Die reinen Herzens sind
Paula an«, antwortete Decker. »Vielleicht fällt ihr jemand ein. Je weniger Tandy weiß, desto besser. Irgendwie habe ich das Gefühl, daß die Leiche aus dem Auto jemand aus dem Krankenhaus sein könnte oder jemand, der gestern nacht im Krankenhaus gewesen ist.«
»Wie das?«
»Das Blut auf Maries Parkplatz.«
»Hast du nicht gesagt, wenn es nicht Maries Blut ist, müsse es das von dem Säugling sein? Das Labor sollte das feststellen können.«
»Ja, wir rufen gleich morgen früh dort an.«
»Also, was glaubst du, könnte passiert sein?«
Decker trank seinen Kaffee aus. »Da gibt es mehrere Möglichkeiten. Erstens, Marie hat das kleine Mädchen entführt. Eine farbige Frau hat sie dabei beobachtet und versucht, sie aufzuhalten. Marie hat sie umgebracht und die Spuren verwischt, indem sie die Leiche mit dem Wagen verbrannt hat. Sie hofft, wir würden die Tote für sie selbst halten.«
»Und nicht mehr nach ihr suchen.«
»Ja, richtig.«
»Ganz schön naiv, findest du nicht? Sie ist Krankenschwester. Sie muß wissen, welche Möglichkeiten wir haben, eine Leiche zu identifizieren.«
»Sie hat die Backenzähne vergessen.«
»Die lassen sich kaum zerstören. Es sei denn, man reißt den Kiefer raus. Marie hat Panik gekriegt. Sie hatte die Frau getötet, einen Säugling entführt. Sie wollte unbedingt ihre Spuren verwischen. Also …« Decker dachte kurz nach. »Also sollten wir noch mal unsere Notizen durchgehen und nachsehen, wer im Sun-Valley-Krankenhaus vergangene Nacht Dienst hatte.«
»Ich dachte, das hätten wir längst abgehakt?«
»Vielleicht haben wir was übersehen.«
»Möglich, daß diese Schwarze zu den Pendlern gehörte und nicht auf der Gehaltsliste des Krankenhauses stand«, warf Marge ein.
»Ja, Darlene hat erwähnt, daß das Krankenhaus eine Menge freiberuflicher Kräfte beschäftigt. Hollander überprüft die Dienstpläne von letzter Nacht. Wir bitten ihn einfach, auf die Namen zu achten, die noch auf keiner unserer Listen stehen.«
»Pete, vielleicht solltest du Cindy nach dieser Frau fragen. Sie war länger auf der Säuglingsstation als wir alle zusammen.«
Decker stöhnte unterdrückt. »Ich versuche dauernd, sie aus den Ermittlungen rauszuhalten. Es funktioniert einfach nicht.«
»Natürlich nicht. Schließlich hat sie ständig Umgang mit ihrem Vater. Und der steckt immerhin bis zum Hals drin. Kinder orientieren sich an dem, was du tust, nicht an dem, was du sagst.«
»Danke, für diese Kostprobe aus Ihrem psychologischen Nähkästchen, Detective Dunn.«
»Werd nicht komisch, Pete. Du benimmst dich wie ein autoritärer alter Knacker. Rede mit Cindy.«
»Das tue ich. Keine Sorge.« Decker sehnte sich plötzlich nach einer Zigarette. »Ich finde diesen Säugling. Koste es, was es wolle.«
Marge trank einen Schluck Kaffee. »Weißt du, was ich denke? Wenn Marie nicht tot ist, ist das Baby noch bei ihr.
Ich wette, sie zelten irgendwo. Vermutlich gleich vor unserer Nase.«
»Marie war Camperin?«
»Wenn man Tandy glauben darf, ist sie gern in die Wildnis gefahren und hat mit Gott geredet.«
»Gar nicht so abwegig«, sagte Decker. »Mein Schwiegervater redet auch mit Gott. Und er behauptet, Gott würde ihm antworten. Das Komische ist, ich glaube ihm sogar.«
Marge starrte ihren Partner an. Decker lächelte. »Aber Marie als Naturapostel? Das kann ich mir nicht vorstellen.«
»Warum nicht?«
»Ich habe ihre Wohnung gründlich durchsucht, Marge. Nichts, aber auch gar nichts deutete darauf hin, daß diese Frau sportliche Ambitionen hatte. Auf keinen Fall war sie ein Überlebensfreak oder eine Camperin.«
»Vielleicht ist sie nach der Arbeit immer schnell nach Hause, hat sich ihre Ausrüstung gegriffen …«
»Es gibt keine leeren Plätze oder Fächer in ihren Schränken, wo sie Zelte, Schlafsäcke, Kochgeräte oder ähnliches hätte aufbewahren können. Campingsachen nehmen Platz weg. Frag Rina. Mein ganzes Zeug ist in die Garage verbannt worden. Und in Maries Staufach über ihrem Parkplatz war nichts dergleichen. Nur Schriften von alten Revoluzzern.«
»Oh yeah! Ich habe die Kopie einer Rede von einem Jerry Rubin gefunden. Ist der nicht Gitarrist bei den Grateful Dead?«
»Das ist Jerry Garcia.« Decker tippte ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden. »Margie, ich bin Maries Klamotten Stück für Stück durchgegangen. Sie hat keine ausgefransten Jeans, keine Wanderstiefel, keine Jacken oder dicken Socken. Weißt du, was ich gefunden habe? Einen Haufen Duftblätter und
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