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Die Rebenprinzessin

Die Rebenprinzessin

Titel: Die Rebenprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Neuendorf
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alles tun, um Euch zufriedenzustellen«, entgegnete er also und zog sich mit einer kleinen Verbeugung zurück.
    Gernot von Bärenwinkel ließ den Blick noch einmal schnell durch den Raum schweifen, so als nehme er an, dass sich Martin noch immer in den Schatten verbergen könnte. Dann wandte auch er sich um.
     
    Nachdem er sich die ganze Nacht über im Wald verborgen hatte, trat Martin an das Ufer der Lahn. Er musste feststellen, dass zwar das Floß, nicht aber der Fährmann da war. Offenbar hatte er ein Gespür dafür entwickelt, wann er gebraucht wurde, denn bei Bedarf war er nie zu erreichen.
    Ist das vielleicht die Rache dafür, dass ich ihm das Seil nicht zurückgebracht habe?, fragte sich Martin und nahm sich vor, Adam Höllerich für das Seil zu entschädigen, sobald er zurück war. Momentan blieb ihm nichts anderes übrig, als sich auf den Hauklotz der Hütte zu setzen und zu warten.
    Ob Vater meine Flucht bereits bemerkt hat?, fragte er sich und blickte hinüber zur Burg Bärenwinkel, deren Turm aus den Nebelschleiern herausragte, die sich über den Wald gelegt hatten.
    Martin machte sich keine Illusionen darüber, dass dies der Fall war. Immerhin hatte sein Vater angekündigt, das Gespräch mit ihm fortsetzen zu wollen. Je nachdem, wie wichtig er seinem Vater war und wie dringend das Ansinnen Roland von Hohensteins war, würde dieser ihn entweder ziehen lassen oder Giacomo nachsenden. Doch halt, dachte er sich, Letzteres ist nicht mehr möglich, denn er hat den Italiener in den Dienst des Fürsten gestellt. Vielleicht schmiedeten die beiden bereits zusammen das Schwert, das Rudolph von Katzenburg den Todesstoß versetzen sollte.
    Nachdem Martin beinahe einen halben Tag gewartet hatte, ohne dass sich die Männer des Grafen gezeigt hätten, wollte er sich schon auf den Weg in eines der Dörfer machen. Vielleicht gab es ja noch eine Möglichkeit, den Fluss zu überqueren. Manche Fischer waren vielleicht ebenfalls bereit, ihn überzusetzen.
    Aber im nächsten Augenblick zeigte sich, dass das nicht mehr nötig war, denn Adam Höllerich trat aus dem Gebüsch.
    »Na, mein Junge, was hat dich auf diese Seite des Flusses verschlagen?«, fragte er und hätte Martin damit beinahe zu Tode erschreckt. »Ich habe dich doch erst vor kurzem noch am anderen Ufer gesehen.«
    Der Junge blieb überrascht stehen. Er hatte versucht, sich dem Fährmann leise zu nähern, bis vor wenigen Augenblicken war er sich sogar noch nicht einmal sicher gewesen, ob er es wagen sollte, den Mann anzusprechen. Immerhin hatte er ihm das geliehene Seil noch nicht zurückgegeben.
    »Mein Vater hat mich hergeholt«, antwortete er. »Mit seinem eigenen Floß.«
    Adam wandte sich langsam um und musterte den Jungen mit seinem verbliebenen Auge aufmerksam. Wahrscheinlich dachte er sich seinen Teil, als er die feineren Kleider bemerkte. »Dann hast du es wohl doch nicht so mit dem Arbeiten gehabt, wie?«
    »Das schon. Allerdings haben mich widrige Umstände dazu gezwungen, die Katzenburg wieder zu verlassen.«
    »Soso, widrige Umstände.« Der Fährmann erhob sich.
    Martin rechnete damit, dass Adam ihn nach seinem Namen fragen oder ihm eröffnen würde, dass er wusste, wer er war.
    Doch Adam Höllerich blieb sich auch in diesem Augenblick treu. »Ich nehme an, du willst wieder hinüber.«
    Martin nickte.
    »Hab ich es mir doch gedacht. Aber ich warne dich, Bursche. Wer auch immer dir die widrigen Umstände verschafft hat, wird auch diesmal versuchen, dir das Leben schwerzumachen.«
    »Dessen bin ich mir bewusst. Trotzdem fürchte ich mich nicht. Im Gegenteil. Ich weiß jetzt, warum ich wirklich da rübergehe, und niemand wird mich aufhalten.«
    Der Fährmann blickte den Jungen lange an, als könnte er dessen Gedanken hinter seiner Stirn ausmachen.
    »Also gut, dann schwing dich aufs Floß. Uns bleibt nicht mehr viel Zeit, bis es dunkel wird, bis dahin sollten wir drüben sein.« Mit diesen Worten stieg er wie damals auf die Fähre, löste das Tau und griff nach der Stake.
    Martin hockte sich auf die schweren Bohlen, und wenig später ging die Reise los.
    Die Lahn war an diesem Abend ruhig, und die Wellen zogen gleichmütig unter ihnen dahin. Es schien, als hätte sich die Schwermut des Tages auch auf den Fluss gesenkt und ihn verlangsamt.
    Der Bursche beobachtete den Fährmann, der mit kraftvollen Bewegungen das Floß voranbrachte. Seine Augenklappe war etwas verrutscht, so dass er um die Augenhöhle herum narbiges Gewebe erkennen konnte. Die Zeit hatte

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