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Die Rebenprinzessin

Die Rebenprinzessin

Titel: Die Rebenprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Neuendorf
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Welt.«
    Martin konnte ihm durchaus nachfühlen. So war es ihm auch ergangen, wenn er mit Bella zusammen war.
    »Was geschah dann?«
    »Eines Tages hat mich ein missgünstiger Kamerad verraten, der uns beobachtet hatte. Man nahm mich gefangen und legte mich in Ketten, und schon am nächsten Tag sollte ich hingerichtet werden. Die Tochter des Kommandanten setzte sich jedoch für mich ein und bestand sogar darauf, nachzuweisen, dass sie noch Jungfrau war. Das war sie in der Tat, denn uns beiden war klar, was passieren würde, wenn sie ein Kind von mir empfinge. Ich weiß bis heute nicht, wie es ihr gelungen ist, ihren Vater umzustimmen, doch das Urteil wurde geändert. Vielleicht weil ich ein guter Kämpfer war, sollte ich wegen des Vergehens, ein Auge auf die Tochter des Kommandanten geworfen zu haben, das linke Auge ausgestochen bekommen. Das Urteil wurde mit einem glühenden Säbel vollstreckt.«
    Der Fährmann verstummte.
    Martin, der so gespannt zugehört hatte, dass er gar nicht mitbekommen hatte, wie nahe sie mittlerweile dem Ufer waren, erschrak zutiefst, als das Floß mit einem dumpfen Geräusch gegen die Anlegestelle schlug. Ein harter Ruck ging durch die Bohlen, danach schaukelten sie nur noch sanft im Wellengang.
    Der Fährmann vertäute das Floß und ging an Land. Offenbar erwartete er nicht, dass sich Martin zu seiner Geschichte äußerte.
    Der Bursche blieb noch einen Moment lang an seinem Platz und blickte dann zu den Bergen auf, die sich hinter ihm erhoben. Der Bergfried der Katzenburg versteckte sich unter Dunst und war bestenfalls zu erahnen. »Was ist dann geschehen?«, fragte er schließlich, als er sich aufrichtete und ebenfalls vom Floß herunterstieg.
    »Bist du noch immer nicht zufrieden?«, murrte Adam, der schon auf dem Weg zu seiner Behausung war. Seltsamerweise hatte er Martin noch immer kein Geld abverlangt.
    »Ich würde nur gern wissen, was danach geschehen ist. Etwa mit der Frau. Und was dich hierher verschlagen hat.«
    Martin musterte Höllerichs breiten Rücken und sein Haar. Seit 1396 waren einundvierzig Jahre ins Land gegangen. Wenn Adam bei seinem Fortlaufen noch ein junger Bursche gewesen war, musste er den fünfzigsten Lenz bereits weit überschritten haben. Vielleicht stand er gar in seinem sechzigsten. Und all die Zeit über hatte er nichts anderes getan, als Menschen über den Fluss zu befördern.
    »Meinst du nicht, dass du damit bis zur nächsten Überfahrt warten solltest?«
    »Ich weiß nicht, ob ich den Fluss jemals wieder überqueren werde«, entgegnete Martin. »Wenn ich meine Liebste erst befreit habe, werde ich mit ihr fortgehen. Vielleicht nach Italien.«
    »Bis nach Italien ist es ein gutes Stück Weg, vielleicht brauchst du unterwegs eine Geschichte, die du deinem Mädchen erzählen kannst. Also gut, dann sollst du jetzt auch den Rest erfahren«, sagte er und begann zu erzählen.

23. K APITEL
     
    Zwei Tage später preschte die Kutsche des Grafen Katzenburg mit lautem Getöse auf den Klosterhof von Bärbach. Das Geräusch weckte die Neugier der Schwestern, und nur wenige Augenblicke später kamen sie nach draußen gelaufen.
    Allen voran Sunna und Adelheid, die von der Küche aus den besten Blick auf den Platz hatten. Ein undurchdringliches Stimmengewirr umhüllte sie.
    »Seid Ihr bereit, gnädiges Fräulein?«, fragte Heinrich Oldenlohe.
    Bella nickte. »Selbstverständlich, Heinrich.«
    Der Bote öffnete die Tür, und nachdem er ausgestiegen war, reichte er ihr die Hand.
    Das Raunen wurde lauter, als die Schwestern Bella erkannten. Sogleich steckten einige von ihnen tuschelnd die Köpfe zusammen. Bella versuchte, Anna unter ihnen auszumachen, und nach einer Weile fand sie sie und las aus ihrem Blick die Frage, was passiert sei.
    »Bei allen Heiligen, was steht ihr hier rum?«, peitschte eine Stimme über die Köpfe der Anwesenden hinweg. Mit wehendem Schleier eilte die Mutter Oberin zu ihnen, worauf sich die Menge augenblicklich teilte.
    Die ersten Nonnen begaben sich sogleich wieder zum Weinkeller oder ins Skriptorium zurück, andere, darunter auch Anna, hielt die Neugier noch zurück.
    »Los, wieder an die Arbeit! Oder wollt ihr Christus durch euren Müßiggang verärgern?«, rief die Äbtissin.
    Da trollten sich auch die anderen Frauen.
    Bella stand wie erstarrt neben dem Waffenmeister, denn die Blicke der Schwestern hatten sie wie Geißeln getroffen. Nicht einmal das Mitleid, das in Annas Augen aufgeflammt war, hatte den Eindruck lindern können.
    Die

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