Die Rebenprinzessin
Gedächtnis, konnte darin allerdings keine Begebenheit dieser Art mehr finden.
Was will mir dieser Traum sagen?, fragte sie sich. »Weißt du es denn nicht, Gevatter?«, fragte sie, doch wie immer blieb der Erdbegleiter stumm.
Vielleicht war es der Wein?, dachte sie. Immerhin hatte sie dem Getränk ziemlich stark zugesprochen und am Ende Mühe gehabt, in ihre Kemenate zurückzukehren. Welchen Eindruck das auf den Fürsten von Hohenstein gemacht hatte, wusste sie nicht, sie hoffte allerdings, dass er ziemlich schlecht war. Die Mägde hatten ihr schließlich aus dem Kleid geholfen, und wenig später war sie unter ihren Decken eingeschlafen.
Nun lagen erneut Stunden des Wachseins vor ihr, diesmal erhob sie sich allerdings nicht. Sie schloss die Augen und erlaubte sich den Traum, von hier fortzugehen und ein Leben zu führen, das nur dem Wein gewidmet war. Dem Wein und vielleicht auch wahrer Liebe.
11. K APITEL
Der Beginn der Lese, der sich nun nicht länger aufschieben ließ, tröstete Bella ein wenig über die Tatsache hinweg, dass Roland von Hohenstein eine Weile auf der Burg bleiben wollte.
Mittlerweile war er schon drei Tage hier, was bedeutete, dass sie nicht nur seit Tagen sein Geschwätz bei gemeinsamen Spaziergängen ertragen musste, auch am Abend fand sie sich mit ihm an einer Tafel wieder. Ihr Vater erhoffte sich davon sicher, dass sie in Liebe zueinander entflammten, doch ihr Verhältnis besserte sich kein Stück.
Nicht, dass der Fürst nicht versucht hätte, sie mit Schmeicheleien für sich zu gewinnen! Aber Bella konnte den Unwillen gegen diesen Mann einfach nicht unterdrücken. Immer wenn sie sein grinsendes Gesicht sah, verspürte sie den Wunsch, es ihm mit einem Winzermesser zu zerschneiden. Auf seine Komplimente oder Fragen reagierte sie mürrisch wie ein altes Weib. Der zum Mahl kredenzte Wein war das Einzige, was ihr half, die Abende zu überstehen. Wenn der Rausch ihren Verstand vernebelte, war es leichter, ein Lächeln aufzusetzen – und am folgenden Morgen ließen die Kopfschmerzen, die ihre Schläfen heimsuchten, sie vergessen, was geredet worden war.
Doch heute würde der Fürst auf den Spaziergang mit ihr verzichten müssen. Nichts und niemand konnte sie davon abhalten, an der Lese teilzunehmen!
Ein Lächeln huschte über Bellas Gesicht, als sie aus dem Bett schlüpfte. Der Morgen erhob sich gerade in Rosa und Gold gekleidet über den Bergen, und ein paar Tauben flatterten an ihrem Fenster vorbei.
Wenn ich erst einmal im Weinberg bin, kann ich mir gewiss vormachen, dass sich dieser Lackaffe in Luft aufgelöst hat, ging es Bella durch den Sinn. Ob es der Vater ihr erlaubte, dass sie gemeinsam mit den Pflückern arbeitete, fragte sie sich erst gar nicht. Sie beugte sich seinem Ansinnen, sie zu verheiraten, also musste er sich auch ihrem Entschluss beugen, ihren Pflichten als Weinbäuerin nachkommen zu wollen. Zumindest so lange, wie sie noch auf der Katzenburg war.
So band sie an diesem Morgen ihr Haar mit einem grünen Tuch zusammen und schlüpfte endlich wieder in ihr Ordenskleid. Der raue Stoff war wie ein alter Freund, der sie in seine Arme schloss. Noch immer hatte ihr Vater keine anderen Kleider für sie besorgt. Wahrscheinlich will er keine Kosten auf sich nehmen, da ich ohnehin schon bald fortgehen werde, dachte sie, während sie sich in ihrem Spiegel betrachtete. Der bittere Gedanke hielt sich jedoch nicht lange in ihrem Geist, denn er wurde von der Aussicht, Martin beim Pflücken zu sehen, vertrieben.
Sie wusste nicht warum, aber der Gedanke an ihn war wie ein Sonnenstrahl, der ihr Herz traf.
Vielleicht schafften sie es ja, Seite an Seite zu arbeiten. Etwas Schöneres konnte Bella sich im Moment nicht vorstellen.
Gleichzeitig war es merkwürdig, dass sie bei ihm keine Abneigung verspürte, wie es bei Roland von Hohenstein der Fall war. Wenn Martin sie fragen würde, ob er ihr den Hof machen dürfe, würde sie sofort zustimmen – auch wenn er nur ein einfacher Pflücker war und es ihm nie in den Sinn käme. Schade nur, dass sie niemanden hatte, den sie um Rat fragen konnte. Katrina würde dem vielleicht noch am nächsten kommen, doch auch sie war eine Dienerin des Grafen. Und wie Bella sie kannte, würde die Kräuterfrau es nicht gutheißen, wenn sie mit einem Untertan anbandelte.
Nein, von ihrer Zuneigung zu dem Pflücker durfte niemand erfahren. Vielleicht konnte sie den Fürsten von Hohenstein dazu bringen, Martin mitzunehmen, dann hatte sie wenigstens ihn und
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