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Die Reise der Jona

Die Reise der Jona

Titel: Die Reise der Jona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gerrold
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Die erste Maschine, die repariert werden muß, ist nicht das Schiff. Es ist die Mannschaft. Bringen Sie die Mannschaft wieder auf die Beine, und der ganze Rest erledigt sich wie von alleine.
    »Sie haben wohl recht«, antwortete er. »Danke für Ihren Ratschlag.« Er klopfte ihr freundlich auf die Schulter und machte sich auf den Weg. Ihre Bemerkungen klangen in seinen Ohren.
    Er erinnerte sich an die Seminare in der Akademie. Die eigentliche Krise ist nicht die Krise. Die eigentliche Krise ist vielmehr das, was Sie vorher und nachher tun.
    Richtig.
    Was habe ich vorher getan oder unterlassen, damit sich die Situation in eine Krise verwandelte?
    Was habe ich hinterher getan oder unterlassen, das die Krisenhaftigkeit der Situation verlängerte?
    All die Lehrgänge, all die Seminare, all die Simulationen, die endlosen Analysen und Wiederholungen und Einsatzbesprechungen – genau hierfür waren sie gedacht. Er hörte die Stimmen seiner Ausbilder im Kopf, als stünden sie direkt hinter ihm und beurteilten jede seiner Bewegungen, jede Entscheidung und jedes einzelne Wort.
    Stellen Sie sich selbst drei Fragen: Was wollen Sie unternehmen? Was können Sie unternehmen? Und was werden Sie tatsächlich unternehmen? Seien Sie sich immer darüber im klaren, daß das drei verschiedene Dinge sein können.
    »Was ich unternehmen will«, sagte Korie leise vor sich hin, »ist, dieses Schiff nach Hause zu bringen, es bis unter die Decke mit Raketen vollzuladen und dann hierher zurückzukommen, um ein paar Morthanern in den Hintern zu treten.
    Was ich unternehmen kann…«
    Korie dachte über die Frage nach. Er konnte das Schiff nach Hause bringen. Daran zweifelte er nicht mehr länger. Es mochte vier Monate dauern, und sie würden praktisch den ganzen Weg zurückhumpeln, aber es war machbar. Konnte er zurückschlagen? Jetzt? Nein. Mit neuer Ausrüstung? Definitiv.
    Was würde er unternehmen?
    Korie mußte grinsen.
    »Was ich unternehmen kann, was ich will und was ich tun werde – es ist alles das gleiche.«
    Er berührte den Schalter an seinem Kopfhörer. »An alle Besatzungsmitglieder…« Seine Stimme wurde auf alle Stationen weitergeleitet. »Hier spricht der Erste Offizier Korie. Wir sind getroffen worden. Das Schiff ist beschädigt, aber nicht außer Gefecht. Wir haben keine Erkenntnisse, wie schwer die Flotte getroffen wurde. Auch nicht, wie schwer es den Konvoi erwischt hat.
    Wie die meisten von Ihnen bereits wissen werden, ist Kapitän Lowell beim Angriff schwer verwundet worden. Ich habe noch keine Neuigkeiten, was seinen Zustand angeht. Ich werde Sie auf dem laufenden halten.
    Ich gehe davon aus, daß von diesem Augenblick an der Krieg zwischen der terranischen Allianz und der Morthan-Solidarität ausgebrochen ist, und ich werde dementsprechend handeln.
    Es wird eine Zeitlang dauern, die Schiffssysteme wieder in Bereitschaft zu versetzen. Es wird noch länger dauern, bis wir wieder zu Hause sind. Aber wir werden es schaffen, das verspreche ich Ihnen. Wir werden dieses Schiff wieder instand setzen, und dann werden wir zurückkehren und eine Rakete in jedes morthanische Schiff jagen, das uns über den Weg läuft.
    Korie Ende.«
    Er meinte, die Begeisterungsrufe der Besatzung durch das Schiff schallen zu hören, aber möglicherweise spielte ihm auch nur seine Einbildung einen Streich.
    Der schwerere Teil würde erst noch kommen. Er mußte dafür sorgen, daß seine Leute auch weiterhin glaubten, was er ihnen soeben erzählt hatte…

 
Die Lage ist ernst…
     
     
    Auf den Korridoren der LS-1187 brannte Licht, aber das war auch schon beinahe alles, was wieder funktionierte. Die meisten Schwerverletzten befanden sich mittlerweile in der Krankenabteilung oder der Messe. Die leichter Verletzten lagen verteilt in der vorderen Hälfte des Hangars. In der hinteren, backbordseitigen Ecke hatte man eine behelfsmäßige Leichenhalle eingerichtet, wo eine Trennwand die in Säcken steckenden Körper vor den Blicken verbarg; die Säcke waren festgezurrt wie Fracht.
    Korie wußte, daß er deswegen bald eine Entscheidung fällen müßte. Bestatten wir sie an Ort und Stelle im Raum oder nehmen wir sie mit nach Hause? Er hatte sich noch keine Gedanken gemacht, und er hatte keine Ahnung, wen er fragen sollte. Vielleicht Fontana. Er wußte, daß seine Gedankengänge irrational waren, aber die Vorstellung wollte ihm nicht gefallen, daß Mitglieder seiner Besatzung so weit entfernt von der Heimat durch die Dunkelheit des Alls trieben. Außerdem

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