist nicht gerade Euer Spezialgebiet, nicht wahr?«
»Nein. Aber es scheint eine harte Arbeit zu sein. Und unerfreulich, jedenfalls von Zeit zu Zeit. Man muß harte Entscheidungen fällen, wem man helfen kann und wem nicht … und wen
man opfern muß, um andere zu retten. Ich kann das verstehen.
Es erinnert mich manchmal sehr an meine eigene Arbeit.«
Beatrice runzelte erneut die Stirn. Sie gewann beinahe den
Eindruck, als versuchte Klipp, ihr etwas zu erklären. Die Ehrwürdige Mutter zuckte die Schultern und bot Klipp die Flasche
an. »Ein Schluck gefällig, Investigator? Es ist gut für die Seele,
so sagt man.«
»Nein, danke, Ehrwürdige Mutter. Ich trinke nicht während
der Arbeit.«
Beatrice erkannte die Absicht des Investigators, als Klipp das
Schwert herausriß. Sie warf sich seitwärts vom Stuhl. Die einzige Arbeit eines Investigators war das Töten. Die Klinge
zischte an der Stelle durch die Luft, wo Beatrice noch einen
Augenblick zuvor gesessen hatte. Beatrice prallte auf den Boden und rollte sich ab. Sie rappelte sich wieder auf und
schwenkte wild die Weinflasche. Wein schoß aus der engen
Öffnung und traf Klipp in einem satten Schwall mitten in die
Augen. Klipp war für einen Augenblick geblendet. Trotzdem
hieb sie ein zweites Mal zu, aber Beatrice hatte sich bereits
wieder bewegt. Sie hämmerte die Flasche auf Klipps Schädel.
Die Flasche ging nicht zu Bruch, aber der weibliche Investigator sank unter der Wucht von Beatrice’ Schlag auf die Knie
und schüttelte benommen den Kopf. Beatrice schlug erneut zu,
mit aller Kraft, und diesmal zersplitterte die Flasche auf Klipps
Schädel. Klipp fiel vornüber, und Beatrice wandte sich zur
Flucht. Sie rannte ziellos davon, noch immer den abgebrochenen Flaschenhals in der Hand, als hätte sie nicht die geringste
Ahnung, wo sie noch in Sicherheit war. Klipps Befehle mußten
von jemandem ganz weit oben kommen, jemandem, der es
riskieren konnte, die Schwesternschaft zu verärgern, und das
bedeutete, daß sie keinerlei Freunde mehr auf Technos III besaß. Beatrice hatte praktisch jedermann bei der einen oder anderen Gelegenheit verärgert. Nein. Sie besaß noch immer einen
Freund. Einen Freund mit Einfluß, wenn schon nicht mit
Macht. Toby Shreck. Sie rannte den Hügel hinab in Richtung
der Fabrik und der Zeremonie. Wenn es ihr gelang, vor den
Holokameras um Gnade und Schutz zu betteln, dann würden de
Wolfs sie beschützen, ob sie wollten oder nicht, oder die Rache
der gesamten Schwesternschaft auf sich ziehen. Beatrice rannte
weiter, so schnell sie konnte, und der Wein, den sie getrunken
hatte, schwamm schwer in ihrem Kopf und Magen. Sie versuchte, nicht auf das Geräusch der verfolgenden Schritte zu
achten, das nicht allzuweit hinter ihr erklang.
Jakob Ohnesorg, Ruby Reise und Alexander Sturm bewegten
sich lautlos durch einen neu geschaffenen Tunnel tief unter Technos III . Oben, auf der Oberfläche aus zerfetztem Metall,
starteten die Ausgestoßenen in diesem Augenblick einen Überraschungsangriff auf die Wachen, die nicht an der Zeremonie
teilnahmen, um sie zu beschäftigen, während Ohnesorgs kleine
Gruppe unbemerkt unter den äußeren Verteidigungseinrichtungen der Fabrik hindurchschlüpfte. Der Tunnel lag sehr tief und
führte sowohl unter den Schützengräben der Rebellen als auch
der Wolfs hindurch, um hinter den innersten Kreisen der Hölle,
in allernächster Nähe zur Fabrik, wieder an die Oberfläche zurückzukehren. Die Truppen der Wolfs würden den neuen Tunnel früh genug entdecken, aber erst, wenn der Angriff vorüber
wäre, und bis dahin wären Jakob und seine Kameraden bereits
in die Fabrik eingedrungen und der Tunnel hinter ihnen
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