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Die Reise in die Dunkelheit

Die Reise in die Dunkelheit

Titel: Die Reise in die Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Djakow
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folgten den Flüchtigen ins Treppenvestibül.
    »Vorwärts, beweg dich!«, bellte Taran und jagte den Häuptling mit groben Stößen die Treppe hinauf.
    Er ahnte, dass die Stummel nicht so einfach klein beigeben würden. Und wie zur Bestätigung seiner Befürchtung zischte ein Armbrustbolzen an seinem Kopf vorbei und prallte an der Marmorwand ab. Ein zweiter streifte seinen Stiefel. Der Stalker stieß den verblüfften Häuptling auf die Stufen, drehte sich um und feuerte eine kurze Salve auf die Verfolger. Die flüchteten in den Saal zurück.
    Sie setzten ihren Weg fort. Der Ausgang in den Innenhof der Festung war bereits in Sichtweite, als am oberen Treppenabsatz plötzlich Gewehrfeuer losknatterte. Es blieb nichts anderes übrig, als schleunigst den Kopf einzuziehen. Die Stummel, die aus irgendeiner Seitentür gekommen waren, erwiesen sich zum Glück als seltene Trottel. Sie warfen ihre leergeschossenen Gewehre einfach weg. Entweder sie wussten nicht, dass man Schusswaffen auch nachladen konnte, oder sie hatten keine Ersatzmagazine dabei.
    Die Stummel standen generell auf Kriegsfuß mit Gewehren. Zumindest früher hatten sie sich von den unheimlichen »Donnerbüchsen« stets ferngehalten. Die Zeiten schienen sich jedoch geändert zu haben …
    Zur Abschreckung feuerte Taran zurück. Im Augenwinkel sah er, dass es den Häuptling erwischt hatte. Sitting Bull krümmte sich auf den Stufen und hielt sich den Oberarm. Zwischen seinen Fingern quoll Blut hervor. Die Wilden hatten also doch etwas getroffen, wenn auch den eigenen Mann.
    Langsam wurde die Lage ungemütlich. Die Stummel hatten sich an beiden Enden des Treppenvestibüls festgesetzt und griffen mit allem an, was sie hatten. Dass ihr Stammesoberhaupt dabei ins Kreuzfeuer geriet, schien sie überhaupt nicht zu stören. Jeden Augenblick konnte ein versprengter Pfeil der Flucht ein jähes Ende bereiten. Die Zeit für Spielchen war vorbei.
    Der Granatwerfer unter dem Schaft der Kalaschnikow krachte. Eine Rauchfahne zog sich durchs Vestibül, als die Granate in den »Gedenksaal« hinabflog. In den Knall der Explosion mischten sich die Schreie der Wilden, die von Splittern getroffen wurden.
    Der Stalker drehte sich um und schoss gezielt auf die Beine der Stummel, die sich oben eingenistet hatten. Zwei stürzten getroffen zu Boden, einer flüchtete in den Innenhof hinaus.
    Taran nützte die Atempause und schleifte seine Geisel weiter. Er musste den stolpernden Sitting Bull mit der freien Hand stützen. Draußen gellte Kriegsgeschrei. Die Wilden waren offenbar entschlossen, dem Flüchtenden einen heißen Empfang zu bereiten.
    Seiner Intuition folgend schlüpfte der Stalker mit seiner Geisel in einen Seitengang und schlug die Tür hinter sich zu. Der schmale Korridor versank in Dunkelheit. Taran schaltete die Stirnlampe ein und schaute sich um. In ein paar Metern Entfernung verliefen an der Wand schmale, vertikale Rohre, die im Boden mündeten. Genau das, was er brauchte. Er trat mit dem Fuß gegen die marode Konstruktion, brach ein passendes Rohrstück ab und verrammelte die Tür damit.
    Dann schleifte er seine Geisel weiter in einen alten Betriebsraum. Der gesunde Menschenverstand sagte Taran, dass die Gedenkstätte wie jede andere größere unterirdische Einrichtung mit Lüftungs- und Entwässerungsschächten ausgestattet und mit der Kanalisation verbunden war.
    Es dauerte auch gar nicht lange, bis der Stalker eine Eisenleiter fand, die nach unten ins Labyrinth der Entwässerungsanlage führte. Der abgewetzte Lack an den Sprossen ließ darauf schließen, dass dieser Weg des Öfteren benutzt wurde. Taran stieß Sitting Bull zu Boden, lehnte ihn mit dem Rücken gegen die raue Betonwand und zog seine Pistole.
    »Wo ist mein Sohn?«
    Der Häuptling starrte verängstigt auf den Lauf der »Krähe«. Der rote Fleck auf dem Stoff seines Umhangs wurde immer größer. Dass der Kerl verblutete, hätte gerade noch gefehlt. Sitting Bull schien etwas sagen zu wollen, schluckte krampfhaft, aber dann kollabierte er plötzlich und sein Kopf sank auf die Brust herab.
    »Verdammt!«
    Der Stalker nahm seinen Rucksack zur Hand und holte die Feldapotheke heraus. Es kostete ihn wertvolle Minuten, die Wunde zu untersuchen und notdürftig zu versorgen. Ein Durchschuss, aber Knochen und Sehnen waren heil. Der Häuptling hatte Glück gehabt.
    Taran hatte jetzt keine Zeit, einen anständigen Verband anzulegen. Er drückte eine Kompresse auf die Wunde und fixierte sie auf die Schnelle mit

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