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Die reinen Herzens sind

Die reinen Herzens sind

Titel: Die reinen Herzens sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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sechs.«
    »Du scheinst was auf dem Herzen zu haben.«
    »So ist es.«
    »Bleib dran!« Decker glitt aus dem Bett. »Ich telefoniere auf einem anderen Apparat weiter.«
    Die Erschöpfung hatte Decker schließlich eingeholt. Seine Augenlider waren bleischwer, sein Magen übersäuert. Muskeln schmerzten, von deren Existenz er bis dahin nicht einmal etwas geahnt hatte. Er nahm den Hörer in der Küche ab.
    »Erinnerst du dich noch an mein Gespräch mit Professor Stine?« fuhr Marge fort. »Und daß ich den Eindruck hatte, Geoffrey Roberts habe Berkeley unter nicht ganz koscheren Umständen verlassen?«
    »Hm, ja.«
    »Das hat mich auf eine Idee gebracht. Vielleicht lebt Roberts jetzt unter falschem Namen.«
    »Roberts hat kein Vorstrafenregister.«
    »Das heißt nicht, daß er nichts verbrochen hat. Nur, daß er nicht geschnappt wurde«, gab Marge zu bedenken.
    »Wenn er ein Pseudonym benutzt und mit einer neuen Sozialversicherungsnummer noch einmal von vorn angefangen hat, finden wir ihn sowieso nicht. Es sei denn, er wird wegen irgendwas geschnappt.«
    »Pete, Roberts ist kubanischer Abstammung.«
    »Na und?«
    »Cindy hat was davon gesagt, daß er seinen spanischen Namen anglisiert hat. Vielleicht benutzt er jetzt wieder seinen kubanischen Namen.«
    Decker dachte nach. »Hm, Tandy können wir nicht fragen, wie er ursprünglich hieß.«
    »Richtig. Das Namensregister von Berkeley könnte darüber Aufschluß geben. Aber die Behörden öffnen erst um neun. Und dann hat das FBI schon den Fall.«
    »Rufst du mich deshalb um Viertel vor sechs an?«
    »Warte«, sagte Marge. »Ich konnte nicht schlafen, und da ist mir einiges durch den Kopf gegangen.«
    »Spann mich nicht auf die Folter.«
    »Angenommen, Roberts hat seinen Namen amerikanisiert. Dann hat er bestimmt einen Namen gewählt, der dem kubanischen ähnlich ist. Also habe ich mir spanische Nachnamen angesehen wie Roberts – Roberto, Berto, Humberto, Umberto …«
    »Das sind Vornamen, keine Nachnamen.«
    »Das ist mir inzwischen auch klar. Jedenfalls habe ich solange rumjongliert, bis ich was gefunden habe, das spanisch und wie Roberts klang. Das Ähnlichste war Robles. Was hältst du davon?«
    Decker zuckte die Schultern. »Roberts … Robles. Könnte sein.«
    »War alles, was ich habe. Ich habe alle Robles’ nachgesehen und ein paar entdeckt. Unter anderem Geraldo Robles. Geoffrey Roberts … Geraldo Robles. Rate mal, wo er wohnt, Pete?«
    »In Westwood. Gleich neben der Universität.«
    »Noch besser. Was ist Berkeley in L. A. am ähnlichsten?«
    »Venice.«
    »Volltreffer. Willst du einen Morgenspaziergang mit mir an der Promenade machen und Mr. Robles besuchen?«
    »Marge, das ist verdammt weit hergeholt. Wir sollten diesen Robles erst mal über den Polizeicomputer überprüfen, bevor wir mit der Tür ins Haus fallen.«
    »Pete, wir haben nicht viel Zeit. Es geht um ein Baby. Tandy ist vermutlich eine Psychopathin, eine tickende Zeitbombe. Die Bombe kann jeden Moment hochgehen. Das FBI steht schon vor der Tür. Schlimmstenfalls holen wir einen harmlosen älteren Herrn aus dem Bett und müssen uns entschuldigen. Ich jedenfalls gehe. Kommst du mit?«
    »Ich warte draußen.«
    »Ich und mein Honda sind in Kürze bei dir.«

33
    Um halb sieben Uhr morgens gab es reichlich Parkplätze in Venice. Marge fuhr an den öffentlichen Parkplätzen vorbei, auf denen sich bald die Autos der Strandbesucher drängen würden. Sie hielt am Straßenrand in der Rose Avenue in der Nähe des Speedways an. Decker und sie reckten sich, als sie aus dem Honda stiegen. Von hier war es nur ein kurzer Spaziergang bis zur Promenade.
    Die Promenade wurde auf der Ostseite von alten Apartmenthäusern, Boutiquen, Verkaufsständen und Cafés gesäumt. Im Westen verschmolz der Strand mit dem endlosen, bleigrauen Streifen des Pazifik. Das Ufer teilte ein asphaltierter Fahrradweg, der durch den goldenen Sand mäanderte wie ein ausgefranstes, graues Band. Um diese frühe Stunde waren nur wenige Radfahrer, Skateboarder oder Rollerblader unterwegs. Jogger aller Alters- und Gewichtsklassen und eine größere Anzahl freilaufender Hunde absolvierten ihren morgendlichen Pflichtlauf.
    Decker war überrascht, daß überhaupt schon jemand wach war, denn er schloß von seinem eigenen Schlafbedürfnis auch auf andere. Eigentlich war er schlechter Laune gewesen. Die Promenade jedoch erwies sich als Muntermacher. Vielleicht war es die Schönheit des Sonnenaufgangs, der glutrote, gigantische Stern, der gerade

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