Die rechte Hand Gottes
etwas Unheimliches aus, das ihm zusammen mit den hohen, partisanenbewehrten Mauern Unbehagen bereitete. Er war wie versteinert, als der Wachhund sich ihm näherte und ihn beschnüffelte.
»Nun? Du wolltest mich sprechen?«
»Ich kenne das escondite von denen, die Sie suchen.«
»Das was?«
»Ich sage, ich weiß, wo sich der Hauptmann Thomas versteckt hält.«
»Woher weißt du, daß er es ist, den wir suchen, auf dem Handzettel steht kein Name.«
»Ich habe sie gehört, als sie darüber gesprochen haben.«
»Was haben sie gesagt?«
»Bueno, sie sprachen von dem Angriff an der >PierreCreuse<, da habe ich gemerkt, wer sie sind.«
Der Alte, dessen Haar schwarz gefärbt war wie das eines koketten Frauenzimmers, machte einen Schritt auf ihn zu und sah ihm scharf in die Augen. Zek spürte seinen Atem in seinem Gesicht. Er trat einen Schritt zurück und prallte gegen den Kahlen, der hinter ihm stand und dessen Atem er jetzt im Nacken spürte. Es lief wirklich gar nichts so, wie er es sich vorgestellt hatte.
»Wo sind sie?«
Zek versuchte, Zeit zu gewinnen.
»He! He! Und wer sagt mir, daß Sie mir die Belohnung geben werden, wenn ich Ihnen ihr escondite verraten haben?«
Da er sich seiner Sache zu sicher gewesen war, hatte er es vorher nicht für nötig gehalten, sich eine glaubhafte Geschichte auszudenken. Er hatte den Plan gehabt, sich Zutritt zu dem Haus zu verschaffen, nachzusehen, ob sie wirklich allein waren, und sie dann zu überwältigen, um aus ihnen herauszupressen, wo ihr Gold war: das für die Belohnung, aber auch der Rest, der irgendwo versteckt sein mußte. Und davon war Zek nicht abzubringen: Wenn man fünftausend Francs Belohnung aussetzte, dann hatte man auch noch mehr. Aber da waren dieser riesige Hund, dessen Zähne nur auf ihn zu warten schienen, und der Revolver am Gürtel des alten Henkers ...
» Und was beweist, daß du nicht einer der ihren bist und sie verraten willst? Oder uns in einen plumpen Hinterhalt zu locken versuchst?«
Zek erbleichte, doch das sah man nicht unter seiner sonnengebräunten Haut. Er warf einen verstohlenen Blick auf das geschlossene Tor, was Hippolyte vollends von seinen unlauteren Absichten überzeugte. Also zog er seine zehnschüssige Lefaucheux aus dem Gürtel und spannte den Abzugshahn.
» Hombre, no! « schrie Zek, von der Geschwindigkeit der Ereignisse überrumpelt, mit schreckgeweiteten Augen.
»Durchsuch ihn! « befahl Hippolyte.
Zek wußte, daß er verloren war. Casimir fand eine sechsschüssige Bulldog, ein Navajomesser mit Perlmuttgriff und eine schöne Silberuhr, die ihm bei der Aufteilung der letzten Beute zugekommen war. Es war die Uhr, die Hippolyte Henri an jenem Tag geschenkt hatte, als er gelernt hatte, die Uhrzeit zu lesen.
Griffu hing ihm an den Fersen, und der schwarze Lauf der Lefaucheux war auf ihn gerichtet. So blieb Zek nichts anderes übrig, als den beiden Greisen in die Küche zu folgen. Von den schweren Deckenbalken hingen Knoblauchzöpfe, Würste, Schinken, Bündel von Schalotten und Mais herab.
Die Geschicklichkeit, mit der Casimir ihn an einen Stuhl fesselte, erinnerte ihn daran, daß er sich in die Höhle eines alten Henkers gewagt hatte. Er verfolgte, wie dieser seine Pistole sicherte und sie wieder in die Tasche aus braunem Leder schob. Dann lächelte er seinem Knecht zu und sagte:
»Hol die Spanischen Stiefel. Nimm die vom Zweiten, die sind in besserem Zustand. Aber zuerst mach uns Kaffee.«
Ohne sich weiter um den Gefangenen zu kümmern, begann Casimir, das Feuer in der Feuerstelle zu entfachen, Hippolyte stieg hinauf in sein Arbeits- und Lesezimmer. Er wußte, daß dort die Memoiren des Vorfahren und Begründers standen, in denen die Handhabung der Folterinstrumente - die Folter war 1780 abgeschafft worden - beschrieben war. Griffu legte sich zu Füßen des Gefangenen und schien einzuschlafen.
Hippolyte öffnete einen Schrank, dessen Regalböden mit prachtvoll gebundenen Werken beladen waren. Er zog eine große Handschrift heraus, die in blutrotes Leder gebunden und mit dem Familienwappen verziert war, und schlug das Kapitel „Von der Anwendung der ordentlichen und der außerordentlichen Folter“ auf.
Da sein Arbeitszimmer mit Notizen und Dokumenten für seine Abhandlung über die Kreuzigung, an der er gerade
arbeitete, bedeckt war, ging er zurück in die Küche. Er setzte sich an den Tisch, ganz in die Nähe von Zek, und vertiefte sich aufmerksam in die Zeichnungen seines Vorfahren.
Nachdem sie ihren
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