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Die rechte Hand Gottes

Die rechte Hand Gottes

Titel: Die rechte Hand Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Folco
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Scharfrichter.
    »Großvater hat die Zeitschrift L'Illustration abonniert. Darin habe ich gelesen, daß der Erbauer das Automobil serienmäßig herstellen wollte, um es billiger zu machen.«
    »Genau das hat er auch getan. Und seither sind viele andere Hersteller seinem Beispiel gefolgt.«
    Anatole vertauschte seine Melone gegen eine Schirmmütze und setzte sich hinter das Lenkrad, während Yvon kräftig die Kurbel drehte. Saturnin hatte schon zuvor Automobile gesehen (in Bellerocaille gab es vier), doch es war das erste Mal, daß er sich in einen solchen Wagen setzte.
    Sie fuhren über eine große Brücke, die sich über die Seine spannte, und folgten dann den Kais. Der junge Mann aus dem Aveyron war beeindruckt von den vielen Gaslaternen, die die Straßen und Avenuen säumten. Anatole zeigte ihm den Place de Gréve, wo früher die Hinrichtungen stattgefunden hatten, und den Place de la Concorde, wo der berühmte Charles Henri Sanson seines Amtes gewaltet hatte ...
    Die Deiblers wohnten in Auteuil, nicht weit von den Stadtmauern entfernt, am Ende einer kleinen Sackgasse, die zu einem Häuschen im Schweizer Stil führte. Es war von einem Gärtchen umgeben, das nicht größer als die Scheune des Herrenhauses war. Eine Akazie wuchs neben dem vergitterten Eingangstor, an dem ein Schild mit der Aufschrift Wir empfangen niemanden hing.
    »Das ist wegen der Journalisten«, teilte Anatole ihm mit. »Sie streunen oft hier herum, ihre Dreistigkeit ist wirklich sagenhaft... Übrigens, vergiß nicht, du darfst nie mit ihnen sprechen.«
    »Gut, Monsieur, auch Großvater hat sie nicht besonders ins Herz geschlossen, sie haben so viel Unsinn über uns geschrieben ... «
    »Nenn mich Meister, das ist mir lieber.«
    »Gut, Meister.«
    Yvon öffnete das Gittertor, sie gingen durch den schmalen Garten, die Treppe hinauf zu einem überdachten Vorbau und traten dann ins Haus.
    In einem Salon, der im Stil Dufayel eingerichtet war, trank Rosalie mit einer Nachbarin Tee und plauderte. Auf dem Teppich spielte ein kleines Mädchen mit einer Schildkröte. Am Fenster schaukelte ein Kanarienvogelpärchen in seinem Käfig.
    »Guten Tag, Madame.«
    Rosalie stand auf, auch sie war vollkommen überrascht angesichts seines veränderten Aussehens.
    »Wie groß du geworden bist! Ich erinnere mich noch, daß du nicht größer warst als so! «
    Er schüttelte der Nachbarin die Hand und lächelte dem kleinen Mädchen zu, das Marcelle hieß.
    » Komm, ich werde dir dein Zimmer zeigen «, sagte Rosalie und forderte ihn auf, ihr in den ersten Stock zu folgen,
    Saturnin trat in ein kleines Zimmer mit einem winzigen Fensterchen, das auf die Rückseite des Gartens hinausging. Darin standen ein kleines Bett, ein kleiner Stuhl und ein Schrank, der kaum größer war als eine Schublade.
    »Nun, gefällt es dir?«
    »Es ist sehr klein.«
    Alle Freundlichkeit wich aus dem gepuderten Gesicht seiner Gastgeberin:
    »Klein? Wie meinst du das, klein?«
    » Für ein Schlafzimmer ist es klein. Unsere Abstellkammer ist größer ...«
    »Aber du wirst dich dennoch damit zufrieden geben müssen. Also, richte dich ein und komme wieder zu uns herunter.«
    Sie wollte gerade das Zimmer verlassen, als Satumin sie zurückrief.
    »Madame Deibler, mein Großvater hat mir gesagt, ich solle Ihnen mein Taschengeld anvertrauen. Er hat gesagt, wenn Ihnen die geringsten Unkosten durch meine Anwesenheit entstehen, sollten Sie sie damit ausgleichen.«
     
    Während er das sagte, hatte er seine Jacke aufgeknöpft, um eine Lederbörse, die mit einer Kordel zusammengehalten war, herauszuziehen. Dabei sah man, daß an seinem Gürtel eine kleine Pistolentasche mit einem Revolver hing.
    » Ich soll nicht alles ausgeben, aber Großvater war es wichtig, daß es mir an nichts fehlt und daß ich niemandem zur Last falle.«
    »Das macht ihm alle Ehre«, sagte Rosalie, die von dem Gewicht der Börse beeindruckt war.
    Ihre geübten Finger erspürten die Größe der Geldstücke, und ihr Klang zeigte an, daß es sich wohl um Gold handelte. Sie knotete das Band auf und zählte die Louis und die NapoIdons, wobei sie ein bewunderndes »Sieh mal einer an... sieh mal einer an«, ausstieß.
    »Wenn ich es recht bedenke, ist dein Einwand vielleicht
    gerechtfertigt, dieses Zimmer ist wohl tatsächlich ein wenig eng ... Aber ich konnte ja auch nicht ahnen, daß du sosehr gewachsen bist. Komm, nimm deinen Koffer, ich werde dir ein anderes zeigen.«
    Dieses Mal bot ihm Rosalie ein geräumigeres Zimmer mit einem

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