Die reinen Herzens sind
Ausschabung. Vor drei Jahren.«
»Einer Ausschabung? Hatte sie eine Fehlgeburt.«
»Davon steht nichts in den Akten«, antwortete Marge. »Nur, daß bei ihr eine Ausschabung gemacht wurde. Ich habe mir den Namen ihres Arztes notiert. Ist ein gewisser Stanley Meecham. Warum kommt der Name mir nur so bekannt vor?«
»Der Fall Darcy vor ein paar Jahren«, sagte Decker. »Erinnerst du dich?«
»Ja, natürlich.«
Ein dreifacher Mord, dachte Decker. »Meecham war Linda Darcys Arzt. Er hat sie wegen Unfruchtbarkeit behandelt. Ich frage mich, ob Marie das gleiche Problem hatte.«
»Wenn ja, haben wir ein mögliches Motiv für das Kidnapping.«
»Frau dreht durch, weil sie keine Kinder kriegen kann?« bemerkte Decker.
»Warum nicht?« sagte Marge.
Ja, warum nicht, wiederholte Decker stumm. Er dachte an Rina. Die Entfernung ihrer Gebärmutter hatte sie in tiefe Depressionen gestürzt. Dabei war sie eine Frau, die bereits drei gesunde Kinder hatte.
»Ja, warum eigentlich nicht«, sagte Decker laut. »Angenommen, sie hatte entsprechende Probleme, bedeutet das, daß ein Kerl im Spiel war?«
Marge zuckte die Schultern. »Ich frage Paula.«
»Warum sonst sollte ein Arzt eine Ausschabung vornehmen?« fragte Decker.
»Grandma hatte eine Ausschabung, als sie ihre Periode wegen der Menopause nur unregelmäßig bekam«, warf Cindy ein.
»Wirklich?« Decker war überrascht.
»Für die Menopause ist Marie noch zu jung«, stellte Marge fest.
»Ist auch schon vorgekommen«, sagte Decker. »Könnte ebenfalls der Grund für eine psychische Störung sein. Marie sieht die letzte Chance auf ein Kind schwinden und nimmt sich eines.« Er starrte auf den Schlüssel in seiner Hand. »Ich suche weiter nach der Kassette. Du fährst zu Paula Delfern. Krieg raus, was da zwischen den beiden war.«
»Wird gemacht.«
»Ich habe übrigens mit Marie Bellsons Bank Kontakt aufgenommen. Sie rufen an, sobald Marie oder sonst jemand versucht, Geld von ihrem Konto abzuheben. Wenn sich jemand von der American International bei dir meldet, weißt du Bescheid.«
»Geht klar.« Marge setzte ihre Sonnenbrille wieder auf. Dann nahm sie ein Papiertaschentuch und legte es auf ihre rechte Handfläche. »Laß mich mal diesen Schlüssel anschauen.«
Decker legte ihn auf das rosafarbene Papiertuch.
»Nicht die richtige Form für ein Bankschließfach«, urteilte Marge.
»Stimmt.«
»Postschließfach oder Briefkasten?«
»Möglich. Für mich sieht er eher wie ein Kassettenschlüssel aus.«
»Finde ich auch«, stimmte Marge zu. »Dachte nur gerade daran, daß die Person, die den Anrufbeantworter abgehört hat, die Kassette mitgenommen haben könnte.«
»Der Gedanke ist mir auch schon gekommen.« Decker nahm den Schlüssel. »Ich suche hier weiter.«
»Ruf an, wenn du fertig bist. Dann tauschen wir Informationen aus.« Marge winkte Cindy zu. »Paß auf ihn auf, Kindchen!«
Decker wartete, bis Marge gegangen war. »Hat bei Rinas Entlassung alles geklappt?« fragte er.
Cindy nickte. »Ihre Eltern haben sie pünktlich abgeholt. Sie ist sehr stolz auf das, was du tust, Dad. Sie macht sich auch Sorgen wegen Caitlin.«
»Caitlin?«
»So heißt das Baby. Lourdes hat’s mir gesagt.«
Caitlin, dachte Decker. Die Kleine hatte also bereits einen Namen. »Cindy, normalerweise hätte ich dir einen Tritt in den Hintern verpaßt. Dafür, daß du hier aufgetaucht bist, meine ich. Nur weil ich in deiner Schuld stehe …«
»Stehst du gar nicht.«
»Doch. Rina und ich haben dir zu danken. Aber als dein Vater bin ich stocksauer auf dich.«
»Ist doch nur, weil mir die Sache am Herzen liegt, Dad! Ich will dir helfen, diese Kassette zu finden. Und danach störe ich dich nicht mehr bei der Arbeit. Versprochen!«
Decker zögerte. Zwei Augenpaare sahen mehr als eines. Zum Teufel mit den Vorschriften. Die hatten Caitlin Rodriguez vergangene Nacht auch nicht geholfen.
»Na, gut«, lenkte Decker ein. »Fang in der Küche an. Langsam und systematisch. Ich habe zwar alles schon zweimal durchsucht, aber vielleicht ist mir was entgangen.«
»Danke, Dad.«
»Schon gut.« Decker wurde es plötzlich warm ums Herz. »Ich liebe dich, Prinzessin!«
Cindy lächelte. »Ich dich auch.«
16
Marge saß in der Krankenhauskantine und dachte darüber nach, weshalb der Kaffee in öffentlichen Einrichtungen stets wie Spülwasser schmecken mußte. Sie bemerkte, daß Paula Delfern ebenfalls lustlos an ihrer Tasse nippte. Die Krankenschwester starrte in den weißen Porzellanbecher, als
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