Die Rebenprinzessin
nach Strich und Faden zu verprügeln.
Ein Geräusch an der Tür riss sie aus ihren Gedanken. Schritte näherten sich leise ihrem Gemach und verharrten schließlich an der Schwelle. Da die Schritte der Mägde beinahe unhörbar waren, konnte es sich nur um einen Besucher handeln.
Wenig später öffnete sich die Tür, und ein schwacher Lichtschein schlich sich in die Dunkelheit, gefolgt von der Gestalt ihres Vaters.
Ein kurzer Funken Hoffnung berührte Bellas Herz. Könnte es sein, dass er kommt, um nach mir zu sehen?, fragte sie sich. Dass er mir sagen will, dass diese Heirat nicht stattfinden wird? Oder will er mich nur wieder demütigen? Bella zog es vor, ihre Füße anzustarren, die im Mondlicht weiß waren wie Lilienblätter.
Rudolph von Katzenburg blieb am Fuß des Bettes stehen. »Wie geht es dir?«, fragte er dann.
Seine Stimme klang so kühl, dass sich Bellas Innerstes zusammenkrampfte. Wie konnte ich nur denken, dass er sich um mich sorgen könnte, schalt sie sich. Er sieht nur nach dir, um sicherzustellen, dass es noch etwas gibt, das er verheiraten kann.
»Es geht. Dank dem mutigen Burschen ist mir nichts passiert.«
»Ich werde morgen den Medikus zu dir schicken«, entgegnete Rudolph von Katzenburg und überging damit ihre Bemerkung.
»Das wird nicht nötig sein, denn es ist nichts passiert.«
Schweigen stellte sich nun zwischen sie wie eine unsichtbare Mauer. Bella wünschte sich innig, dass ihr Vater wieder gehen würde.
»Ich werde dich nicht ins Kloster zurückschicken«, eröffnete er ihr dann. »Stattdessen bekommt du Hausarrest. Du wirst dieses Zimmer nur zu den Mahlzeiten verlassen. Ich werde unterdessen noch einmal mit dem Fürsten von Hohenstein sprechen.«
»Das brauchst du nicht«, kam es wie von selbst aus ihrem Mund. »Ich will ihn nie wieder sehen.«
»Eine Heirat zwischen unseren Häusern ist notwendig. Wenn nicht ihn, dann wirst du einen anderen heiraten. Die Burg braucht einen Herrn, und da ich keinen Sohn habe, wird eben ein Schwiegersohn die Pflichten übernehmen müssen.«
Bella kniff die Augen zusammen. Eine Träne drang durch ihre Lider und kullerte über ihre linke Wange. Wenig später breitete sich auf ihrem Nachthemd ein feuchter Fleck aus. Du weißt genau, wie du mir Schmerzen zufügen kannst, dachte sie traurig.
Jetzt sagte sie nichts mehr, sondern tat, als wäre ihr Vater nicht mehr da. Sie hielt die Augen geschlossen, umklammerte ihre Schultern und beugte sich vor wie ein Igel, der sich zu einer Kugel zusammenrollen wollte.
Graf von Katzenburg betrachtete Bella eine ganze Weile, doch etwas schien ihn davon abzuhalten, seinen Worten noch etwas hinzuzufügen. Schließlich wurde ihm die Stille selbst unangenehm, und er verließ ohne einen Nachtgruß für seine Tochter das Zimmer.
Wie ein geprügelter Hund saß Martin am Flussufer. Während er mit seinem Ärmel, den er ins Wasser getaucht hatte, seine Wunden kühlte, beobachtete er den sich allmählich rötenden Himmel. Die Lahn floss ruhig an ihm vorüber. Ihr gleichförmiges Rauschen wirkte einschläfernd, dennoch wusste Martin, dass er kein Auge zubekommen würde. Sein Körper mochte erschöpft sein, seine Blessuren mochten schmerzen, aber sein Verstand war hellwach.
Immer wieder führte er sich vor Augen, was geschehen wäre, wenn Roland von Hohenstein hätte tun können, was er vorgehabt hatte. Schlimmstenfalls hätte Bella aus diesem schrecklichen Ereignis ein Kind empfangen. Dann hätte sie nicht mehr die Möglichkeit gehabt, den Fürsten zurückzuweisen. Mit etwas Glück rückte der Graf nun von den Heiratsplänen ab.
Immerhin etwas, dachte Martin bitter. Dafür wird es mir schwerfallen, meinen Auftrag weiter auszuführen. Und auch Bella wiederzusehen.
Er richtete den Blick auf die Burg seines Vaters, die auf dem gegenüberliegenden Felsen aufragte. Soll ich dorthin zurückkehren? Oder warten, bis der Ableger Wurzeln geschlagen hat? Eigentlich hatte er sich nicht in den Streit zwischen den Familien Katzenburg und Bärenwinkel einmischen wollen. Aber vielleicht hatte es der Graf verdient, dass ihm jemand einen Denkzettel verpasste.
Da kam dem Jungen eine Idee, die ihm wesentlich besser erschien, um den Grafen von Katzenburg zu strafen. Den Ableger würde er im Auge behalten, aber zuvor würde er sich einen anderen Schatz holen. Einen, der ihm selbst mittlerweile das Kostbarste war, was er hatte.
15. K APITEL
Zwei Tage später spannten die Knechte schon früh am Morgen die Kutsche an. Rudolph von
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