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Die Rebenprinzessin

Die Rebenprinzessin

Titel: Die Rebenprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Neuendorf
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der eine kleine Fähre betrieb. Adam Höllerich war sein Name, und nicht wenige Menschen hätten geschworen, dass er den Tiefen des Teufelsreiches entsprungen war.
    Martin entdeckte den Fährmann vor der Anlegestelle. Sein rotes Haar, das stets wie die Abendsonne geleuchtet hatte, war inzwischen von breiten silbernen Strähnen durchzogen, die wie Asche auf erkaltender Glut wirkten. Er mochte vielleicht in die Jahre gekommen sein, sein Rücken war jedoch breit wie immer, und auch seine Arme schienen noch nichts von ihrer Kraft verloren zu haben. In der Hand hielt er ein Messer mit gewellter Klinge, das er dazu benutzte, die Rinde von einem Holzstock zu schälen. Dieses Messer wirkte irgendwie fremdartig, so als entstammte es einem anderen Teil der Welt.
    »Gott zum Gruße!«, sagte der junge Mann, als er neben den Fährmann trat.
    Adam hielt mitten in der Bewegung inne, hob langsam seinen Kopf und musterte den vor ihm Stehenden mit seinem verbliebenen rechten Auge, das die Farbe des bleichen Winterhimmels hatte. In seinem ebenfalls verblichenen Bart klebten noch Reste seiner letzten Mahlzeit, die erzitterten, als er antwortete: »Gott zum Gruße, mein Junge! Willst du übersetzen?«
    »Das will ich!«, entgegnete Martin und holte aus der Tasche, die ihm Giacomo gegeben hatte, einige Münzen.
    Adam zog die buschigen Augenbrauen hoch, während er sich das Geld besah.
    »Woher hast du diese Silberlinge, mein Junge?«
    Martin konnte die Verwunderung des Mannes verstehen, denn sein Vater hatte ihm keine Zeit gelassen, die Kleider zu wechseln. In den Lumpen, die er trug, musste er dem Fährmann wie ein Bettler anmuten.
    »Von meinem Vater«, antwortete er und fragte sich gleichzeitig, ob Adam wohl erkannte, dass er der Sohn des Grafen war.
    »Dein Vater muss ein wohlhabender Mann sein, wenn er dir solch ein Weggeld mitgeben kann.«
    Martin ärgerte sich, dass Adam Höllerich ihn offenbar durchschaute. Aber hätte er denn behaupten sollen, dass er die Silberlinge gestohlen hatte? Oder war das gar der erste Gedanke des Fährmanns gewesen?
    »Vielleicht«, antwortete er. »Aber das tut doch nichts zur Sache, oder? Ihr bringt mich über den Fluss, ich bezahle Euch. Damit sollte es getan sein.«
    Adam nickte zustimmend, doch sein Blick blieb weiterhin prüfend. »Das sollte es. Wäre ich dein Vater, hätte ich, bevor ich dich losschickte, erst einmal ein paar neue Gewänder an deinen Leib gebracht.«
    »Die werde ich mir schon besorgen, wenn ich drüben bin«, gab Martin zurück.
    Der Fährmann brummte daraufhin etwas Unverständliches und erhob sich. Obwohl Martin schon nicht klein war, überragte Adam ihn noch um Haupteslänge.
    Er ging zu dem Pfahl, an dem die Fähre vertäut war, und machte sich an dem dicken Seil zu schaffen.
    »Na, was ist, Bursche?«, rief er ihm zu. »Willst du nun oder nicht?«
    Martin beeilte sich, auf das Floß zu kommen. Die dicken Bohlen waren vom Algenbewuchs und mitgerissenen Flusspflanzen ganz grün und rutschig. Zusammengehalten wurden sie von starken Seilen, die die Ausmaße von Adams Unterarmen hatten.
    Der Fährmann löste das Tau vollends und begab sich mit einem beherzten Sprung ebenfalls auf das Floß. Dann griff er nach der langen Stake und stieß die Fähre vom Ufer ab.
    Die Strömung der Lahn trug die beiden hinaus auf die Mitte des Flusses, von wo aus Martin einen guten Blick auf die Burg seines Vaters hatte.
    Die letzten Sonnenstrahlen spiegelten sich in den Butzenscheiben des Turms. Das Licht schien die roten Ziegel ringsherum zu entzünden, so dass sie die Farbe des herbstlichen Weinlaubs annahmen. Schon bald würde der Weinberg im gleichen Farbton leuchten, weshalb man von weitem nur am Turm erkennen konnte, was Gemäuer und was Rebstöcke waren.
    »Wohin soll es denn gehen, wenn du drüben bist?«, richtete Adam das Wort an ihn, ohne den Blick vom Fluss abzuwenden. Obwohl die Strömung hier nicht besonders tückisch und der Fluss nicht tief war, musste der Fährmann achtgeben, wohin es sein Floß trieb.
    »Ich will mir eine Anstellung suchen«, entgegnete Martin und wandte den Blick von der Burg ab. »Als Weinpflücker.«
    »Warum wollt Ihr da hinüber zur Katzenburg? Hatte man auf Schloss Bärenwinkel keine Verwendung für Euch? Wie man sehen kann, hat auch der Graf von Bärenwinkel einen prächtigen Weinberg.«
    Ein bitteres Lächeln überzog das Gesicht des Burschen. Ein Weinberg, der ihm nicht reicht, ging es ihm durch den Sinn, als er antwortete: »Nein, leider nicht. Daher

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