Die Rebenprinzessin
über die Steine. Nicht, dass es viel ausgemacht hätte.
Die Kammer wirkte schäbig und war ganz sicher kein Ort für einen Mann wie den Fürsten. Die Deckenbalken waren niedrig, von den Wänden war die Farbe abgeplatzt, und auf dem Boden türmte sich der Dreck. Dabei hatte der Gastwirt beteuert, dass es sich um das beste Zimmer der Herberge handelte. Wenn dem so war, wollte Hans von Uhlenfels gar nicht wissen, wie die schlechten aussahen.
Angesichts des Ausbruchs seines Herrn schreckte er zusammen. Wutausbrüche dieser Art waren Hans von Uhlenfels zwar wohlbekannt, aber an diesem Morgen war es besonders schlimm.
Da der Zorn über Bella von Katzenburg in der vergangenen Nacht noch echt heftig in ihm getobt hatte, hatte Roland von Hohenstein den Wirt aufgefordert, ihnen ein ganzes Fass Wein zu bringen. Jetzt, da es beinahe Mittag war, war das Fass nahezu leer. Ein anderer Mann hätte vielleicht längst im Bett gelegen und geschnarcht, der Fürst dagegen wurde von dem sauren Rachenbeißer, den man hier Wein nannte, immer wacher und wütender.
»Diese verdammte Hure!«, schimpfte er und versetzte dem Bettpfosten einen kräftigen Tritt. »Lässt sich lieber von einem Knecht bespringen als von mir! Das wird sie bereuen. Und ihr gottverdammter Vater auch.«
Der Mann, der nunmehr kein Heiratswerber mehr war, sondern einfach nur ein Untertan des Fürsten, wusste darauf zunächst keine Antwort. Für diese Behauptung gab es keine Beweise. Im Gegenteil, dass die Grafentochter sich gewehrt hatte, zeugte von höchster Tugendhaftigkeit. Außerdem erwartete sicher auch Roland von Hohenstein, mit einer jungfräulichen Braut das Hochzeitslaken zu teilen.
Doch das würde den Fürsten ganz sicher nicht davon abbringen, üble Gerüchte über Bella von Katzenburg zu streuen.
Beinahe tat sie ihm leid, und da in seiner Brust noch immer ein Herz schlug und kein Stein, erkühnte er sich zu entgegnen: »Dass der Junge für sie in die Bresche gesprungen ist, hat doch nichts zu bedeuten, Euer Gnaden. Er wollte dem Mädchen lediglich helfen! Was hättet Ihr denn gedacht, wenn sie Euch hätte gewähren lassen?«
Roland von Hohenstein wirbelte herum. Sein vom Wein glühender Blick traf seinen Begleiter wie ein Messer. »Was erlaubst du dir, das Maul aufzureißen?«, brüllte er dann und griff nach dem Dolch in seinem Hosenbund. Ehe Hans von Uhlenfels zurückschrecken konnte, hatte er die Klinge bereits am Hals. »Vielleicht sollte ich dir die Stimmbänder durchschneiden, dann kannst du mir nicht mehr mit dummen Reden in den Ohren liegen.«
Der Mund des Bedrohten schnappte auf und zu wie das Maul eines gestrandeten Karpfens. Da er seinem Herrn alles Mögliche zutraute, hatte er auch keine Zweifel, dass dieser seine Drohung wahrmachen würde.
Roland von Hohenstein betrachtete Hans von Uhlenfels noch einen Moment lang zornig, dann schlich sich ein teuflisches Grinsen auf sein Gesicht. »Nein, nicht Euch werde ich versehren«, sagte er dann versöhnlich und zog die Klinge zurück. »Ihr habt mir immer treu gedient. Ich kann doch nicht jemanden töten, den ich noch brauche!«
Erleichtert atmete der Gepeinigte auf. Wenn er jedoch gedacht hatte, dass die Sache damit schon erledigt sei, dann täuschte er sich.
Plötzlich riss Roland von Hohenstein die Hand hoch und versetzte seinem Untertan einen heftigen Schlag auf die Nase. Wenig später lief dem Getreuem des Fürsten ein Blutfaden über die Lippe, aber er wagte nicht, das mit der Hand zu überprüfen.
»Das ist für deine unverfrorene Bemerkung«, sagte der Fürst und ließ sich auf das Bett sinken, in dem es wahrscheinlich vor Wanzen nur so wimmelte. »Aber lass dir gesagt sein, es ist nichts gegen das, was die Familie der Katzenburgs erwartet. Ich werde sie vernichten, den Grafen, seine Hurentochter und diesen kleinen Mistkerl. Alle werde ich sie vernichten, zusammen mit ihrem verfluchten Weinberg.«
Hans von Uhlenfels hätte gewiss erfahren wollen, was sein Herr vorhatte, wenn es diese Ohrfeige nicht gegeben hätte. Aber nun schwieg er lieber und ertränkte die Schmerzen in seiner Nase mit Wein.
Sich der Katzenburg wieder zu nähern, war ein Wagnis, dessen war sich Martin nur allzu bewusst. Gewiss hatte der Graf seinen Wächtern eingeschärft, dass sie nach ihm Ausschau halten und ihn falls nötig töten sollten.
Dabei habe ich doch nur versucht, seine Tochter vor Unheil zu bewahren, ging es Martin durch den Sinn. Die Welt steht offenbar Kopf, nur habe ich es noch nicht
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