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Die Rebenprinzessin

Die Rebenprinzessin

Titel: Die Rebenprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Neuendorf
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führte sie zu dem Kirchengestühl, das für ihre Familie und andere Edle bestimmt war. Dort hatten bereits mehrere Familien Platz genommen.
    Als der Gottesdienst begann, saßen die Adligen mit andächtig gesenkten Köpfen im Gestühl und murmelten brav die Gebete mit. Der Erzbischof zelebrierte in seinen prächtigen Gewändern die Messe und erteilte den Weinbauern für ihre Ernte den Segen.
    Auch Bellas Lippen bewegten sich unter den Gebeten und Gesängen, aber die heiligen Texte erreichten ihre Gedanken nicht, denn dort war bereits Martin, der ihr seine Hand entgegenstreckte und damit einen kurzen Moment des Glücks versprach.
     
    Misstrauisch ließ Heinrich Oldenlohe den Blick über den Kirchplatz schweifen. Während immer mehr Menschen in das Gotteshaus strömten, lehnte er sich gegen eine Säule und versuchte, einen Grund für die innere Unruhe zu finden, die ihn überkommen hatte. Sie nagte an ihm wie eine hungrige Ratte an einem Kanten Brot. Was ging hier vor? Warum hatte der Graf von Bärenwinkel mit seinem Herrn Streit angefangen, wo er ihm doch sonst tunlichst aus dem Wege ging?
    »Na, wollt Ihr Euer Gewissen beim Gottesdienst erleichtern? Plagen Euch noch immer die Bilder von damals?«
    Der Klang der Stimme neben ihm ließ ihn instinktiv nach seinem Schwert greifen. Der Lombarde!, donnerte es durch seinen Verstand. Mit einem Mal hatte er wieder vor Augen, was sie vor nicht allzu langer Zeit zu Feinden werden ließ.
    »Lasst das«, sagte der Italiener ruhig, aber bestimmt, ohne seinen Platz auf der anderen Seite der Säule zu verlassen. »Ein Gotteshaus ist kein Ort des Kampfes.«
    »Das sagt der Mann, der ein Gotteshaus niedergebrannt hat – mit allen Menschen, die darinnen waren«, entgegnete Heinrich Oldenlohe voller Verachtung und beließ die Hand auf dem Schwertgriff.
    »Ihr wisst, dass das nötig war. Die Kirche war voller Anhänger dieses verdammten Johannes Hus. Außerdem war es ein Befehl unseres Feldherrn.«
    »Ihr hättet ihn verweigern können«, gab Heinrich Oldenlohe zurück, während vor seinem geistigen Auge riesige gelbe Flammenzungen aufloderten, in deren Knacken sich die Schreie der Eingeschlossenen mischten.
    »Ihr wisst genauso gut wie ich, dass sich niemand diesem Befehl hätte verweigern können. Nur Ihr wärt gewiss so dumm gewesen, Euch den Zorn des Kaisers zuzuziehen.« Der Italiener machte eine kurze Pause, dann fügte er mit sichtlichem Vergnügen hinzu: »Aber wahrscheinlich ist es so, wie ich es damals vermutet habe. Es hätte Euch nicht gedauert, wenn darunter nicht die Frau gewesen wäre, die Ihr begehrtet.«
    Heinrich Oldenlohe kniff die Augen zusammen. Dieser verdammte Hurensohn, dachte er zornig. Aber er hat recht. Maria hatte den Tod nicht verdient, deshalb werde ich ihn auch bis ans Ende seiner oder meiner Tage hassen. »Es war eine unnötige Grausamkeit, das wisst Ihr«, antwortete er ausweichend und versuchte seine Gefühle, die ihn erneut zu übermannen drohten, im Zaum zu halten.
    »Ich hätte sie gehen lassen sollen, nicht wahr? Dann hättet du dich nicht weiter darum geschert.«
    Unvermittelt war der Italiener zur vertraulichen Anrede übergegangen, die sie im Feld gepflegt hatten. Das bereitete Oldenlohe noch mehr Zorn, erinnerte es ihn doch daran, dass sie einst Freunde waren. Freunde, die geglaubt hatten, sich der richtigen Sache verschrieben zu haben. Doch die Grausamkeiten des Krieges hatten sie entzweit. Langsam hatte Heinrich erkennen müssen, dass in Giacomos Herz eine Bestie lauerte, die nach Blut dürstete. Zu spät hatte er erkannt, dass diese Bestie auch jene nicht verschonen würde, die seinem Freund am Herzen lag. Wahrscheinlich hatte es dem Lombarden das Anzünden der Kirche noch größere Freude bereitet, da er wusste, dass er damit auch Heinrichs Geliebte in den Tod schickte.
    »Es hätte mich sehr wohl geschert«, entgegnete er. »Keiner dieser Menschen hatte den Tod verdient.«
    Dann erst merkte er, dass seine Worte ins Leere gesprochen waren, denn Giacomo hatte es vorgezogen, sich aus dem Staub zu machen. Der Platz hinter der Säule war leer, und der Waffenmeister verfluchte sich selbst dafür, dass er es nicht bemerkt hatte.
    Feigling, dachte Heinrich Oldenlohe wütend und spie, ungeachtet dessen, dass er sich in einer Kirche befand, auf den Boden. Dann schloss er sich den anderen Kirchgängern an. Wenn der Lombarde hier war, war es besser, er hielt sich in der Nähe des Grafen Katzenburg und seiner Tochter auf.

17. K APITEL
     
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