Die Rebenprinzessin
sollen.«
»Es wird kaum daran gelegen haben, dass Euer Sohn sich dumm angestellt hat, Euer Gnaden«, sagte Giacomo. »Als sie ihn gefangen nahmen, war er in Begleitung eines Mädchens. Eines sehr hübschen Mädchens. Ich glaube sogar, dass es sich um die Tochter des Grafen gehandelt hat.«
Gernot von Bärenwinkel stellte den Becher, nach dem er gegriffen hatte, rasch wieder ab. Einmal halb zu ersticken reichte ihm an diesem Morgen. »Du meinst, er war mit Graf von Katzenburgs Tochter unterwegs?«
Giacomo nickte. »Und nicht nur das. Offenbar wollte er sie entweder entführen oder mit ihr fliehen.«
Es war reiner Zufall gewesen, dass er Zeuge der Jagd geworden war. Eigentlich hatte er gehofft, heute auf den Sohn seines Herrn zu treffen. Zwar hatte Martin sich seit dem ersten Mal nicht wieder blicken lassen, aber der Italiener hatte das darauf geschoben, dass der Junge kein Risiko eingehen wollte.
Da sich der Fährmann wie so oft auf der falschen Seite des Flusses befunden hatte, war Giacomo nichts anderes übrig geblieben, als sich auf den Steg zu setzen und Ausschau nach dem Floß zu halten.
Da hatte er dann alles gesehen.
»Bist du sicher?« Noch immer konnte Gernot von Bärenwinkel nicht glauben, was er da hörte. Immerhin hatte Rudolph von Katzenburg seine Tochter vor einigen Jahren ins Kloster geschickt. Die leise Hoffnung, dass es sich doch um einen anderen Burschen und ein anderes Mädchen gehandelt haben könnte, ward zunichte, als der Spion antwortete: »Ja, ich bin mir ganz sicher. Es war zwar sehr früh am Tag, aber mein Augenlicht hat noch nicht unter meinem Alter gelitten.«
Graf von Bärenwinkel mahlte mit den Zähnen. Es interessierte ihn brennend, was Martin vorgehabt hatte.
»Wir werden nicht auf den unseligen Fährmann warten. Wozu haben wir ein eigenes Floß? Sag dem Hauptmann der Garde Bescheid, dass wir in einer Stunde übersetzen wollen. Ich werde mein Fleisch und Blut nicht diesem Hundsfott überlassen, auch wenn der Junge es für seine Dummheit weiß Gott verdient hat.«
Giacomo verbeugte sich und trat ab.
Graf von Bärenwinkel blickte ihm kurz nach, dann betrachtete er seufzend die Tafel vor sich. Gerade heute hatte er sich auf ein üppiges Frühstück gefreut und hatte eigens dafür geräucherten Aal, Kapaune und andere Köstlichkeiten auftragen lassen. Wozu bin ich am Ende gekommen?, fragte er sich bitter. Ich habe mich an der Grütze verschluckt. Und jetzt ist mir der Appetit vergangen.
Wütend sprang er auf und stürmte nach draußen. Er hatte eigentlich nicht vorgehabt, zu kämpfen, aber wenn Rudolph von Katzenburg Streit wollte, dann sollte er welchen bekommen.
Martin war sicher, dass sein letztes Stündlein geschlagen hatte. Er lag auf einem harten Steinfußboden, der nach Urin und Stroh stank.
Ohne die Augen zu öffnen, vermutete er im ersten Moment, dass sie ihn in den Kerker gebracht hatten. Irgendwo im Raum vernahm er ein leises Fiepen, das wahrscheinlich von einer Ratte stammte.
An den Ritt zur Katzenburg konnte er sich nur noch schemenhaft erinnern. Wegen der vielen Schläge und Tritte, die ihm die Männer des Grafen verpasst hatten, hatte er einen üblen Geschmack nach geronnenem Blut im Mund und bekam die Augen nicht wirklich auf. Auch das Luftholen fiel ihm schwer. Es war, als hätten ihm die Männer mit ihren festen Stiefeln die Rippen gebrochen.
Das Letzte, was er gesehen und gehört hatte, war Heinrich Oldenlohe gewesen. Der Waffenmeister hatte ihn nach seiner Herkunft gefragt, nachdem er den Schlägern gedroht hatte, dass Martins Vater ihnen das Fell über die Ohren ziehen würde, wenn sie weitermachten.
Er wusste nicht einmal, was aus Bella geworden war. Hatte der Fluss sie mitgerissen? Wenn dem so war, beschloss er, sich nicht weiter auf seinen Vater zu berufen, sondern den Grafen gewähren zu lassen. Im Tode würde er seine Geliebte sicher wiedersehen.
Das dumpfe Knirschen von sich nähernden Schritten ertönte. Martin drehte nun doch den schmerzenden Kopf zur Seite und versuchte, die Lider zu heben. Ein Lichtschein durchschnitt die Dunkelheit und beleuchtete kurz eine Gestalt, von der Martin nur die Stiefel, einen Mantelsaum und ein Schwertgehänge erkennen konnte. Wenig später wurde ein Zuber dicht neben seinem Kopf abgestellt. Etwas Wasser schwappte heraus und traf sein Gesicht, woraufhin Martin die Augen wieder zusammenkniff.
»Wie ich sehe, bist du wach«, sagte eine Stimme.
Wenig später wurde er am Kragen hochgezogen, und erst jetzt
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