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Die Rebenprinzessin

Die Rebenprinzessin

Titel: Die Rebenprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Neuendorf
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Burg. Unterwegs dachte sie daran, was Martin gesagt hatte. Eine Krone aus Weinblättern für die Rebenprinzessin. Das gefiel ihr, und sie nahm sich vor, solch eine Krone zu binden.
    Auf dem Burghof angekommen sah sie, dass der Bottich für die Trauben bereits voll genug war, um den Most zu stampfen und anschließend zu pressen. Das Stampfen der Trauben war auf der Katzenburg Sache der Frauen. Natürlich durften nur jene daran teilnehmen, die nicht gerade vom monatlichen Blut heimgesucht wurden. Eine weitere Voraussetzung war, dass sie sich zuvor die Füße gewaschen hatten, denn Schmutz würde den Wein verderben.
    Da Bella weder blutete noch eine Abneigung gegen Wasser hatte, reihte sie sich in die Menge der Frauen ein, die sich die Röcke rafften und hochschnürten, um dann in den Wasserbottich zu steigen.
    »Aber gnädiges Fräulein, wollt Ihr wirklich …?«, wandte der Fassmeister ein, dem Bernhard Wackernagel aufgetragen hatte, die Lese und das Abfüllen zu überwachen.
    »Natürlich will ich die Trauben stampfen«, entgegnete Bella fröhlich, als sie aus ihren Holzpantinen schlüpfte. »Oder glaubt Ihr, dass ich mir den besten Teil der Lese entgehen lasse?«
    Der Fassmeister atmete ein, als wollte er noch etwas sagen, doch Bella war schneller.
    »Außerdem spricht nichts dagegen, dass ich es tue. Oder macht Ihr Euch etwa Gedanken um meine Tugend?«
    Mit diesen Worten raffte sie ihre Röcke, und nachdem sie den Stoff an der Taille befestigt hatte, ging sie zum Wasser.
    Ein paar Mägde steckten tuschelnd die Köpfe zusammen, als sie das sahen. Doch Bella lächelte ihnen offen zu, und nachdem sie sich die Beine gewaschen hatte, stieg sie in den Bottich. Im ersten Moment fühlte es sich etwas seltsam an, als die Trauben unter ihren Füßen zerplatzten. Das Sonnenlicht, das die Früchte erwärmt hatte, ließ sie wie kleine, runde Lebewesen wirken, doch dieser Eindruck zerstreute sich, als Bella ein paar Mal zutrat und den Saft zwischen ihren Zehen spürte.
    Auch im Kloster wurde der Wein getreten, allerdings hatte sie daran nie teilgenommen. Die Schwestern traten die Trauben selbst, weil sie behaupteten, das bekomme ihren alten Beinen gut. Als Bella noch auf der Burg war, war sie zu klein gewesen, um mitzumachen. Doch jetzt genoss sie es, wie der Saft ihre Beine umspülte, und stieß zum Erstaunen der anderen einen freudigen Juchzer aus. In den Bottich stiegen noch weitere Mädchen, bis es schließlich so viele waren, dass sie sich nur noch auf der Stelle bewegen konnten. Unter den Abfluss, der an den Bottich angebracht war, stellten die Männer die ersten Fässer, und nachdem diese gesichert waren, erhielten die Frauen den Befehl, noch einmal kräftig zu treten.
    Einige Pflücker und Knechte blieben stehen und beobachteten das Treiben amüsiert. Die Gelegenheit, so viele nackte Frauenbeine auf einmal zu sehen, ergab sich für sie nur einmal im Jahr.
    Christian Dubelaar duldete die Untätigkeit allerdings nicht. »Was steht ihr herum und gafft?«, fuhr er die Männer an. »Seht zu, dass ihr eure Körbe füllt! Das hier ist keine Kirmes!«
    Unwillig folgten ihm die Pflücker, dennoch spähten sie noch das eine oder andere Mal hinüber, ehe sie dem Befehl des Fassmeisters Folge leisteten.
    Bella und die anderen Frauen kümmerten sich nicht weiter darum, sie mussten aufpassen, dass sie nicht hinfielen, denn die zertretenen Trauben waren sehr glitschig. Schließlich fassten sich die Frauen an Händen und Armen und stützten sich gegenseitig. Unter ihren Füßen wurden die Trauben allmählich zu fester Maische und Saft, der ihnen hoch an die Waden und bis ins Gesicht spritzte. Nach einer Weile waren die Röcke und auch so manche Blusen durchnässt, doch die Frauen taten einfach so, als bemerkten sie die Blicke der Männer ringsherum nicht.
    Bella sah, wie sich der ebenfalls herbeigeeilte Pater Anselm bekreuzigte und dann schnell das Weite suchte, wahrscheinlich um für ihr Seelenheil zu beten.
    Inzwischen gab der Fassmeister seinen Knechten das Signal, die Abflüsse des Bottichs zu öffnen. Sogleich schoss trüber Saft hervor, den sie mit Hilfe eines Trichters in den bereitgestellten Fässern auffingen.
    »Dass ihr mir ja nichts verschüttet!«, mahnte der Kellermeister, der mit wachsamem Blick um die Burschen herum marschierte.
    Als Bella sich umwandte, entdeckte sie unweit des Bottichs Martin, der an einem Pfosten lehnte und das Treiben aus der Ferne verfolgte. Offenbar hatte er nicht damit gerechnet, dass ihn jemand

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