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Die Rebenprinzessin

Die Rebenprinzessin

Titel: Die Rebenprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Neuendorf
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zahlreiche Arbeiten im Weinberg zu erledigen, damit im nächsten Jahr neuer Wein wachsen konnte.
    Obwohl der Winterschnitt noch nicht an der Reihe war, hieß die Mutter Oberin die Nonnen, die überschüssigen Triebe abzuschneiden. Das betraf vor allem die Geiztriebe, die im Sommer zu sehr ins Kraut geschossen waren.
    Zusammen mit Anna und zwei anderen Schwestern war Bella für diese Arbeit ausgewählt. Alle hüllten sich in dicke Mäntel und strömten in den Weinberg. Weißer Nebel waberte über das Gelände und fing sich in den umstehenden Bäumen. Der Boden unter ihren Füßen war von Regenfällen aufgeweicht.
    »Schneidet die Rebstöcke sorgfältig aus. Und dass ihr ja kein gutes Holz wegnehmt.«
    Die Frauen nickten einhellig, dann machten sie sich an die Arbeit.
    Auch Bella trat vor einen Rebstock und zückte ihr Messer. Während sie die überschüssigen Triebe abschnitt, hörte sie über sich die Krähen krächzen. Es klang, als seien sie Boten, denn die Vögel stießen nur dann ihre rauen Töne aus, wenn sie über ihr kreisten.
    Oder sie beweinen mein Leid, dachte sie bitter und setzte das Messer erneut an. Wieder kam ihr in den Sinn, wie sie an gleicher Stelle Reben gelesen hatte und so ahnungslos gewesen war von allem, was auf sie zukommen würde. Jetzt wusste sie es besser, und sie wünschte insgeheim, dass Heinrich Oldenlohe nie mit der Nachricht hier angekommen wäre.
    Dann hättest du auch nicht Martin kennengelernt, wisperte ihr eine kleine Stimme zu, doch Bellas Antwort darauf war ernüchternd: Dann hätte ich all das Leid auch nicht erfahren.
    Als sie bei Einbruch der Dämmerung ins Kloster zurückkehrte, waren ihre Füße und Hände steif vor Kälte.
    In der Küche saß Bella zitternd vor ihrer Schüssel mit Grütze. Trotz der schweren Arbeit hatte sie keinen Appetit. Die Schwestern musterten sie fragend und neugierig, Bella konnte ihre Blicke wie Nadelstiche fühlen. Doch sie sah nicht auf und hoffte nur, dass keine von ihnen eine Frage stellte.
     
    Martin erreichte das Dorf, in dessen Nähe sich das Kloster befinden sollte, am Nachmittag. Seine Füße und sein Rücken schmerzten von dem langen Fußmarsch, und das Geräusch eines Schmiedehammers in der Ferne erweckte in ihm den sehnlichen Wunsch, ein Pferd zu haben.
    Aber immerhin hatte er eine Ortschaft erreicht. Eine Ortschaft, in der er nach dem weiteren Weg fragen konnte und vielleicht etwas zu essen bekam. In den vergangenen Tagen hatte er sich damit beholfen, Kaninchen zu jagen und nach essbaren Wurzeln zu suchen. Einem Bauern hatte er einen Kohlkopf und ein paar Rüben stibitzt, und von einem Apfelbaum pflückte er jene Äpfel, die eigentlich verbleiben sollten, um den Ertrag des nächsten Jahres zu sichern.
    Satt gemacht hatte ihn das alles nicht, und auch jetzt knurrte ihn sein Magen wie ein hungriger Wolf an. Das wurde noch schlimmer, als ihm aus einer der Behausungen der Geruch von Eintopf in die Nase stieg.
    Martin war bereits gewillt, dort zu fragen, als er die Schenke des Ortes bemerkte. Ein paar Reiter machten gerade halt, und der katzbuckelnde Wirt nahm sie in Empfang. Sogleich überkam ihn die Ernüchterung. Geld hatte er keines mehr. Bei seiner Flucht aus der väterlichen Burg hatte er nur daran gedacht, wie er am besten zu Bella gelangen konnte. Er hatte nicht damit gerechnet, dass sie nicht mehr auf der Katzenburg war.
    »He, was ist mit dir, Junge?«, ertönte neben ihm eine Frauenstimme. »Stehst die ganze Zeit rum, als wüsstest du nicht, wo du hin sollst.«
    Als er sich umwandte, blickte er in das Gesicht einer recht beleibten Frau, unter deren Haube rote Locken hervorquollen. Sie war nicht hässlich, doch der enorme Busen, den sie unter ihrem groben roten Kleid vor sich hertrug, flößte Martin Respekt ein.
    »Ich wollte nur …«, setzte er zu einer Antwort an, doch das Knurren seines Magens beendete den Satz.
    »Ah, du hast Hunger.« Martin konnte nichts anderes tun als nicken.
    »Dann komm rein. Anna wird sich um dich kümmern.«
    Das beste Gefühl hatte Martin nicht, als er der seltsamen Anna zur Haustür folgte. Aber wenn er nicht bald etwas Anständiges zu beißen bekam, schaffte er es niemals bis zum Kloster.
    Im Haus strömte ihm der Geruch von Grütze und Hammelfleisch entgegen. Dass sie sich unter der Woche Fleisch leisten konnte, deutete darauf hin, dass es ihr gutging. Hatte sie vielleicht einen wohlhabenden Mann – oder einen Galan, der für ihr Wohlbefinden sorgte?
    Der Raum, den er betrat, war eine Mischung

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