Die Rebenprinzessin
Bechers herunter, als sei es Wasser. Ein Frevel in ihren Augen, denn in den Wein war so viel Mühe und Liebe gesteckt worden, dass er viel zu schade war, im Schlund eines solchen Menschen zu verschwinden. Auch Roland von Hohenstein war sicher nicht würdig genug.
Während der Zorn in ihr tobte, blickte sie hinüber zu ihrem Vater, der es tunlichst vermied, sie anzusehen. Munter plauderte er mit seinem Gast und tat so, als sei sie Luft. Bella nahm einen weiteren Schluck. Wenn ich ihn schon nicht mit meinem Aussehen abschrecken kann, dann vielleicht mit meiner Zunge, ging es ihr durch den Kopf.
»Wenn ich mir eine Frage erlauben darf«, mischte sie sich nun in das Gespräch ein und beobachtete dabei ihren Vater, der augenblicklich unruhig zu werden schien.
Er weiß offenbar, was er von mir erwarten kann.
»Selbstverständlich, gnädiges Fräulein«, entgegnete der Heiratswerber.
Bella setzte ihr süßestes Lächeln auf, dann fragte sie: »Wie hält es der Herr von Hohenstein eigentlich mit dem Weinbau? Ist er ihm zugetan? Hat er vielleicht Kenntnisse darüber? Die wird er nämlich brauchen, wenn er mein Gemahl werden will.«
Hans von Uhlenfels schnappte überrascht nach Luft.
Hab ich es mir doch gedacht, ging es Bella durch den Kopf, während sie ein zufriedenes Lächeln unterdrückte.
»Nun denn, mein Herr ist natürlich nicht so bewandert wie Euer Vater, was den Weinbau angeht. Aber er hat viele andere Talente.«
Bella zog in gespielter Unschuld die Augenbrauen hoch. »So, welche Talente wären das? Ihr müsst wissen, dass ich so viel wie möglich über meinen zukünftigen Gatten erfahren möchte. Immerhin hängt davon die Entscheidung ab, ob ich ihm vor dem Altar auch wirklich das Jawort gebe.«
Auch wenn sie Hans von Uhlenfels direkt ansah, wusste sie, dass der Blick ihres Vaters wirkte, als wollte er jeden Augenblick mit der Faust auf den Tisch schlagen. Aber er tat es nicht.
Der Heiratswerber rang verzweifelt nach Worten. Wahrscheinlich war ihm noch nie eine Frau untergekommen, die angesichts eines so hohen Herrn in Erwägung zog, nein zu sagen.
»Mein Herr ist ein geschickter Jäger, und er ist auch den Geistesdingen zugetan. Außerdem ist er ein furchtloser Schwertkämpfer und genießt vor allen Dingen die Gunst des Königs.«
»Und womit füllt er seine Schatzkammern?«, fragte sie weiter und fand Gefallen daran, den Heiratswerber mit Fragen zu bedrängen, die gewiss keine stille und folgsame Braut stellen würde. »Ausschließlich von den Zehnten seiner Untertanen und der Gunst des Königs oder hat er auch andere Einnahmequellen?«
Wie erwartet war der Heiratswerber sprachlos, was ein zufriedenes Lächeln auf Bellas Gesicht zauberte.
»Ich glaube, ich sollte mich vielleicht doch besser überraschen lassen«, sagte sie schließlich, denn sie war der Meinung, dass sie den armen Mann schon genug gequält hatte.
Hans von Uhlenfels setzte ein beinahe schon dankbares Lächeln auf und fügte hinzu: »Dazu werdet Ihr sicher bald Gelegenheit haben, gnädiges Fräulein. Der Herr von Hohenstein wird, so Gott will, bereits morgen hier eintreffen und Euch seine Aufwartung machen.«
Bella versuchte zu verbergen, dass sie nun ihrerseits überrascht war. »Morgen?«
Als sie aus dem Augenwinkel zu ihrem Vater hinüberblickte, erwartete sie fast, dass ein hämischer Zug auf sein Gesicht treten würde, doch er griff nur gleichgültig, als sei die Nachricht nicht für ihn bestimmt, nach seinem Weinbecher und trank.
»Ja, schon morgen«, bekräftigte Hans von Uhlenfels und gewann nun wieder etwas an Sicherheit. »Seine Gnaden hat mich zwar als seinen Herold vorausgeschickt, aber er wollte es sich nicht nehmen lassen, die Frau, die er zu freien gedenkt, selbst in Augenschein zu nehmen, und zwar umgehend.«
Bella setzte ein gezwungenes Lächeln auf und griff ebenfalls nach ihrem Pokal. Ihre Hand zitterte leicht, was ihrem Gegenüber sicher nicht entging. Dies ärgerte sie zutiefst.
Während ihr Vater sich nun wieder in das Gespräch einmischte und es schließlich übernahm, richtete Bella den Blick auf das Fenster. Die dicht bewachsenen Ufer des Flusses leuchteten sattgrün im Sonnenlicht, ein paar Tauben flatterten über dem Wasser, und in der Ferne konnte sie die Burg des Grafen von Bärenwinkel ausmachen, des alten Rivalen ihres Vaters.
Ob die Feindschaft zwischen ihnen immer noch besteht?, fragte sie sich und gab sich sogleich die Antwort: Gewiss, denn mein Vater ist so stur wie eh und je. Deshalb wird er
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