Die Rebenprinzessin
Händen neben seinem Gast durch den Bogengang schritt.
Der Wind trug den Duft von Weinlaub durch die geöffneten Fenster und strich über die Wandteppiche und Banner, die den grob gefugten Wänden ein wenig von ihrer Kahlheit nahmen.
»Eure Hoffnung in allen Ehren, werter Graf, aber meine Reise war eines der schlimmsten Ereignisse meines Lebens«, echauffierte sich Roland von Hohenstein. »Nicht nur, dass die Wege sehr schlecht waren, zu allem Übel erlitten wir auch noch einen Radbruch. Und meine Bediensteten waren nicht in der Lage, das Unheil schnell zu richten.«
»Das bekümmert mich zu hören, werter Fürst«, gab Rudolph von Katzenburg zurück. »Ich werde den besten Stellmacher meiner Grafschaft herbeordern, damit er Euch ein neues Rad anfertigt. Ihr lasst mir doch die Ehre zuteilwerden, Euch ein wenig länger zu beherbergen?«
»Wenn Euer Wein so gut ist, wie man sagt, werde ich es in Erwägung ziehen«, entgegnete der Fürst. »Und natürlich auch, wenn Eure Tochter mein Gefallen findet. Ich werde mich so bald wie möglich mit dem Herrn von Uhlenfels besprechen. Er hat gewiss schon einen ersten Eindruck gewonnen.«
Rudolph von Katzenburg presste kurz die Lippen zusammen. Wenn der Fürst von seinem Heiratswerber erfuhr, welche Eskapade sich Bella geleistet hatte, überlegte er es sich vielleicht noch mal.
Immerhin ist sie eine Schönheit, rang der Graf seine aufkommende Beunruhigung nieder. Letztlich zählt nicht ihre Aufsässigkeit, sondern ihre Jugend und ihre Gesundheit.
Im Westflügel der Burg machten sie vor einer großen Tür halt, vor der zwei Wachen standen. Als sie den Grafen und dessen Gast erblickten, öffneten sie sogleich die Türen.
»Das wird in den kommenden Tagen Euer Reich sein, Euer Gnaden«, sagte Graf von Katzenburg, während er mit einer ausschweifenden Armbewegung durch den Raum deutete. »Bleibt, so lange es Euch beliebt.«
Roland von Hohenstein ließ den Blick kurz über die Wände und das Mobiliar schweifen, dann trat er ein. Der Graf sollte sich ihm eigentlich anschließen, zögerte jedoch einen Moment lang.
Dies waren in Wirklichkeit keine Gästegemächer, sondern die Wohnräume seiner Gemahlin. Aus der Verpflichtung heraus, dem Fürsten eine bessere Unterkunft zu bieten als jene, die der Heiratswerber bewohnte, hatte er sich verpflichtet gefühlt, diesen Teil der Burg als Unterkunft zur Verfügung zu stellen. Seit Jahren waren die Räumlichkeiten nicht mehr benutzt worden, doch der Graf hatte sie dennoch ständig pflegen lassen. Manchmal dienten sie ihm als Ort, an dem er seinen Erinnerungen nachhängen konnte. Jetzt erhoffte er sich den Segen seiner Frau für seinen zukünftigen Schwiegersohn. Selbstverständlich würde er ihm nicht mitteilen, dass dies der Ort war, an dem seine Gemahlin bei der Geburt seines Stammhalters gestorben war.
»Ich werde dafür sorgen, dass Euch jeder Wunsch erfüllt wird«, versprach er dem Fürsten untertänig. »Macht es Euch nach Herzenslust bequem.«
Als der Graf fort war, betrachtete Roland von Hohenstein die Malereien, welche die Wände seines Gemachs zierten. Eine feine Arbeit, dachte er. Nicht so gut, dass sie eines Königs würdig wäre, aber dennoch nicht zu verachten. Wenn diese Burg erst einmal in meinem Besitz ist, werde ich sie ein wenig besser ausgestalten lassen.
Als er an das Fenster trat, erblickte er eine junge Frau, die von einigen Mägden umringt war. Ihr Haar hatte eine recht außergewöhnliche Farbe, außerdem war sie von äußerst schlankem Wuchs.
Ist das meine Braut?, fragte er sich, während er den Fensterflügel ein Stück weiter aufzog. Sie trug einfache Kleider wie eine Dienerin, doch der Respekt, den ihr die anderen Mädchen entgegenbrachten, ließ darauf schließen, dass sie die Grafentochter war.
Eine hübsche Gestalt hat sie, dachte der Fürst mit einem süffisanten Lächeln. Gewiss wird es ein Vergnügen sein, sie in die Laken zu zwingen. Doch dann fiel sein Blick auf ein anderes Mädchen, das neben der Brünetten ging. Ihr Haar war flachsblond, unter ihrem Mieder wogten zwei große Brüste, und auch sonst war sie recht drall. Vielleicht sollte ich mir zuvor dieses Weib als kleines Vergnügen gönnen, dachte er und spürte, wie sich sein Gemächt regte.
Noch vor der Fahrt hierher hatten ihn seine Geschäfte derart eingenommen, dass er keine Zeit gehabt hatte, sich mit Frauen zu vergnügen. Hier auf der Burg, befreit von seinen Angelegenheiten, würde er vielleicht die Gelegenheit dazu haben.
Jemand
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