Die Rebenprinzessin
und tastete mit zitternden Fingern nach dem Weinbecher. Rudolph von Katzenburg brauchte ebenfalls eine Weile, um sich wieder zu fangen. Doch schon bald vertiefte sich die Zornesfalte an seiner Stirn.
Bella kannte diese Regung nur zu gut, aber diesmal wollte sie nicht zurückweichen.
Unvermittelt sprang der Graf auf und kam drohend auf seine Tochter zu. Nur schwerlich schien er sich zu beherrschen, sie nicht gleich vor seinem Gast zurechtzuweisen. Er packte sie am Arm und zerrte sie mit sich nach draußen.
Ein paar Mägde, die gerade den Gang entlangeilten, blickten die beiden zunächst verwundert an, dann gingen sie mit gesenktem Kopf schnell weiter, so als hätten sie nichts gesehen.
Katzenburg zog seine Tochter mit sich in eine Nische des Ganges. Sein Gesicht war immer noch hochrot, und sein Atem ging schwer. »Was soll das Theater?«, fuhr er Bella schließlich an, während sich seine Finger schmerzvoll in ihren Oberarm gruben.
»Du tust mir weh!«, stöhnte sie auf und versuchte, sich ihm zu entziehen. Vergeblich. Seine Hand war wie eine eiserne Klaue.
»Ich sollte dich eigentlich züchtigen für dein Verhalten! Hast du eine Vorstellung davon, wie lächerlich du mich gerade vor Uhlenfels gemacht hast?«
»Ich habe ihm nur gezeigt, was ich von der Werbung seines Herrn halte!«, gab Bella trotzig zurück.
»Du hast kein Recht dazu, unseren Gast zu beleidigen!«
»Ich habe niemanden beleidigt!«
»Du hast auch kein Recht, meine Heiratspläne in Frage zu stellen. Fürst von Hohenstein ist ein Günstling des Königs, von ihm könnte es abhängen, ob unsere Familie weiter im Ansehen steigt.«
»Seit wann legst du Wert darauf, welches Ansehen unsere Familie beim König hat?«, gab Bella wütend zurück.
»Das Ansehen beim König ist wichtig für unsere Familie!«, donnerte der Graf nun, dass es nur so von den Wänden widerhallte. Wahrscheinlich konnte es selbst der Herr Uhlenfels vernehmen.
»Die Verbindung zwischen unserem Haus und dem der Familie von Hohenstein wird unsere Zukunft über Generationen hinweg sichern.«
Bella schüttelte ungläubig den Kopf. Den schmerzhaften Griff spürte sie beinahe nicht mehr, so sehr tobte die Entrüstung in ihrem Inneren. »Du hast immer gesagt, dass der Wein unsere Zukunft sichern wird, Vater! Nie haben wir uns von der Gunst des Königs oder seiner Vertrauten abhängig gemacht. Woher dieser Sinneswandel?«
Vorsicht, schien ihr eine kleine Stimme zuzuraunen, doch Bella ignorierte sie, als sie fortfuhr.
»Sag, kannst du meinen Anblick so schlecht ertragen, dass du mich fortschickst, anstatt mir die Verantwortung für den Wein zu übertragen? Glaubst du wirklich, dass Hohenfels sich für den Weinberg interessieren wird? Oder wartest du gar auf einen Enkel, der diese Pflicht übernehmen soll? Was willst du tun, wenn ich keine Kinder bekommen kann? Wirst du dann einem Fremden den Weinberg geben anstatt deinem eigenen Fleisch und Blut?« Bella holte tief Luft. Die Worte waren wie eine Quelle, die lange hinter Steinen verborgen gewesen war und sich nun endlich Bahn brechen konnte, aus ihr hervorgesprudelt.
Der Graf starrte seine Tochter mit flammenden Augen an, dann ließ er sie los. Die Stelle, an der sich seine Finger in ihre Haut gegraben hatten, begann zu pochen.
Bellas Herz flatterte wie ein Vogel, der sich danach sehnte, seinem Käfig zu entfliehen. Für einen kurzen Moment meinte sie, dass sich sein Blick erweichen würde, und ein Funken Hoffnung, er könne doch von seinem Vorhaben ablassen, keimte in ihr auf.
Doch dieser Funken verlosch jäh, als ihr Vater sagte: »Geh in dein Gemach, säubere dich und zieh dich um. Noch einmal erscheinst du nicht in diesem Aufzug vor unserem Gast!« Damit wandte er sich ab und kehrte in den Speisesaal zurück.
Als Bella ihm nachsah, traten ihr Tränen in die Augen. Offenbar war in der Nacht vor acht Jahren nicht nur ihre Mutter gestorben, sondern ihr Vater gleich mit ihr. Jemand, der so hart entscheiden konnte, war gewiss nichts weiter als eine leere Hülle.
Nachdem Martin während der gesamten Mittagsmahlzeit vergeblich Ausschau nach dem Mädchen mit dem hellbraunen Haar gehalten hatte, erhob er sich noch vor den anderen vom Tisch. Die Gehilfen waren darüber verwundert, doch Martin erklärte ihnen kurzerhand, dass er schließlich die schmutzigsten Fässer bekommen habe und sich vor der Arbeit nicht drücken wolle.
Auf dem Weg zur Werkstatt ließ er den Blick erneut zu der kleinen Hütte schweifen, in der die Schöne
Weitere Kostenlose Bücher