Die Rebenprinzessin
die Wärme ihrer Haut zu spüren und ihre seidigen Lippen.
Das Wispern des Mädchens, das ganz und gar nicht zu der Vorstellung von seiner schönen Wirtstochter passte, riss ihn aus seiner erregenden Vorstellung fort.
»Bitte seid vorsichtig«, mahnte das Mädchen den Fürsten, doch offenbar hörte dieser nicht hin.
Während seine Beinkleider zu Boden fielen, stieß er mit einem harten Ruck zu und begann sich in ihr zu bewegen.
Martin wich zurück. Er konnte sich denken, wie diese Begegnung ausgehen würde. Wenn das Mädchen Glück hatte, hielt Roland von Hohenstein sein Versprechen. Doch wahrscheinlicher war es, dass er sie schwängerte und sie dann in Schande fortgejagt wurde.
Das Stöhnen und Keuchen der beiden folgte dem jungen Mann, doch er wollte es nicht mehr länger hören. »Einen schönen Bräutigam habt Ihr da für Eure Tochter ausgesucht, Graf«, murmelte er leise, als er seiner Unterkunft zustrebte. »Noch während er um ihre Hand wirbt, hurt er schon mit den Mägden.«
Kopfschüttelnd zog er die Pforte auf und verschwand dann in der Dunkelheit. Ein seltsamer Zorn tobte in seinem Inneren. Was geht es mich an?, fragte er sich. Ich kann es ja doch nicht verhindern.
Dann erkannte er, dass es ihm nicht egal war, welchen Bräutigam Bella bekam. Sie darf diesen Mistkerl nicht heiraten, schien ihm eine kleine Stimme zuzurufen. Hat der Graf denn keine Augen im Kopf? Merkt er nicht, dass er seine Erbin an einen Hurenbock verhökert?
Nachdem Martin auf dem Dachboden durch die Reihen der Schlafenden geschlichen war, legte er sich auf seinen Platz und schaute zur Decke hinauf. Mondlicht fiel durch ein paar morsche Schindeln, und ringsherum ertönte vereinzeltes Schnarchen. Janosch wälzte sich auf seinem Strohsack hin und her und trat zwischendurch mit den Beinen aus, doch Martin wusste mittlerweile, dass den Polen nur die Feuerglocke aus dem Schlaf reißen konnte.
Er verdrängte die Geräusche so gut es ging, und nachdem er noch kurz an Bella gedacht hatte, die er mit dem Ableger ebenso verriet wie ihren Vater, fielen ihm die Augen zu.
In dieser Nacht schlichen sich seltsame Bilder in Bellas Schlaf. Sie träumte von einem See, der von Buschwerk umgeben war. Aus irgendeinem Grund wollte sie sich verstecken, denn eine warnende Stimme dröhnte durch ihren Kopf. Er wird dich kriegen, wenn du nicht verschwindest. Doch so sehr sie sich auch anstrengte, sie kam nicht voran.
Den Grund erkannte sie nur wenig später: Ihre Beine waren zu kurz, denn ihr Körper war nunmehr der eines Kindes von etwa sieben Jahren. Sie steckte in einem grünen Kleid, und das Haar fiel ihr offen und in feinen Wellen über die Schultern. Verwundert betrachtete sie ihre kleinen Hände, an denen Schmutz klebte. Offenbar war sie schon ein Weilchen in der Wildnis unterwegs.
Plötzlich raschelte es hinter ihr im Gebüsch. Bella wirbelte panisch herum und entdeckte wenig später einen Jungen, dessen Gesicht ihr irgendwie bekannt vorkam. Es war von einem dunklen Haarschopf gekrönt, und die Augen des Jungen leuchteten wie zwei Kiesel, die im Regenguss nass geworden waren. War er der Häscher, vor dem sie sich in Acht nehmen sollte?
Ihr Herz verneinte, und es riet ihr, seine Hand zu nehmen, wenn er sie ihr anbot.
»Wer bist du?«, fragte er, während er sie betrachtete, als sei sie ein seltenes Tier.
»Ich bin Bella«, antwortete sie. »Die Tochter des Grafen von Katzenburg. Und du?«
Bevor der Junge antworten konnte, stürmten ein paar Männer aus dem Gebüsch. Bella erkannte den Grafen von Bärenwinkel und daneben ihren Vater. Bevor sie realisieren konnte, was das zu bedeuten hatte, wurde sie auch schon gepackt und nach hinten gerissen. Rasch streckte sie eine Hand aus, um nach dem Jungen zu greifen, und tatsächlich berührten sich ihre Fingerspitzen. Allerdings nur für einen kurzen Augenblick, dann wurden sie wieder getrennt. Bella strampelte und versuchte, sich dem Griff ihres Vaters zu entwinden. Aber es nützte nichts. Der Junge, den sie gern kennengelernt hätte, verschwand mit seinen Häschern ins Dickicht, und sie selbst wurde zurück zur Burg gebracht.
Als Bella die Augen aufschlug, war ihr klar, dass es wieder die dritte Stunde war, und sie drehte sich seufzend um. Die Traumbilder wichen vor ihr zurück, hinterließen jedoch eine seltsame Unruhe in ihr.
Der Junge war ihr seltsam bekannt vorgekommen, ebenso wie die ganze Situation. Konnte es sein, dass sie all das wirklich erlebt hatte? Bella durchforstete ihr
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