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Die rechte Hand Gottes

Die rechte Hand Gottes

Titel: Die rechte Hand Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Folco
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Ankunft des jungen Pibrac eine Bedrohung dar.
    Trotz der Witze des »Dicken Louis«, war die Stimmung während des Mittagessens ein wenig verkrampft, und zum ersten Mal verzichtete Rosalie darauf, die Gäste dazu zu animieren, ihre Kochkünste zu loben: Die Anwesenheit des jungen Mannes, der geneigt schien zu sagen, was er dachte, jagte ihr ein wenig Angst ein.
    Während des Essens beobachtete Anatole Saturnin. Ihm gefielen seine schlichten Gesten, die Art, wie er das Brot brach oder das Fleisch schnitt, wie er sich Wasser einschenkte ... Denn er trank keinen Wein, was Yvon und dem >Dicken Louis< mißfiel, da sie viel zuviel tranken. Anatole bemerkte auch, wie leicht es dem jungen Mann gelang, Marcelles Herz zu erobern. Er unterhielt sich mit ihr wie mit jedem Erwachsenen, ohne dabei den Ton zu verändern, wie es die anderen zumeist taten, wenn sie mit Kindern oder Tieren sprachen.
     
    Georgette half Rosalie, neue Teller aufzudecken, und als sie gerade die Käseplatte und das Obst bringen wollten, fragte Saturnin: »Wissen Sie schon, wann die nächste Hinrichtung stattfinden wird?«
    »Macht er das absichtlich, oder was?«
    »Sei still, Yvon, er kann es ja schließlich nicht wissen.«
    Bei den Deiblers gab es nur ein einziges Tabu, und das hatte Saturnin soeben gebrochen: Man sprach niemals in Gegenwart der Familie und schon gar nicht bei Tisch - über die Arbeit.
    » Hör zu, Saturnin, wir sprechen hier nie über Hinrichtungen, darüber reden wir nur, wenn wir unter uns sind, aber nie bei Tisch, verstehst du das?«
    »Ich verstehe es, aber ich verstehe Ihre Beweggründe nicht«, sagte Saturnin nach reiflicher Überlegung, und man hatte das Gefühl, daß er seine Zunge siebenmal umdrehte, ehe er antwortete.
     
    Anatole erkannte verwirrt, was bei dem jungen Pibrac nicht stimmte: Er hatte das Talent, die Leute in eine Sackgasse zu treiben.
    » In diesem Haus spricht man nicht über den Beruf, das ist nun einmal so. Gibt dich damit zufrieden und gehorche. Dein Großvater hat dir doch sicherlich beigebracht, daß man zunächst Gehorsam lernen muß, wenn man später einmal befehlen will.«
    Zur allgemeinen Verwunderung erhob sich Saturnin und ging zur Tür. Er öffnete sie und sagte:
    » Könnte ich Sie sprechen, Meister?«
    Verblüfft sah Anatole zunächst seine Frau und dann seine Gehilfen an, ehe er ihm auf den Gang folgte.
    »Was soll denn diese Geheimniskrämerei? Also, ich höre.«
    »Wissen Sie schon, wann die nächste Hinrichtung stattfinden wird?« flüsterte Saturnin ihm ins Ohr.
    Nach dem Mittagessen besorgten die Frauen den Abwasch, während die Männer zum Rauchen in den Salon gingen und Marcelle wieder mit ihrer Schildkröte spielte.
    »Laßt uns in die Rue de la Folie-Régnault fahren«, sagte Anatole, nachdem er auf seine Uhr gesehen hatte. »Wir können ihm das Strafholz zeigen. Dann können wir uns auch schon mal eine Vorstellung machen.«
    » Das ist doch gleich zum Lachen! « kalauerte der » Dicke Louis «.
    Gerade wollten sie das Haus verlassen, als Saturnin plötzlich zur Treppe lief.
    »Wohin gehst du?« fragte der Meister. »Wir fahren sofort.«
    » Ich weiß, aber da wir ausgehen, will ich meinen Revolver holen.«
    »Das ist nicht nötig, bestimmt nicht. Du bist hier in Paris und nicht in Bellerocaille.«
    »Er hat einen Revolver?« wunderte sich Henri.
    Hippolyte hatte ihm ausdrücklich eingeschärft, er solle ja niemals unbewaffnet ausgehen, also gab es für Saturnin kein Zögern.
    »Ich muß ihn mitnehmen, Meister, es geht ganz schnell.«
    Und schon lief er die Treppe hinauf.
    »Das kann ja heiter werden«, seufzte Yvon.
    Als sie alle im Wagen saßen, steuerte Anatole den Darracq in Richtung XI. Arrondissement. Saturnin saß auf dem Rücksitz zwischen Henri und dem »Dicken Louis« eingezwängt und entdeckte im Tempo von fünfundzwanzig Stundenkilometern Paris.
     
    Yvon deutete auf die Ausbuchtung unter seiner Jagdjoppe und fragte: »Kann ich ihn mal sehen?«
    Der junge Mann öffnete die lederne Pistolentasche, zog die Bulldog heraus, faßte sie am Lauf und hielt sie Yvon hin.
    »Ich hoffe, du hast deinen Waffenschein bei dir«, fragte Anatole beunruhigt.
    »Ja, Meister, und zwar einen nationalen.«
    » Der ist aber klein «, sagte Yvon, während er den Revolver von allen Seiten untersuchte.
    »Ich habe auch einen größeren, einen Webley Army Expreß, ein 45er Kaliber, aber der wiegt ein Kilo und achthundert Gramm. Dieser hier wiegt nur dreihundertundzehn Gramm. «
     
    In der Rue de la

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