Die Rebenprinzessin
konnte.
Da schoss plötzlich Martins Hand hervor und zog sie zu sich. »Sei mir gegrüßt, Schöne!«, flüsterte er mit einem schelmischen Lächeln. Seine Lippen waren ihr dabei so nahe, dass er sie beinahe geküsst hätte.
»Weißt du überhaupt, in welcher Gefahr du schwebst?«, fragte Bella, während sie sich von ihm losmachte. »Wenn dich mein Vater hier sieht, wirst du seine Peitsche zu spüren bekommen.«
»Darf ich armer Winzerknecht denn nicht ins Gotteshaus gehen?«, fragte er mit Unschuldsmiene.
»Schon, aber nicht in dieses, und schon gar nicht zu dieser Zeit.«
»Wann ist denn die rechte Zeit?«
»Nach dem Segnungsgottesdienst.«
»Dann bist du aber nicht hier.«
Als er merkte, dass ihr nicht zum Spaßen zumute war, wurde auch er wieder ernst. »Keine Sorge, dein Vater wird nichts merken.« Damit gab er ihr einen raschen Kuss auf die Stirn.
Bella überkam kurz der Gedanke, was die Leute dazu sagen könnten, aber die Säule schützte sie gut vor den Blicken der anderen. Ohnehin erregte der Streit zwischen den Grafen genug Aufmerksamkeit, weshalb die Beutelschneider sicher Erfolg hatten, wenn sie auf die Geldbörsen der Kirchenbesucher aus waren.
»Ich dachte wirklich, du wirst ins Kloster geschickt!«, sagte Martin nun.
Bella lehnte sich seufzend an die Säule und spielte mit einer Haarlocke, die unter ihrem Schleier hervorlugte. »Nein, er hat mir nur Hausarrest gegeben. Er will noch einmal mit Roland von Hohenstein reden.«
»Dein Vater will mit dem Fürst reden?« Martins Stimme schraubte sich derart in die Höhe, dass Bella ihm schnell den Mund zuhielt.
»Sei besser leise. Wenn mein Vater dich entdeckt, wird ihm wieder alles einfallen.«
»Ich glaube eher, dass er im Moment andere Sorgen hat.« Martin deutete auf die beiden Männer, die sich immer noch zankten.
»Der Streit mit Gernot von Bärenwinkel wird vergehen«, entgegnete Bella, nachdem sie ebenfalls zu den Streithähnen hinübergespäht hatte. »Ich fürchte sogar, schneller als gedacht.«
»Warum streitet dein Vater mit ihm?«, fragte Martin.
Sie zuckte mit den Schultern. »Das weiß keiner mehr so genau. Meine Kinderfrau Katrina vermutet, dass es um meine Mutter geht. Beide haben um sie geworben, und meinem Vater hat sie schließlich den Vorzug gegeben. Graf von Bärenwinkel soll das nie verwunden haben.«
»Deine Mutter lebt doch gar nicht mehr.«
»Das ist richtig, aber der alte Streit wird wohl so lange bestehen bleiben, bis einer von ihnen stirbt. Oder beide.«
»Was wäre, wenn du Gernot von Bärenwinkels Sohn heiraten würdest?«
»Meinst du wirklich, das würde etwas bringen?«, fragte Bella zurück, in der Annahme, dass Martin es nicht ernst meinte.
»Aber sicher! Eure Weingüter könnten zusammengeschlossen werden. Der Streit wäre beigelegt, und die Familien könnten sich auf wichtigere Dinge konzentrieren.«
Ein wehmütiges Lächeln schlich sich über Bellas Gesicht. »Du siehst die Dinge gern so, wie sie dir gefallen, oder?«
»Das tue ich. Aber wäre es denn wirklich so abwegig?«
»Abgesehen davon, dass ich keine Ahnung habe, wie dieser Sohn so ist, kann ich mir nicht vorstellen, dass mein Vater und auch der Graf diese Verbindung je in Erwägung ziehen würden. Bestimmt wird jeder vom anderen glauben, dass sein Kind nicht so gut ist wie das eigene.«
»Was, wenn es die Kinder selbst herausfänden?«
Bella zog verwundert die Augenbrauen hoch. »Wie sollten wir das denn tun, wenn wir uns nicht mal kennen? Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, dass der Sohn des Grafen Gefallen an mir finden würde. Oder ich an ihm.«
»Das kannst du nicht wissen, ehe du ihm gegenübergetreten bist.« In Martins Augen funkelte der Schalk. »Vielleicht verliebt er sich ja auf Anhieb in dich.«
»Aber ich mich vielleicht nicht in ihn. Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, ob ich ihn überhaupt schon einmal zu Gesicht bekommen habe. Wer weiß, ob er sich für den Wein interessiert. Mir ist bisher nicht zu Ohren gekommen, dass er sich auf dem Weinberg seines Vaters sonderlich ins Zeug gelegt hat.«
»Vielleicht hat er ja andere Ambitionen. Das muss nicht schlecht sein. Wenn er dein Gemahl wird, hast du genug Wissen vom Winzern für euch beide.«
Bella konnte daraufhin nur lächeln. »Du hast Vorstellungen, Martin! Aber immerhin ist es mir jetzt ums Herz ein wenig leichter.« Sie schweig eine Weile, dann fragte sie: »Habe ich dir eigentlich schon dafür gedankt, dass du mich vor Roland von Hohenstein gerettet
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