Die Rebenprinzessin
öffnete die Tür und riss ihn aus seiner Betrachtung fort. Er wirbelte herum und erkannte Hans von Uhlenfels, der sich durch die Tür schob und ungelenk verbeugte.
»Euer Gnaden, soeben hat man mir mitgeteilt, dass Ihr angekommen seid.«
»Wie Ihr seht, Graf von Uhlenfels. Aber glaubt mir, es war ein beschwerlicher Weg, und ich hoffe, er hat sich gelohnt.« Als er sich kurz wieder zum Fenster wandte, stellte er fest, dass die jungen Frauen verschwunden waren, doch er war sicher, dass er die Magd schon bald wiedersehen würde. Er wandte sich also seinem Heiratswerber zu und lauschte gespannt dessen Bericht.
»Die Tochter des Grafen ist äußerst reizvoll, allerdings auch etwas spröde vom Charakter her. Ihr werdet sie sehr sorgfältig umwerben müssen, wenn Ihr ihr Herz gewinnen wollt.«
»Herz!«, entfuhr es Fürst von Hohenstein. »Was kümmert mich das Herz eines Weibes! Sie soll im Bett fügsam sein und sich nicht in meine Angelegenheiten mischen. Das erreicht man auch durch die Peitsche.«
»Dennoch würde ich Euch zur Werbung raten, jedenfalls jetzt. Die junge Dame wirkt recht unwillig, sich einen Gatten zu nehmen, und widerspricht ihrem Vater recht häufig. Obwohl der Graf nicht den Eindruck macht, als würde er ihren Launen nachgeben, wäre es sicher besser, wenn sie für Euch brennt.«
Roland von Hohenstein lächelte spöttisch. »Welche Frau brennt nicht für mich? Ihr erinnert Euch doch sicher an meine Eroberungen.«
Hans von Uhlenfels verzog das Gesicht, als wäre dies eine leidvolle Erinnerung, dann seufzte er. Sein Herr war zuweilen unbelehrbar. Vielleicht sollte er selbst sehen, mit was für einem Teufelsbraten er es hier zu tun bekommt, ging es ihm durch den Sinn. Allerdings schwieg er sich über diesen Gedanken lieber aus und sagte nur: »Ihr werdet sie sicher mit Eurem Charme verzaubern, Euer Gnaden.«
Bellas Vater schien keinen Wert darauf zu legen, dass sie dem Fürsten gleich ihre Aufwartung machte.
Oder aber er fürchtet, dass ich genauso auftreten könnte wie bei dem Heiratswerber, spottete sie in Gedanken, während sie auf dem Bett saß und sich schrecklich langweilte.
Jedenfalls ließ der Graf sie bis zum Nachmittag in ihren Gemächern warten, bis er schließlich die Mägde vorbeischickte.
In einer kleinen Truhe trugen sie ein weiteres Gewand bei sich. Es war nicht neu, trotzdem hatte es Bella noch nie zuvor gesehen. Der Stoff war grün und golddurchwirkt, der Schnitt wirkte ein wenig altmodisch, und dennoch war das Gewand prächtig. Ein neues Seidenhemd lag darunter. Bella fragte sich, woher ihr Vater dieses Kleid hatte. Hatte es etwa einst ihrer Mutter gehört?
Ihre Erinnerung an die Gräfin war im Laufe der Jahre etwas löchrig geworden, gleich so, als hätten Motten an dem Gewebe genagt. Doch Bella war sicher, dass sie sich an dieses Kleid erinnern könnte, wenn sie es je an ihrer Mutter gesehen hätte.
Diesmal ließ sie das Ankleiden über sich ergehen, als wäre sie eine Flickenpuppe, die jemand in ein viel zu enges Gewand zwängen wollte. Die Hände der Mägde rissen und zerrten an ihr, doch weder setzte sie ihnen Widerstand entgegen, noch half sie ihnen. Mit zusammengepressten Lippen mühten sich die Mädchen ab, bis sie die Schnürung im Rücken schließen konnten. Als Bella zur Seite blickte, sah sie, dass Oda, wie die blonde Magd hieß, der Schweiß nur so über die Stirn lief.
»Ist dir nicht wohl?«, fragte Bella.
Die Magd schüttelte den Kopf. »Es ist alles in Ordnung, gnädiges Fräulein«, antwortete sie schnaufend.
Aus dem Augenwinkel heraus bemerkte Bella, dass das andere Mädchen dreinblickte, als wollte es Oda widersprechen. Trotzdem presste sie die Lippen zusammen und schwieg.
Als sie endlich in ihrem Kleid steckte, war ihre Frisur an der Reihe. Natürlich würde sie einen Schleier tragen, aber der Graf hatte den Mägden aufgetragen, ihr das Haar aufzustecken, damit es schöner betont wurde.
Wieder setzte ein Reißen und Ziehen ein, diesmal auf ihrem Kopf. Im Silberspiegel beobachtete Bella, wie ihr Haar allmählich Form annahm. Nachdem die Locken hochgesteckt waren, setzten ihr die Mägde den Schleier auf, der an einem edelsteinbesetzten goldenen Reifen befestigt war. Die Steine waren grün wie Trauben, und das Gold war zu kleinen Weinblättern geformt. Bella erkannte auf Anhieb, dass dieses Schmuckstück einst ihrer Mutter gehört hatte, und ihr Herz zog sich schmerzvoll zusammen.
Mutter, wenn du nur wüsstest, dachte sie. Mit deiner Krone werde
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