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Die Rebenprinzessin

Die Rebenprinzessin

Titel: Die Rebenprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Neuendorf
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die Erinnerung an ihren Spaziergang durch den heimischen Weinberg stets bei sich.
    Als sie fertig war, verließ sie ihre Kemenate. Die Mägde, die gerade auf dem Weg waren, um sie anzukleiden, knicksten vor ihr.
    »Ich brauche euch heute nicht«, beschied Bella. »Ich werde den ganzen Tag über im Weinberg sein. Verwendet die gewonnene Zeit darauf, mir ein weiteres Gewand zu besorgen. Es kann ruhig etwas Einfaches sein, Hauptsache es ist sauber.«
    Die Mädchen blickten sie verwundert an, wagten jedoch wie immer nichts dagegen zu sagen.
    Bella strebte an ihnen vorbei und trat wenig später auf den Hof. Die Luft war mit dem Geruch nach frisch geschnittenem Gras erfüllt, und auch den Duft des Weinlaubes konnte sie wahrnehmen. Wahrscheinlich hatten der Kellermeister und seine Gehilfen ihre Runde durch den Weinberg bereits gemacht, um die Trauben noch einmal auf ihre Reife zu überprüfen.
    Unverwandt trat sie zu den Männern, denen der Kellermeister gerade die letzten Anweisungen erteilte.
    »Nun, Meister Wackernagel, habt Ihr denn auch Arbeit für mich?«, fragte Bella mit einem gewinnenden Lächeln.
    Der Kellermeister verneigte sich so tief, dass sie die kahle Stelle sehen konnte, die sich auf seinem Kopf langsam voranfraß. »Das gnädige Fräulein werden verzeihen, aber die Weinlese ist nichts für Eure zarten Hände.«
    Die gleichen Einwände wie damals! Nur dass Wackernagel ihr vor mehr als acht Jahren vorgehalten hatte, noch zu klein für diese Arbeit zu sein.
    Bella zog herausfordernd die Augenbrauen hoch. »So? Bevor ich hergekommen bin, habe ich im Kloster auch Weinreben gepflückt. Glaubt Ihr, das hätte mir geschadet?« Sie streckte demonstrativ die Hände vor, die keinen einzigen Makel aufwiesen. Sie waren nicht ganz so milchweiß wie die anderer Adelstöchter, aber die Haut war glatt und ohne Schwielen.
    Der Kellermeister errötete. »Aber gnädiges Fräulein …«
    »Ihr braucht keine Angst vor meinem Vater zu haben, der muss sich um unsere hohen Gäste kümmern. Gebt mir ein Sichelmesser und teilt mir eine Reihe zu, die ich abpflücken soll. Mir liegt unser Weinberg ebenso am Herzen wie euch allen, daher will ich mithelfen, ihn abzuernten!«
    Ein Raunen ging durch die Umstehenden, die sich inzwischen versammelt hatten. Der Kellermeister wand sich noch einen Augenblick, wischte dann aber seine Bedenken beiseite, indem er in die Ledertasche an seiner Hüfte griff und ein Winzermesser hervorholte. Die Klinge blitzte in der Sonne auf, als er es der jungen Frau reichte.
    »Geht vorsichtig damit um«, mahnte er, als hätte er nicht vernommen, dass sie mit derlei Klingen schon gearbeitet hätte.
    Bella nahm es ihm nicht übel. Während sie vorgab, die Klinge zu begutachten, schweifte ihr Blick hinüber zu Martin, der sie offenbar die ganze Zeit über lächelnd betrachtet hatte.
    »Also gut, dann kommt mit. Ich werde jedem von euch eine Reihe zuteilen, und jene, für die keine Reihe bleibt, werden bei der Lese aushelfen.«
    Bernhard Wackernagel warf einen Blick auf Bella, doch sie wusste genau, dass er es nicht wagte, sie zum Lesen zu schicken.
    Nachdem alle ihre Körbe aufgenommen hatten, setzte sich der Zug in Bewegung. Bella wusste, dass wegen des steilen Geländes kein Pferdewagen zum Einsatz kommen würde, aber der volle Korb konnte keine schwerere Last sein als die Bürde, Roland von Hohenstein zu heiraten.
    Am Weinberg angekommen, verteilten sich die Lesehelfer über das Gelände. Bernhard Wackernagel teilte den schwierigeren, steileren Teil den Männern zu, die kräftig genug waren, diesen Weg etliche Male zu laufen – auch mit einem schweren Korb auf dem Rücken. Die schlankeren und kleineren Helfer bekamen Reihen weiter oben zugeteilt. Zu ihnen gesellte sich schließlich auch Bella, denn der Kellermeister hätte es im Leben nicht riskiert, die Grafentochter an einer schwierigen oder gefährlichen Stelle arbeiten zu lassen.
    »Ich hoffe, Ihr seid mit dieser Reihe zufrieden, gnädiges Fräulein«, sagte er und deutete auf die Rebstöcke nicht weit von der Burgmauer entfernt.
    Bella ließ den Blick durch die Reihe schweifen. »Ich glaube kaum, dass es in diesem prächtigen Weinberg eine schlechte Reihe gibt. Ich bin sehr zufrieden, Herr Kellermeister, habt Dank.«
    Angesichts ihres Lächelns senkte Bernhard Wackernagel ein wenig betreten den Blick und errötete, was seinen weißen Bart wie frisch gefallenen Schnee auf einem Ziegelstein wirken ließ.
    Bella nahm nun ihren Korb und stellte ihn vor den

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