Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die rechte Hand Gottes

Die rechte Hand Gottes

Titel: Die rechte Hand Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Folco
Vom Netzwerk:
Vierteljahrhundert lang zusammen zur See gefahren war, Justinien begleitet.
    »Wir waren derart unzertrennlich, daß, ob du's glaubst oder nicht, mein Junge, wenn der eine furzte, der andere stank.«
    Martin war sechzehn Jahre alt, als er Roumégoux mit der Absicht verließ, nach Marseille zu gelangen und das Meer zu sehen. Kurz vor Nimes traf er auf Jules Pibrac, der aus Clermont kam und ebenfalls das Meer sehen wollte. Seit jenem Augenblick waren sie unzertrennlich.
    Sie heuerten als Schiffsjungen auf einem venezianischen Dreimaster an, der vor der Küste von Alexandria von maghrebinischen Piraten versenkt wurde. Diese hatten sie aus dem Wasser gefischt, um sie dann auf dem Markt von Kairo an einen gutsituierten Hersteller von Eunuchen aus der Pyramidengegend zu verkaufen. (»Ob du's glaubst oder nicht, Justinien, aber diese Ungläubigen sind derart im Irrtum, daß Gott sie dazu verurteilt hat, alles verkehrt herum zu machen ... Du lächelst dumm, aber nur, weil du nicht weißt, daß diese Leute von rechts nach links schreiben und auch lesen, daß die Männer Kleider tragen wie die Weiber, und genau wie sie gehen die Männer zum Pinkeln in die Hocke! Ich habe mit meinen eigenen Augen gesehen, daß sie sich auf ihre angewinkelten Beine setzen, ohne jemals einen Krampf zu bekommen, und wenn sie zu ihrem Allah beten, dann stecken sie erniedrigend die Stirn in den Staub und strecken ihr Hinterteil dabei unzüchtig wie die Sodomiten in die Höhe. Ich will zu Krötenscheiße erstarren, wenn ich lüge! «)
    Ganz offensichtlich (»Man zerstört die Hoden des Kindes durch ein heißes Bad«) erforderte die Herstellung von Eunuchen für den Harem ein großes Maß an Geschicklichkeit und verlangte eine perfekte Beherrschung der Technik, die EI Hadj Mahmoud in den Fingerspitzen hatte, die er lang und bemalt trug. Ein weiteres Eisen in seinem Feuer war, daß er äußerst geschickt die beschädigten Jungfräulichkeiten gewisser Prinzessinnen des Sultans wieder zusammenflickte.
    Martin und Jules lebten fünf Jahre in der beständigen Angst, daß sie nun ihrerseits eines Tages bei dem geringsten Verstoß kastriert werden könnten.
    Ihre Rettung verdankten die beiden Unzertrennlichen spanischen Mönchen eines Bettelordens, der sich dem Freikauf von Christen, die Gefangene der Ungläubigen waren, verschrieben hatte.
    Kaum waren sie in Malaga an Land gegangen, da heuerten sie auch schon auf der kleinen Brigantine eines griechischen Kapitäns an, der bisweilen Schmuggler und bei jeder sich bietenden Gelegenheit Pirat war. Das war eine glückliche Zeit für Martin und Jules. So glücklich, daß sie wohlhabend genug wurden, um sich selbst eine kleine Brigantine leisten und auf eigene Kappe die Piraterie betreiben zu können.
    Wieder wurde das Schiff von Muselmanen versenkt, diesmal vor der Küste von Tripolis, und diesmal wurden sie von EI Djibril, einem reichen Oasenbesitzer gekauft. Dieser war gerade auf dem Weg zurück nach Fes, wohin er die neuen Sklaven bringen wollte, als seine Karawane von einer Bande maskierter Plünderer angegriffen wurde.
    Da Martin und Jules erheblich dazu beigetragen hatten, diesen Angriff abzuwehren, gewannen sie EI Djibrils Vertrauen. Nachdem er sie vor allen feierlich auf die Wangen geküßt hatte, machte er sie zu den Kommandeuren seiner Leibwache.
    Pibrac hatte bei einem der getöteten Tuaregs ein schönes Messer mit einer tauschierten Stahlklinge gefunden, das aus dem gekrümmten Horn einer Giraffe gemacht worden war und bernsteinfarben schimmerte. Er durfte es behalten.
    Jedesmal, wenn Martin bei seiner Erzählung an dieser Stelle angekommen war, wollte Justinien das Messer anfassen. Martin, der seine Geschichten gern erzählte, wenn er gerade seine kleinen Schiffsmodelle schnitzte, hielt dann inne und ließ ihn gewähren.
    Eine Reise, die EI Djibril zu seinen Oasen in die Cyrenaika unternahm, nutzten Martin und Jules zur Flucht. Zusammen mit vier Tuareg-Sklaven und zwei Eunuchen aus dem Harem machten sie sich davon. Die letzteren verzehrten sie auf ihrem Weg. (»Wir hatten sie deswegen mitgenommen. Sie waren ordentlich fett, und wir hatten mehrere Tage lang zu essen.«)
    Eines Nachts wurde Martin von seinem Gefährten geweckt, der bis über beide Ohren grinste. (» Er hatte den vier Tuaregs soeben die Kehle durchgeschnitten. Ob du's glaubst oder nicht, aber es hieß: sie oder wir. Im übrigen hatten wir von diesem Moment an genügend Wasser und getrocknetes Fleisch, um bis zur Küste durchzuhalten.«)

Weitere Kostenlose Bücher