Die Rebenprinzessin
Hochzeit das Leibhuhn entrichten musste, würde sie doch ihren Bräutigam wählen können.
»Gibt es Neuigkeiten vom Königshof?«, fragte Rudolph von Katzenburg, während er seinen Becher an die Lippen hob. Im Gegensatz zu Roland von Hohenstein schenkte er seinen Bediensteten ebenso wenig einen Blick wie seiner Tochter.
»Um den König steht es in der Tat nicht gut, daher ruhen alle Hoffnungen auf Herzog Albrecht. Zu Recht, wie ich finde.«
Während er sprach, wanderte der Blick des Fürsten erneut zu Oda. Die Magd hielt den Kopf meist gesenkt, aber hin und wieder beobachtete Bella, wie sie aufsah und ihre Blicke sich mit denen Roland von Hohensteins trafen.
Plötzlich ließ er seine Zunge zwischen seine Lippen schnellen, als wollte er einen Tropfen kostbaren Weins auflecken.
Dieser Anblick ließ Bella angewidert erschaudern, und nur zu gern hätte sie das Mädchen fortgeschickt, denn selbst sie erkannte, was der Fürst im Sinn hatte. Aber sie hatte an dieser Tafel nichts zu sagen. Ja mittlerweile hatte sie sogar den Eindruck, dass sie unsichtbar geworden war.
»Man sagt, dass Ihr mit dem Herzog gut steht. Habt Ihr Ambitionen in der Politik?«
Roland von Hohenstein grinste noch immer. »Natürlich, welcher Mann hat die nicht? Allerdings bedarf es dazu einer Menge Gold und der Unterstützung seitens einflussreicher Männer. Vielleicht werdet Ihr ja dazugehören, wenn ich Eure Tochter zum Weib nehme.«
Die Worte ließen Bellas Herz rasen. Wie es sich anhörte, war die Sache wohl schon beschlossen. Roland von Hohenstein war nur noch hier, um sich einen letzten Eindruck zu verschaffen, bevor er die Vereinbarung mit ihrem Vater einging. Anklagend blickte sie hinüber zu dem Grafen, doch der gab vor, mit der Betrachtung seines Weinbechers beschäftigt zu sein.
Hans von Uhlenfels, der neben ihm saß und bisher den Mund gehalten hatte, fügte nun hinzu: »Eine Allianz zwischen Euren beiden Häusern wäre, wenn ich das mal so sagen darf, äußerst gewinnbringend für beide Seiten. Ihr, mein lieber Graf, würdet an Ansehen gewinnen, und Ihr, Euer Gnaden, würdet zu Eurem Besitz ein wunderbares Erblehen erhalten. Mit dem besten Wein, den es in der Gegend gibt.«
Übelkeit überkam Bella bei diesen Worten.
Ein Erblehen! Das bedeutete, dass ihr Vater seinen Schwiegersohn zu seinem Erben erklären würde. Er zog diesen schmierigen Fürsten, der den Mägden unverhohlen auf den Busen gaffte, seinem eigenen Fleisch und Blut vor! Offenbar gewinnt hier jeder an der Tafel, nur ich nicht, dachte sie bitter und stürzte entgegen ihrer Gewohnheit den Wein wie Wasser hinunter und verlangte obendrein von Oda, dass sie nachschenken sollte.
Als ihr Vater es bemerkte, warf er ihr einen tadelnden Blick zu – wie so oft, seit sie hier angekommen war –, doch Bella war es egal. Sollte der Fürst von Hohenstein ruhig glauben, sie sei der Trunksucht verfallen. Wenn erst einmal die Wirkung des Weins einsetzte, würde sie für ein paar Stunden vergessen können, was hier gesprochen wurde – und dass ihr Vater im Begriff war, ihr eines der liebsten Dinge zu nehmen, die sie hatte.
Als Martin sicher war, dass niemand sein Fehlen bemerken würde, schlich er sich hinaus zum Weinberg.
In den Fenstern der Burg brannte noch Licht, wahrscheinlich tafelte der Graf nach wie vor mit seinen Gästen. Der Kellermeister hatte sicher alle Hände voll zu tun, dasselbe galt für die anderen Bediensteten. Welche Gelegenheit wäre besser geeignet, um den ersten Schritt zu tun?
Diesmal bedachte Martin, die Pforte mit einem Stein daran zu hindern, wieder ins Schloss zu fallen. Adam Höllerichs Seil hatte er in der Scheune versteckt. Wann sich die Gelegenheit ergab, es dem Fährmann zurückzubringen, wusste er noch nicht. Die Weinstöcke wogten sanft im Nachtwind, und das Rascheln der Blätter klang wie Frauenstimmen, die sich Geheimnisse zuwisperten.
Im Mondlicht fiel es Martin schwer, die neuen Weinstöcke ausfindig zu machen. Zwischendurch schloss er immer mal wieder die Augen und versuchte sich an den Weg zu erinnern, den er mit Bella gegangen war. Dabei fielen ihm aber noch ganz andere Eindrücke ein. Plötzlich meinte er wieder, ihren süßen Duft in der Nase zu haben, und ihr Lächeln schob sich vor den Anblick der Weinstöcke.
Wenn er schon an ein Mädchen denken musste, hätte er vielleicht an Rosalina denken sollen. Doch Bella bemächtigte sich seiner Gedanken immer mehr. Schuld daran war auch der Kuss, den sie ihm gegeben hatte. Die
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